Der Name der im Januar gegründeten DAVA ist mehrdeutig. Das Wort steht als Abkürzung für "Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch". Es erinnert zugleich aber an den islamischen Begriff "Da'wa", der im Sinne von Missionierung die Belehrung von Nicht-Muslimen über den Islam bezeichnet. In einem Lexikon des Islamismus von der Konrad-Adenauer-Stiftung heißt es zu "Da'wa": "Innerhalb vieler islamistischer Strömungen ist da’wa unter Muslimen und Nichtmuslimen ein zentraler Wesensbestandteil ihrer Ideologie."
Parteiübergreifende Sorge
Sorgen Angesichts der Gründung von DAVA kam von Vertretern aus allen politischen Lagern. Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir etwa erklärte, ein Erdogan-Ableger sei das Letzte, was Deutschland brauche.
Unions-Fraktionsvize Spahn sagte, der türkische Präsident Erdogan versuche seit Jahren, die Integration von Deutsch-Türken zu sabotieren. SPD-Fraktionschef Mützenich mahnte indes, man müsse erst einmal abwarten, ob die Partei in irgendeiner Form relevant werde.
Unions-Fraktionsvize Spahn sagte, der türkische Präsident Erdogan versuche seit Jahren, die Integration von Deutsch-Türken zu sabotieren. SPD-Fraktionschef Mützenich mahnte indes, man müsse erst einmal abwarten, ob die Partei in irgendeiner Form relevant werde.
"Wachsames Auge" der Sicherheitsbehörden
Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Brandenburgs Ressortchef Stübgen (CDU) bezeichnete es als notwendig, "dass die Sicherheitsbehörden von Anfang an ein sehr wachsames Auge auf die Aktivitäten und Positionierungen dieser Formation werfen." Auch er betont: "Ich sehe nicht, warum ein Ableger der AKP das Ziel verfolgen sollte, sich zum Wohle der Bundesrepublik Deutschland einzusetzen."
In Deutschland chancenlos?
Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Sofuoglu, hält die Gruppierung für chancenlos. Eine Partei, die nur nach ethnischen Kriterien gegründet werde und sich nur auf ethnische Fragen konzentriere, habe auch nur eine marginale Funktion, sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Er sehe nicht, von welchen Wählern diese Partei bei der Bundestagswahl fünf Prozent der Stimmen bekommen sollte.
Vereinigung weist Vorwürfe der Türkeinähe zurück
Der DAVA-Vorsitzende Teyfik Özcan - bis vor kurzem noch SPD-Mitglied - wies Kontakte zur türkischen Regierung zurück. Man sei eine deutsche Partei, die von deutschen Staatsbürgern getragen werde. Zu den Plänen der Gruppierung sagte er, man werde sich zunächst auf die Europawahlen konzentrieren und schauen, inwieweit man das Wählerpotenzial mobilisieren könne. Anschließend wolle man sich bundesweit etablieren. DAVA lege einen Fokus auf Menschen, die sich in Deutschland zu Minderheiten rechneten. Damit habe man fünf Millionen potenzielle Wähler, sagte Özcan.
Das sind vor allem Türkeistämmige Menschen in Deutschland und andere wahlberechtigte Muslime. Die DAVA gibt sich als Stimme gegen Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit. So fordert sie in ihrer Gründungserklärung, dass "Menschen mit ausländischen Wurzeln ihre Rechte in vollem Umfang zugesprochen bekommen". Diese erlebten im Alltag, dass sie nicht als vollwertige Mitglieder der Gesellschaft angenommen würden.
Verbindungen zu Moscheeverbänden und AKP-Lobby
Laut der Leiterin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam, Schröter, weisen Programmatik wie Personal der DAVA allerdings klar in Richtung Erdogan. Der türkische Staatschef habe die großen Moscheeverbände wie die aus Ankara gesteuerte Ditib und Islamische Gemeinschaft Milli Görüs sowie die AKP-Lobbyorganisation "Union Internationaler Demokraten" (UID) oft für seinen Wahlkampf und nationalistische Propaganda genutzt: "Die führenden Dava-Leute sind damit verbandelt und es wäre absurd, hier die Nähe zu Erdogan zu leugnen." Vielmehr sei die Dava offenbar eine Partei, die auf dem Reißbrett geplant worden sei.
"Mit Demokratie sehr wenig bis gar nichts zu tun"
Der Politologe Burak Copur sagte im Deutschlandfunk, die Demokratische Allianz habe mit Demokratie sehr wenig bis gar nichts zu tun. Die DAVA sei ein Ableger der AKP. Die Gründer der Partei seien keine lupenreinen Demokraten, sondern in der Vergangenheit durch populistische, islamisch-nationalistische Parteipropaganda für die AKP aufgefallen.
Dagegen rät Integrationswissenschaftler Yunus Ulusoy vom Essener Zentrum für Türkeistudien zu Gelassenheit. Einen "Gründungsbefehl" Erdogans hält er für abwegig und sieht die DAVA eher als Beweis für eine Identifikation mit Deutschland. Muslime wollten dauerhaft ein gleichberechtigter Teil der Gesellschaft sein, aber dafür nicht ihre Identität und ihre Werte verleugnen müssen, sagte er der Katholischen Nachrichtenagentur.
Weiterführende Informationen
Gründung von Dava - erste Reaktionen
Diese Nachricht wurde am 02.02.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.