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Waschen, schneiden, sparen

Waschen und schneiden gibt es mitunter für unter zehn Euro. Discount-Friseure sind beliebt, stehen aber wegen schlechter Bezahlung von Angestellten in der Kritik. Ihr Geschäftsmodell wird nun vom geplanten Mindestlohn torpediert.

Von Michael Braun |
    Im Salon von Rudolf Wiegand lief es gut an diesem Tag, ein Kunde ging, der nächste kam. Wiegand betreibt sein Geschäft in Bad Homburg. Den Mindestlohn, der in drei Stufen bis 2015 auf 8,50 Euro steigen soll, fürchtet er nicht:

    "Ich glaube, für Hessen oder für viele westdeutsche Landesverbände wird es gar nicht so gravierend werden."

    Aber spüren wird er es schon, denn kein Friseur könne nur die unterste Lohnstufe anheben, dann müssten auch die oberen steigen, um den Abstand zu halten:

    "Insofern wird man es schon merken. Natürlich."

    Es gibt knapp 80.000 Friseurbetriebe in Deutschland, etwa je 1000 Einwohner einen. In den vergangenen zehn Jahren ist ihre Zahl um gut 20 Prozent gestiegen. Die Betriebe setzen knapp sechs Milliarden Euro um. Und Angst vor dem Mindestlohn hätten die meisten nicht, hieß es heute auf der Jahresversammlung des Zentralverbandes des Deutschen Friseurhandwerks in Bad Homburg. Im Gegenteil. Hauptgeschäftsführer Rainer Röhr:

    "Wir glauben, mit den Mindestlöhnen, die jetzt die Löhne im Friseurhandwerk auf eine gute Basis stellen, auch unser Nachwuchsproblem lösen zu können. Denn das ist so gewesen, dass wir einen stärkeren Rückgang an Auszubildenden hatten, als das die Demografie erlaubt. Das müssen wir ändern. Wir brauchen Nachwuchs für dieses schöne Handwerk. Und da spielt natürlich der Lohn eine Rolle."

    Es ist nicht der Mindestlohn, den die Branche fürchtet. Eher die, die ihn nicht einhalten. Obermeister Rudolf Wiegand etwa fragt sich, wie die Billigfriseure gerade in Großstädten sich halten können:

    "Wir haben hier in Hessen auch sehr viele Friseursalons, die für meine Begriffe wesentlich unter Tarif bezahlen. Also, wenn ich einen Zehn-Euro-Friseur sehe, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass der nach Tarif bezahlt. Das geht einfach nicht."

    Lohndumping und illegale Beschäftigung sind in der Branche offenbar nicht zu vernachlässigen. Sie schätzt die Schwarzarbeit auf rund ein Fünftel des Branchenumsatzes. Ein Dorn im Auge der Handwerksbetriebe, die Mitarbeiter beschäftigen und Lehrlinge ausbilden, sind auch die Mikrobetriebe. Ihre Zahl schätzt der Zentralverband des Friseurhandwerks auf 20.000, Kleinstselbständige also in Form eins Ein-Mann-Unternehmens mit so niedrigen Umsätzen, dass sie keine Umsatzsteuer zahlen müssen. Hauptgeschäftsführer Röhr will, dass dieser Konkurrenz im Zusammenhang mit dem Mindestlohn das Wasser abgegraben wird:

    "Es ist ein Problem in den Großstädten, dass es eine Reihe von Betrieben gibt, dies sehr niedrige Preise anbieten, die das deshalb machen können, weil sie alleine tätig sind, weil sie einen Jahresumsatz haben, der so niedrig ist, dass sie keine Mehrwertsteuer bezahlen. Und dadurch haben sie schon einen 19-prozentigen Preisvorteil gegenüber den anderen Friseuren. Wir finden das wettbewerbsverzerrend und wir erwarten in der nächsten Bundestagswahl auch, dass die Regierung das ändert, dass sie überlegt, ob diese Mehrwertsteuerfreigrenze von 17.500 Euro, die wir haben, noch weiter bestehen kann."

    Natürlich dürften mit dem Mindestlohn auch die Preise steigen. Schließlich machen Löhne etwa die Hälfte der Kosten im Friseurhandwerk aus. Dieser Kunde, dem der Obermeister nach dem Schnitt nun die Haare föhnt, wäre bereit zu zahlen:

    "-"Solange die Erhöhung moderat geschieht, dann würde das passen.""
    "-"Was ist moderat?""
    "-"Na ja, nicht gleich mit 20 Prozent oder so.""