"Der Potomac River ist ein recht großer Fluss, der von fundamentaler Bedeutung für Washington, D.C. ist. Gleichzeitig liegt unter dem Potomac River und seinen Zuflüssen die Marcellus-Formation, eine Gesteinsschicht, die sehr reich an Schiefergas ist, das an vielen Stellen durch Fracking gewonnen wird. Und das unter einem Fluss, aus dem das gesamte Trinkwasser für die Stadt und ihre Vororte kommt."
Deshalb wollte die Ökohydrologin Karen Knee von der American University in Washington wissen, wie sich die umstrittene Gasgewinnung auf die Wasserqualität des Flusses auswirkt. Gemeinsam mit ihrem Masterstudenten Colin Casey fuhr sie einen Monat lang am Potomac und seine Zuflüssen entlang. An über 70 Stellen nahmen die Forscher Wasserproben und analysierten sie im Labor:
"Wir entdeckten große Mengen des kurzlebigen Isotops Radium 224 in den Teilen des Potomac-Einzugsgebiets, unter denen Fracking stattfindet. Außerdem fanden wir dort erhöhte Mengen an Metallen und doppelt so viel Sulfate, wie in unbelasteten Gebieten. Auch die Werte an Strontium waren um 33 Prozent erhöht. Dieses Element steht in direktem Zusammenhang mit der Marcellus-Formation und gelangt durch Fracking-Abwässer in die Flüsse."
Wasser teils hoch radioaktiv
Alle diese Werte lägen noch im gesetzlich zugelassenen Bereich der amerikanischen Trinkwasserverordnung, sagt Colin Casey:
"Das heißt aber nicht unbedingt, dass auch die Organismen im Wasser damit zurechtkommen. In einigen der Flussläufe lag der pH-Wert bei gerade einmal 4. In diesem sauren Wasser fanden wir erhöhte Barium-Werte sowie Aluminium und Strontium in großen Mengen. Einige dieser Stoffe sind wirklich gefährlich. Und einige Befunde waren auch für den Menschen bedenklich. Wir müssen uns immer klar machen: In dieser Region leben sehr viele Menschen, die alle ihr Wasser aus Brunnen oder Flüssen bekommen. An einer Stelle in West Virginia spielten Kinder Fußball, keine 20 Meter von einem Bachlauf entfernt, den wir beprobten. Als wir dieses Wasser dann später im Labor analysierten, stellten wir fest, dass es hoch radioaktiv war."
Nicht nur Fracking-Bohrung negativ
Karen Knee findet die Ergebnisse ihres Masterstudenten besorgniserregend. Zumal in dem untersuchten Gebiet zwar Fracking stattfindet, das Schiefergas hier allerdings wesentlich weniger intensiv ausgebeutet wird, als in anderen Regionen der USA. Dort seien die Verunreinigungen vermutlich noch deutlich größer:
"Wenn Sie ein Bohrloch haben, in dem die Innenauskleidung defekt ist und Risse aufweist, kann die Bohrflüssigkeit in das umliegende Grundwasser oder auch direkt in Oberflächengewässer gelangen. Außerdem kommt es immer wieder zu Unfällen, bei denen, die zum Fracking genutzten Chemikalien auslaufen, sei es während der Bohrung selbst, oder beim Transport der Flüssigkeiten auf Tanklastzügen. Außerdem zieht jede Fracking-Bohrung eine Menge Infrastruktur nach sich. Straßen und Gebäude werden neu gebaut, die Bevölkerung in dem Gebiet wächst, der Verkehr auf den schon existierenden Straßen nimmt zu. All das trägt zur Wasserverschmutzung bei, nicht nur das Fracking selbst, auch die Aktivitäten drum herum."