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Wasserstoff im Tank
"Bei langen Reichweiten die bessere Variante"

Elektroautos werden bisher überwiegend mit Lithium-Batterien betrieben. Doch auch der Antrieb mit Wasserstoff biete Vorteile, sagte Angelika Heinzel vom Zentrum für Brennstoffzellentechnik im Dlf. Sie spricht sich daher dafür aus, den Ausbau der Infrastruktur für beide Technologien voranzutreiben.

Angelika Heinzel im Gespräch mit Arndt Reuning |
Ein Mann hält am 18.04.2012 den Zapfhahn einer Wasserstoff-Tanksäule an ein Auto auf einer Tankstelle in Berlin.
Derzeit gibt es 70 Wasserstofftankstellen in Deutschland (dpa / Hannibal Hanschke)
Arndt Reuning: Deutschland arbeitet daran, seine CO2-Emissionen zu reduzieren. Ein Bereich, der dabei noch eine große Herausforderung darstellt, ist der Straßenverkehr. Elektrofahrzeuge könnten dabei helfen, den Ausstoß des Klimagases auch dort zu senken. Der Strom, der sie antreibt, wird üblicherweise in wiederaufladbaren Batterien gespeichert.
Aber Elektroautos könnten auch eine andere Quelle nutzen, nämlich Brennstoffzellen. In ihnen reagiert Sauerstoff aus der Luft mit Wasserstoff – und zwar so, dass die Energie in Form von Strom freigesetzt wird. Eine gemeinsame Studie des VDI und VDE kritisiert nun, dass sich die Diskussion in Deutschland zu sehr auf die Batteriefahrzeuge konzentriere. Die Brennstoffzellentechnologie werde vernachlässigt. An dem Papier beteiligt war Angelika Heinzel, Professorin an der Universität Duisburg-Essen und Geschäftsführerin des Zentrums für Brennstoffzellentechnik. Von ihr wollte ich wissen, wo sie den größten Vorteil der Wasserstoff-Technologie im Straßenverkehr sieht.
Angelika Heinzel: Der Vorteil von Brennstoffzellenfahrzeugen ist die Dimensionierung von dem Wasserstofftank, der den Energieinhalt des Systems darstellt. Den kann ich so groß wählen, dass ich mit dem Brennstoffzellenfahrzeug heute schon eine gute Reichweite erzielen kann. Der Stand der Technik ist 500, 600, vielleicht auch bis 700 Kilometer Reichweite, so wie wir das also von heutigen Fahrzeugen gewohnt sind.
"Bei ausreichendem Recycling keine Verknappung der Rohstoffe"
Reuning: In der Diskussion um Batteriefahrzeuge spielt die Verfügbarkeit der Rohstoffe eine wichtige Rolle: das Lithium selbst für die Akkus, aber auch Kobalt für das Elektrodenmaterial - Kobalt, das unter fragwürdigen Bedingungen gewonnen wird, vor allem im Kongo. Wie sieht es denn aus mit metallischen Rohstoffen hinsichtlich der Brennstoffzellen?
Heinzel: Ja, das ist natürlich immer ein wichtiges Thema, weil die Rohstoffe alle prinzipiell nicht unendlich verfügbar sind. Das ist dann eine Frage, wie viel muss man neu gewinnen und wie viel kann man recyclen. Und die mir bekannten Daten sagen aus, dass man bei ausreichendem Recycling eigentlich mit keiner Verknappung, globaler Verknappung der Rohstoffe rechnen muss. Das wichtigste Metall, was in Brennstoffzellen verwendet wird, ist das Edelmetall Platin, und da müssen wir natürlich sehr auf die Menge schauen, die verbaut wird in so einem Brennstoffzellenstapel. Aber die Forschung hat in den letzten Jahren hier zu einer drastischen Reduzierung des Edelmetallgehaltes geführt, sodass wir gar nicht mehr so weit weg sind von dem Edelmetallgehalt in einem Abgasnachbehandlungssystem, wie es heute schon in Fahrzeugen verbaut wird. Und dann sollte es doch kein Problem sein, Brennstoffzellenfahrzeuge in ausreichender Anzahl auf die Straße zu bringen.
"Bei langen Reichweiten ist der Brennstoffzellenantrieb die bessere Variante"
Reuning: Ich kenne Brennstoffzellenbusse. Gibt es denn bestimmte Fahrzeugtypen, die sich für eine Batterie oder für einen Wasserstoffantrieb besser eignen?
