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Was von Merkels Steuerversprechen bleibt

Angela Merkel hat angekündigt, im Falle eines Wahlsiegs die Steuern nicht zu erhöhen. Gleichzeitig hebt sie die Mütterrente an, was 13 Milliarden Euro kostet. Was die Kanzlerin verschweigt: Der Steuerzahler wird dafür trotzdem zur Kasse gebeten.

Von Theo Geers |
    "Jede Irritation in der jetzigen Phase ist absolut falsch. Und deshalb werden wir – ich spreche jetzt für meine Partei – keine Steuern erhöhen."

    Angela Merkel hat sich festgelegt: Bleibt sie als Kanzlerin im Amt, bleibt auch bei den Steuern alles, wie es ist.

    "Wir machen diesen Kurs weiter, weil wir kriegen mehr Steuereinnahmen in den Staatssäckel, wenn wir keine Irritationen im Wirtschaftsbereich verursachen, als wenn wir komplette Irritationen verursachen, die letztlich nur zu Attentismus oder zu weniger Wachstum führen. Das ist die Philosophie unserer Koalition."

    Steuererhöhungen wird es mit ihr und der Union nicht geben. Wahlgeschenke dagegen schon.

    "Wenn Sie die realisieren wollten, müssten Sie entweder die Staatsverschuldung erhöhen oder die Einnahmesituation verbessern und damit auch Steuererhöhungen machen,"

    prophezeit denn auch Merkels Gegenkandidat Peer Steinbrück. Und dann rattert der frühere SPD-Finanzminister die Zahlen nur so runter.

    "Zum Beispiel die Einführung eines Familiensplittings kostet zehn Milliarden Euro. Die Abschaffung der kalten Progression kostet sechs Milliarden. Die Abschaffung des Soli kostet 12 bis 14 Milliarden. Ein höherer Grundfreibetrag von Kindern auf der Ebene der Erwachsenen kostet 7,5 Milliarden. Was ich Ihnen gerade aufgelistet habe, sind 40 bis 45 Milliarden Euro, die Ihnen Regierungsvertreter in den letzten 14 Tagen in Aussicht gestellt haben – ohne jede Refinanzierung."

    Wobei Steinbrück hier auch ein vages Versprechen der FDP aufzählt – die Abschaffung des Soli, die sich die Union ausdrücklich nicht auf die Fahnen geschrieben hat. Dennoch widerspricht die Union Peer Steinbrück auch in allen anderen Punkten: Jedes ihrer Wahlversprechen wird nur umgesetzt, wenn auch Geld dafür da ist. Alles steht also unter Finanzierungsvorbehalt, nur ein Versprechen nicht, das in Peer Steinbrücks Aufzählung sogar noch fehlt, das die Union aber schon zum 1. Januar umsetzen will: Die Rentenerhöhung für Mütter, die vor 1992 Kinder geboren haben. Bisher erhalten sie für jedes Kind einen Rentenpunkt gut geschrieben.

    Für Kinder, die ab 1992 zur Welt kamen, gibt es dagegen drei Rentenpunkte oder – in Euro - 675 Euro mehr Rente im Jahr im Westen und 618 Euro mehr im Osten. Angela Merkel will diese – wie sie es nennt – Gerechtigkeitslücke schließen und in einem ersten Schritt für Kinder von vor 1992 künftig zwei Rentenpunkte gewähren.
    "Und das ist ein wichtiger Akt der Gerechtigkeit, aber es ist auch ein wichtiges Zeichen gegen Altersarmut und deshalb werden wir das durchsetzen, meine Damen und Herren."

    Schlappe 6,5 Milliarden Euro kostet der eine Rentenpunkt mehr im Jahr, die volle Gleichstellung demnach 13 Milliarden. Doch Auswirkungen auf das Versprechen, keine Steuern zu erhöhen, haben auch die ersten 6,5 Milliarden nicht, rechnet Angela Merkel vor.

    "Die Frage der Mütterrente ist eine Frage, die nicht den Haushalt belasten wird, weil wir heute einen Bundeszuschuss ins Rentensystem haben, der deutlich höher ist als die Leistungen, die abgerufen werden für die Erziehungszeiten der Mütter, die wir heute schon zahlen. Und weil wir auch eine sehr günstige Situation in der Rentenversicherung haben, wo wir sagen in einem gewissen Umfang werden wir das dann auch aus den Überschüssen der Rentenversicherung machen."
    Es ist hörbar: So ganz wohl fühlt sich Angela Merkel bei dieser Argumentation nicht. Fakt ist: Der Rentenversicherung geht es aktuell gut wie seit Langem nicht mehr, Geld für höhere Mütterrenten ist also da. Dennoch sind diese ordnungspolitisch unsauber finanziert. Denn prinzipiell sollen Renten aus Beiträgen gezahlt werden als Ausgleich für ein Arbeitsleben, in dem Beiträge eingezahlt wurden.

    Versicherungsfremde Leistungen wie zum Beispiel Renten für Mütter, denen keine eingezahlten Beiträge gegenüberstehen, weil diese Mütter zu Hause blieben und Kinder und damit die Beitragszahler von heute erzogen, müssen grundsätzlich über den Bundeszuschuss zur Rentenversicherung, also aus Steuermitteln finanziert werden. Und werden solche Leistungen ausgeweitet, muss auch der Bundeszuschuss entsprechend steigen. Das aber macht die Union nicht. Sie greift für die höheren Mütterrenten faktisch auf das Geld der Beitragszahler zurück, denn deren Beiträge könnten sonst sinken, erklärt auch Michael Hüther, Direktor des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft.

    "Im Wahlprogramm zumindest für sich genommen sind keine Steuererhöhungen der Union angelegt, allerdings der Verzicht auf Beitragssatzsenkungen, weil man dort entsprechende Belastungen hineinnimmt."

    Wie eben die Mütterente, die in jedem Fall kommen soll. Der Verzicht auf Steuererhöhungen klingt per se schon gut und klingt noch besser im Vergleich zu SPD und Grünen, die explizit Steuererhöhungen ankündigen. Auf den zweiten Blick zeigt das Beispiel der höheren Mütterrenten, dass die Union diese unsauber finanziert: Das Geld, das der Bürger werbewirksam angeblich behalten darf, weil es ja keine Steuererhöhungen geben soll, wird ihm bereits jetzt durch Rentenversicherungsbeiträge aus der Tasche gezogen. Beiträge, die sinken könnten, würden höhere Mütterrenten auch ordnungspolitisch sauber durch einen höheren Bundeszuschuss finanziert.



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