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Nordrhein-Westfalen
WDR-Bericht: In 60er-Jahren wurde Pocken-Impfstoff an Heimkindern getestet

In den 1960er-Jahren soll die nordrhein-westfälische Landesregierung einem Bericht zufolge erlaubt haben, dass ein Pocken-Impfstoff an Heimkindern getestet wurde.

    Krankenhauspersonal in weißen Kittelschürzen bringt infiziertes Kochgeschirr aus dem Krankenhaus nach draußen und reinigt es.
    1970 brachen im nordrhein-westfälischen Sauerland die Pocken aus. Im Bild: Krankenhauspersonal in weißen Kittelschürzen bringt infiziertes Kochgeschirr aus dem Gebäude nach draußen und reinigt es. (picture alliance / dpa / A000ß)
    Das WDR-Magazin Westpol beruft sich auf einen Zwischenbericht für eine Studie im Auftrag des Düsseldorfer Gesundheitsministeriums. Mit sogenannten Probeimpfungen sollte nachgewiesen werden, ob das Vakzin verträglich und sicher war. Den Angaben zufolge stellte die Landesimpfanstalt damals den Pockenimpfstoff selbst her.

    Wissenschaftler: Abhängigkeiten ausgenutzt

    Die Wissenschaftler vermuten, dass die Impfungen an Heimkindern deshalb erfolgte, weil eine Einwilligung der Eltern nicht erforderlich gewesen sei. Zahlen werden nicht genannt. Studienleiter Fangerau, Medizinhistoriker an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, kritisiert dem Bericht zufolge, dass damit Abhängigkeiten ausgenutzt worden seien, "um zu versuchen, was man anderen Kindern nicht zumuten wollte." Das heutige Gesundheitsministerium in Nordrhein-Westfalen habe auf Anfrage mitgeteilt: "Die ersten Befunde im Zwischenbericht zu den Pockenimpfversuchen deuten auf eine Praxis hin, die heute in keinem Fall mehr statthaft wäre."
    Nach Angaben des Robert Koch Instituts war die Pockenimpfung bis in die 1970/1980er Jahre eine Pflichtimpfung in Deutschland. Wie es weiter heißt, waren die "klassischen" Pocken eine lebensbedrohliche Infektionskrankheit. Sie wurde nach erfolgreichen Impfkampagnen von der WHO im Jahre 1980 als ausgerottet erklärt. Seit dieser Zeit wurde die Impfung nur in sehr seltenen Sonderfällen angewendet.