In Flip Flops stehen sie im roten Matsch und halten dem fest verriegelten Eisentor Plakate entgegen: "Hydro ist der Krebs von Barcarena" steht auf einem. Die Anwohner der Amazonas-Stadt Barcarena protestieren gegen das Unternehmen Hydro Alunorte. Es ist die größte Aluminiumschmelze der Welt, Tochterunternehmen der norwegischen Norsk Hydro mit Sitz mitten im Regenwald Nordbrasiliens. Sie haben das Wasser verseucht, sagt eine bereits ältere Frau und hält wütend eine Plastikflasche in die Luft - darin eine rotbraune Brühe:
"Übelkeit, Durchfall und Fieber - meine zwei Söhne und meine Enkelkinder sind krank, die Jüngste ist gerade mal neun Monate und ihr Körper ist angeschwollen, sie hat Ausschlag, spuckt und hat Durchfall."
"Übelkeit, Durchfall und Fieber - meine zwei Söhne und meine Enkelkinder sind krank, die Jüngste ist gerade mal neun Monate und ihr Körper ist angeschwollen, sie hat Ausschlag, spuckt und hat Durchfall."
Flüsse und Grundwasser verseucht
Alles begann mit den schweren Regenfällen im Februar, die Klärbecken liefen über, roter Schlamm floss aus, bahnte sich über kleinen Flussarme den Weg auf die Felder und in die Brunnen der rund 400 direkt betroffenen Nachbarn. Luftaufnahmen zeigen mit rotbraunem Schlamm überzogene Dörfer und Stadtviertel. Das hat nichts mit uns zu tun, hieß es zunächst vom Unternehmen, es sei kein giftiger Schlamm ausgetreten. Die Realität von Anwohnern wie Anderson Pinheiro sieht anders aus:
"Alles hat sich verändert. Die Fische sind verelendet, die Pflanzen sterben ab, wir dürfen die Früchte der Felder nicht mehr essen, nichts können wir mehr anbauen."
Und Trinkwasser gibt es nur noch aus dem Kanister, 20 Liter am Tag, viel zu wenig für eine ganze Familie. Flüsse und Grundwasser sind verseucht, das haben Marcelo Melo und sein Team vom Gesundheitsinstitut Evandro Chagas nachgewiesen. Blei, Aluminium und andere Schwermetalle haben sie gefunden - teils in 25 Mal höherer Konzentration als die gesetzlichen Grenzwerte:
"Wir haben Daten zwischen dem 17. und 19. Februar gesammelt, die Zeit der Überflutung. In den Wasserproben haben wir Rückstände gefunden, die nicht in der Natur auftauchen. Und wir haben gesehen, dass das rote Wasser von der Fabrik Richtung Wald floss. Ich weiß nicht, was man noch für Beweise braucht."
"Alles hat sich verändert. Die Fische sind verelendet, die Pflanzen sterben ab, wir dürfen die Früchte der Felder nicht mehr essen, nichts können wir mehr anbauen."
Und Trinkwasser gibt es nur noch aus dem Kanister, 20 Liter am Tag, viel zu wenig für eine ganze Familie. Flüsse und Grundwasser sind verseucht, das haben Marcelo Melo und sein Team vom Gesundheitsinstitut Evandro Chagas nachgewiesen. Blei, Aluminium und andere Schwermetalle haben sie gefunden - teils in 25 Mal höherer Konzentration als die gesetzlichen Grenzwerte:
"Wir haben Daten zwischen dem 17. und 19. Februar gesammelt, die Zeit der Überflutung. In den Wasserproben haben wir Rückstände gefunden, die nicht in der Natur auftauchen. Und wir haben gesehen, dass das rote Wasser von der Fabrik Richtung Wald floss. Ich weiß nicht, was man noch für Beweise braucht."
Klärschlamm aus drei nicht registrierten Überlaufrohren
Das musste nun auch die Hydro Alunorte eingestehen, über Wochen hatte der Aluminiumproduzent, der auch nach Deutschland exportiert, jegliche Verantwortung von sich gewiesen. Dann kam heraus: Es existieren drei nicht registrierte Überlaufrohre, über die Klärschlamm in die Umgebung entweichen konnte. Hauptanteilseigner am Mutterkonzern Norsk Hydro ist Norwegens eigene Regierung, gleichsam größter Geldgeber des Fonds Fundo Amazônia, der für den Schutz des Amazonas-Regenwaldes kämpft - wie passt das zusammen, fragt sich nicht nur Barcarenas Bürgermeister Antonio Vilaça:
"Sehr schön, zuhause machen sie alles nach Vorschrift, aber dann kommen sie hier her, exportieren die Rohstoffe und lassen den Dreck da, so geht das nicht."
"Sehr schön, zuhause machen sie alles nach Vorschrift, aber dann kommen sie hier her, exportieren die Rohstoffe und lassen den Dreck da, so geht das nicht."
Geldstrafe auferlegt - doch Anwohner skeptisch
Nun gab es eine Entschuldigung vom Konzernchef der Norsk Hydro, Svein Richard Brandtzaeg: Es werde eine interne Prüfung und Investitionen geben, um künftig alle Umweltauflagen zu erfüllen. Die Behörden haben dem Unternehmen und größten Arbeitgeber der Region zusätzlich eine Strafe von umgerechnet fünf Millionen Euro auferlegt.
Doch die Anwohner bleiben skeptisch. Bereits 2009 sollte Hydro Alunorte wegen eines ähnlichen Vorfalls umgerechnet mehr als vier Millionen Euro zahlen - doch das ist bis heute nicht geschehen. Zusätzliche Brisanz gewann der Fall durch die Ermordung eben jenes Anführers einer Anwohnervereinigung, der die Verschmutzung gemeldet hatte - bisher ist der Mord nicht aufgeklärt. Laut der Vereinigung habe es zuvor aber Drohungen von Polizisten gegeben, die nebenher als Wachmänner für Hydro Alunorte arbeiteten.