Heinzel: Batteriefahrzeuge sind generell etwas effizienter unterwegs als Brennstoffzellenfahrzeuge, weil das Laden und Entladen der Batterie mit einem hohen Wirkungsgrad möglich ist. Darum, immer wenn die Reichweitenanforderung nicht so hoch ist, die Batterie nicht so groß sein muss, ist das Batteriefahrzeug deutlich vorne. Aber immer, wenn ich lange Reichweiten brauche oder kurze Tankzeiten unabdingbar sind, dann sehen wir schon den Brennstoffzellenantrieb als bessere Variante.
"Es ist günstiger, wenn wir zwei Technologien haben"
Reuning: Ob wir jetzt über Elektrofahrzeuge mit Batterie oder mit Brennstoffzelle sprechen, in beiden Fällen muss ja eine Infrastruktur aufgebaut werden, also Ladesäulen oder Wasserstofftankstellen. Dürfte es nicht schneller gehen, sich zunächst einmal um die Stromversorgung von Batteriefahrzeugen zu kümmern, also Ladestationen zu errichten?
Heinzel: Ja, das ist schon schneller gegangen, sagen wir mal so, es sind schon relativ viele Ladesäulen entstanden, und das ist ja auch gut so, weil die Batteriefahrzeuge ja häufiger und auch länger laden müssen, das heißt, wir brauchen da eine umfassende Infrastruktur, um große Anzahlen von Batteriefahrzeugen bedienen zu können. Die Wasserstofftankstellen sind auch im Aufbau in Deutschland, auch dank gezielter Förderung, muss man sagen, haben wir derzeit schon 70 Wasserstofftankstellen in Deutschland. Die sind im Wesentlichen auf großen Benzintankstellen hinzugebaut worden, sodass man hier das eigentlich ganz einfach realisieren kann, Wasserstofftankstellen eben zugänglich zu machen.
Reuning: Aber sollten wir uns nicht wegen der hohen Kosten dieses Infrastrukturausbaus auf eine Technologie festlegen?
Heinzel: Das ist eigentlich nicht unsere Meinung, es ist genau günstiger, wenn wir zwei Technologien haben, weil eine Hundertprozentdurchdringung mit Batteriefahrzeugen erstens wohl kaum möglich sein wird und dann eben auch extrem teuer wird, weil ich so viele Schnellladesäulen brauche und mir so viele Gedanken machen muss über die Gleichzeitigkeit dieser Ladeprozesse, dass es eben doch schwierig werden könnte. Und da wir auch sehen, dass die Fahrzeuganforderungen eben für lange Strecken mit Wasserstoff besser zu bedienen sind, sehen wir schon, dass beides parallel benötigt werden wird und das auch kostengünstiger im Endeffekt sein wird.
"Potenziell ist die Gefahr, die von Wasserstofffahrzeugen ausgeht, gering"
Reuning: Wie ist es denn um die Sicherheit der Brennstoffzelltechnologie bestellt? Jüngstes Beispiel: Am Pfingstmontag ist es in Norwegen in der Nähe von Oslo zu einer Explosion gekommen in einer Wasserstofftankstelle. Die beiden anderen Tankstellen dieser Art hat die Betreiberfirma bis auf Weiteres geschlossen und zwei Hersteller von Wasserstoffautos haben ihre Lieferungen in Norwegen ausgesetzt. Spricht denn solch eine Explosionsgefahr nicht gegen diese Technologie im Straßenverkehr?
Heinzel: Die Nachricht habe ich natürlich auch gelesen, leider sind noch keine Hintergründe oder Ursachen publiziert worden, sodass man dazu sehr wenig sagen kann. Natürlich sind Unfälle nie auszuschließen, auch Unfälle mit Flüssiggas oder Benzinautos hat es immer wieder gegeben und wird es auch immer wieder geben. Es ist nicht auszuschließen, dass was passiert, aber eigentlich potenziell ist die Gefahr, die von Wasserstofffahrzeugen ausgeht, gering. Und was bei dieser Tankstelle jetzt gewesen ist, das müssen wir erst mal erforschen und die Gründe kennenlernen, um dann reagieren und diskutieren zu können. Also, Wasserstoff ist schon so lange Teil der deutschen Gesellschaft, wenn Sie bedenken, dass wir Industriewasserstoff seit Hunderten von Jahren hier im Ruhrgebiet durch Pipelines leiten, da sind eigentlich die Techniken, damit sicher umzugehen, bekannt – was natürlich einen Unfall nie ausschließen kann.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.