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Tolle Idee! Was wurde daraus?
Wasserstofffabrik für den Garten

Grüner Wasserstoff gilt als wichtiger Baustein der Energiewende. Doch woher soll er künftig kommen? Neben großen Wasserstofffabriken könnte auch die dezentrale Erzeugung eine wichtige Rolle spielen - mit Mini-Windrädern im eigenen Garten. Die Technik dafür wird gerade erprobt.

Von Frank Grotelüschen | 01.02.2022
Schwachwind-Rotoren und Wasserstofftanks mit eingebauten Sicherheitssensoren sollen in windschwachen Regionen Kleinwindkraftanlagen für den Privatgebrauch möglich machen.
Schwachwind-Rotoren und Wasserstofftanks mit eingebauten Sicherheitssensoren sollen in windschwachen Regionen Kleinwindkraftanlagen für den Privatgebrauch möglich machen. (Fraunhofer IAP)
Wer ein Brennstoffzellenauto besitzt und sich seinen grünen Wasserstoff selber machen will, braucht im Wesentlichen folgendes - erstens: Wind- oder Solarstrom. Zweitens: einen sogenannten Elektrolyseur, der mit dem grünen Strom Wasser spaltet. Und drittens: einen Tank, der den entstehenden Wasserstoff speichert. Der erneuerbare Strom könnte zum Beispiel von einem Mini-Windrad kommen, das Marcello Ambrosio entwickelt. „Wir haben ein Rotorblatt entwickelt für Kleinwindkraftanlagen“, beschreibt er. „Das Rotorblatt ist 1,5 Meter lang und wird auf einen zehn Meter hohen Mast gesetzt.“

Der Ingenieur vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung in Wildau bei Berlin arbeitet seit einiger Zeit an einer Wasserstofffabrik für den Garten. Die Rotorblätter bestehen aus Glasfasern mit Kohlenstoff-Verstärkung. Ein Rotorblatt wiegt ca. 2,5 Kilogramm. Zum Teil wird der Rotor per 3D-Druck gefertigt. Durch raffinierte Aerodynamik sowie eine relativ große Angriffsfläche soll er schon bei niedrigen Windstärken laufen – bei drei Metern pro Sekunde statt bei fünf, wie bei anderen Miniwindrädern.

Wasserstoff unter Hochdruck

„Wir haben uns für die Windenergie entschieden“, erzählt Ambrosio, "denn in der Regel scheint im Winter weniger Sonne, und wir nutzen den Wind in den Herbst- und Frühlingsmonaten, um die fehlende Sonne zu kompensieren.“ Im Prinzip ließe sich die Wasserstofffabrik natürlich auch mit einer Photovoltaikanlage betreiben, oder mit einer Kombination von beidem. Das Mini-Windrad jedenfalls wird bis zu 2,5 Kilowatt leisten, und die sollen einen kleinen Elektrolyseur speisen. Ihn entwickeln Ambrosio und seine Leute nicht selber, den gibt es schon zu kaufen.

Der Wasserstoff, den der Elektrolyseur erzeugt, soll dann in einem Spezialtank landen, und zwar unter Hochdruck. „Man muss sich einen zylinderförmigen Schlauch bzw. ein Rohr vorstellen, das mit Kohlefasern umwickelt wird“, beschreibt der Ingenieur. „Wir streben an, 350 bar Druck zu speichern.“ Die üblichen, rot lackierten Druckflaschen für Wasserstoff sind schlicht zu schwer für einen Privathaushalt.
„Durch den Einsatz der Kohlenstoff-Faser sind wir in der Lage, diese hohen Drücke zu fahren und gleichzeitig leicht zu bleiben“, sagt Ambrosio. „Wir haben auch vor, ein Sensorkonzept zu integrieren, um die Sicherheit zu erhöhen. Dieses Sensorkonzept besteht vorrangig aus einem kleineren Sensor, der mittels gedruckter Elektronik integriert wird. Er identifiziert Stöße, sehr starke Beschleunigungen wie auch Temperaturwechsel und Druckanstiege.“

Sensoren für die Sicherheit

Ein weiterer Sensor soll Alarm geben, falls es in der Kohlefaser zu Schäden kommt. Sechs bis sieben dieser Drucktanks sollten für einen Haushalt reichen. Sie könnten mehrere Kilogramm Wasserstoff speichern – in etwa eine Tankfüllung für ein Brennstoffzellen-Auto. Außerdem sollen die Tanks so konstruiert sein, dass sie sich direkt in ein Auto einsetzen lassen. Statt zu tanken, würde man dann einfach einen leeren Tank durch einen vollen ersetzen. Ambrosio: „Sie können natürlich darüber hinaus noch weiter Wasserstoff speichern, wenn Sie den auch für Ihren Energiebedarf im Haushalt benötigen.“

Und zwar für eine Brennstoffzellen-Heizung, die das Haus mit Wärme versorgt und gleichzeitig mit Strom. Prototypen ihres Miniwindrads hat das Fraunhofer-Team schon getestet. Die komplette Pilotanlage aus Windrad, Elektrolyseur und Speicher soll 2023 fertig sein. Läuft alles nach Plan, möchte ein kleines Unternehmen aus Brandenburg das System ein Jahr später auf den Markt bringen. Ein Schnäppchen wird die Wasserstofffabrik für den Garten allerdings nicht, gibt Ambrosio zu: „Dadurch, dass die Preise von Elektrolyseuren in Zukunft stark sinken, kann ich mir sehr gut vorstellen, dass wir bei einem Gesamtpreis von unter 50.000 Euro liegen.“

Einsatz in der Pampa oder bei der Katastrophenhilfe

Für Menschen, die Wasserstoff irgendwann per Gasnetz beziehen können, dürfte sich das kaum rentieren. Doch für die sei das System auch gar nicht gedacht, erläutert Marcello Ambrosio: „Alleinstellungsmerkmal bei diesem Konzept ist die autarke Energieversorgung. Also überall da, wo ich keinen Anschluss an bestehende Netze habe oder vor schwierigen Umweltbedingungen stehe, sowie auch bei Katastrophen-Situationen und Erdbeben. Überall da, wo schnell viel Energie notwendig ist, kann man diese kompakten Systeme installieren.“