Deutschland ist ein wasserreiches Land. Dennoch ist das Trinkwasser aktuell an einzelnen Orten in Deutschland knapp geworden. Die Bürgerinnen und Bürger wurden aufgerufen, ihren Verbrauch zu reduzieren. Das liegt an Dürre- und Hitzeperioden, aber auch an regionalen Unterschieden in der Struktur der Wasserversorgung. Denn sowohl Niederschlagsmengen als auch Grundwasservorkommen sind regional unterschiedlich verteilt.
Rund zwei Drittel des Trinkwassers in Deutschland stammen aus dem Grundwasser. Der Rest kommt vor allem aus Talsperren, großen Seen wie dem Bodensee und aus Uferfiltrat, also aus Wassergewinnungsanlagen an Flüssen. Woher das Trinkwasser hauptsächlich bezogen wird, unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland.
Die öffentliche Wasserversorgung stellt Trinkwasser für Haushalte, kommunale Einrichtungen wie Schulen und Krankenhäuser sowie kleinere Unternehmen bereit. In Wasserwerken wird das Wasser je nach Quelle mit verschiedenen chemischen und physikalischen Verfahren aufbereitet.
Den größten Wasserbedarf hat in Deutschland aber die Industrie. Sie fördert ihr benötiges Wasser fast ausschließlich mit eigenen Gewinnungsanlagen – hauptsächlich aus Oberflächenwasser, also aus Seen und Flüssen. Die mit Abstand größten Wassernutzer sind Wärmekraftwerke, die das Wasser vor allem zu Kühlzwecken einsetzen und anschließend wieder in den Wasserkreislauf einspeisen.
Von den verfügbaren Wasserressourcen in Deutschland wird nur ein kleiner Teil für die Trinkwasserversorgung genutzt – etwa 12 bis 15 Prozent. Erst wenn die Wasserentnahme 20 Prozent des verfügbaren Wasserdargebotes übersteigt, spricht man von "Wasserstress", womit ein steigendes Risiko für Umweltprobleme und wirtschaftliche Schwierigkeiten gemeint ist. In Deutschland herrscht also generell kein Wasserstress, doch es gibt regionale und saisonale Unterschiede, weil der Niederschlag sehr ungleich verteilt ist. In Brandenburg und Sachsen-Anhalt regnet es zum Beispiel besonders wenig, das Alpenvorland ist hingegen niederschlagsreich.
Bei starker Hitze ist der Wasserverbrauch in den vergangenen Jahren tagesbezogen oft deutlich angestiegen – etwa um 40 bis 60 Prozent bei 36 Grad Celsius, wenn viele Leute gleichzeitig ihren Garten bewässern und Pools befüllen, teilte der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) aktuell mit. Zur Hitze kam in diesem Sommer noch hinzu, dass coronabedingt möglicherweise mehr Leute zu Hause sind, die sonst verreist wären.
Der besonders hohe Wasserverbrauch stellt vor allem kleinere kommunale Wasserversorger vor Probleme. In Borgholzhausen im Kreis Gütersloh etwa lieferten die Brunnen nicht mehr genug Wasser, das Freibad musste geschlossen werden. Auch in Lauenau in Niedersachsen leerten sich die Wasserspeicher. Dort hatte sich der Wasserverbrauch durch einen enormen Temperatursprung verdreifacht, erklärte Bürgermeister Georg Hudalla im Deutschlandfunk-Interview. Es gebe aber keine Möglicheit, Wasser für solche Fälle vorzuhalten. "Alles Wasser, was wir in unseren Behältern haben, muss innerhalb von 48 Stunden verbraucht sein, wenn wir die Trinkwassernormen garantieren wollen", so Hudalla.
Die aktuelle Situation überfordere die Wasserversorgung in Deutschland jedoch nicht,
sagt Professor Dietrich Borchardt
vom Department Aquatische Ökosystemanalyse und Management am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Magdeburg. Deutschland habe eine der am besten funktionierenden Trinkwasser-Infrastrukturen weltweit. Es gebe regionale Hotspots, die immer wieder mit Wasserknappheit zu tun hätten – etwa wegen generell geringer Niederschlagsmengen. Gebiete wie die Region um den größten Trinkwasserspeicher Deutschlands, den Bodensee, hätten dagegen keine Probleme mit der Wasserversorgung, erklärte Borchardt.
Auch Talsperren funktionierten in der Regel zuverlässig – wobei auch hier Knappheiten deutlich werden: Das Wassermanagement der Talsperren in Dürreperioden wird immer schwieriger. Die Ruhr in Nordrhein-Westfalen etwa versorgt mehr als viereinhalb Millionen Menschen mit Trink- und Brauchwasser. In Trockenzeiten wird Wasser aus den Staubecken des Flusses abgelassen, um die Versorgung im Ruhrgebiet sicherzustellen. Doch der Wasserschatz in den Talsperren regeneriert sich längst nicht mehr jedes Jahr auf natürliche Weise durch Niederschläge. Einige Staubecken sind kaum mehr halbvoll. Deshalb lässt der Ruhrverband nun erneut – wie schon in den vergangenen Dürresommern – weniger Wasser daraus ab als vorgesehen. Für die Trinkwasserversorgung könnte es dadurch irgendwann eng werden.
Lauenau und andere Gemeinden haben ihre Bürgerinnen und Bürger dazu aufgerufen, Wasser zu sparen – durch weniger Bewässern von Gärten, Befüllen von Pools oder Autowaschen beispielsweise. "Es gibt Dinge, da bräuchte man eigentlich keine Trinkwasserqualität", sagt Bürgermeister Hudalla. Die Technik entwickele sich dahingehend, dass auf einem Gebiet gewonnenes Brauchwasser auch in einem zweiten Kreislauf im Haus für die Toilettenspülung und das Wäschewaschen verwendet werden könne.