US-Wahlkampf
"Washington Post" ohne Empfehlung für Harris oder Trump - offenbar auf Druck von Besitzer Bezos

Die Zeitung "Washington Post" wird erstmals seit 1988 keine Empfehlung für die US-Präsidentenwahl aussprechen. Auch in der Zukunft werde man es grundsätzlich nicht mehr tun, kündigte Herausgeber William Lewis an. Reporter der "Washington Post" berichteten, die Entscheidung sei von Amazon-Gründer Jeff Bezos als Besitzer der Zeitung getroffen worden.

    Eine Lupe vor einem Monitor, aufgrufen ist die Online-Ausgabe der Us-amerikanischen Zeitung "The Washington Post"
    "The Washington Post" rudert bei Wahlempfehlung zurück. (imago / Schöning)
    In der Kommentar-Redaktion der Zeitung sei derweil bereits eine Wahlempfehlung für die Demokratin Harris geschrieben worden, hieß es unter Berufung auf anonyme Quellen. Das Rennen zwischen Harris und dem Republikaner Trump ist nach jüngsten Umfragen denkbar knapp.
    Bezos kaufte die Zeitung, die einst die "Watergate"-Affäre aufdeckte und damit zum Rücktritt von Präsident Nixon 1974 beitrug, vor gut zehn Jahren. Berichte der Zeitung zogen in den vergangenen Jahren oft den Zorn von Trump auf sich und er ließ zeitweise auch durchblicken, dass er sich Amazon während einer erneuten Präsidentschaft vornehmen könnte. Bezos gehört auch die Weltraumfirma Blue Origin, die an Staatsaufträgen interessiert ist.

    Ex-Chefredakteur: "Feigheit"

    Die Journalistenvertretung der "Washington Post" äußerte sich besorgt, dass das Management sich in redaktionelle Angelegenheiten eingemischt zu haben scheine. Der frühere Chefredakteur Martin Baron, der die Zeitung durch die Trump-Amtszeit führte und 2021 in den Ruhestand trat, kritisierte die Entscheidung als "Feigheit". Trump werde sie als Ermutigung auffassen, Bezos und andere Medienbesitzer weiter einzuschüchtern.
    Lewis argumentierte, die Zeitung müsse unabhängig sein und es den Lesern überlassen, sich ihre eigene Meinung zu bilden. Er verwies darauf, dass die "Washington Post" ursprünglich keine Empfehlungen vor Präsidentenwahlen aussprach und dies erst seit 1976 auf regelmäßiger Basis tat. Seitdem gab es nur 1988 keine Wahlempfehlung als der Republikaner Bush und der Demokrat Dukakis antraten. Ansonsten unterstützte die Zeitung stets die Kandidaten der Demokraten.
    Diese Nachricht wurde am 26.10.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.