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Wechsel an der Nord-SPD-Spitze
Bilanz der Ära Stegner

Nach zwölf Jahren als SPD-Landeschef in Schleswig-Holstein stellt sich Ralf Stegner beim Parteitag nicht mehr zur Wahl. Er blickt auf eine bewegte Kariere zurück. Für viele ein brillanter Rhetoriker, andere nennen ihn "Roter Rambo" - oft schießt er übers Ziel hinaus. Zur Ruhe setzen will er sich noch lange nicht.

Von Christian Wolf |
Ralf Stegner, Stellvertretender SPD-Vorsitzender und Vorsitzender der SPD Schleswig-Holstein, redet beim SPD-Parteitag zur Abstimmung über Koalitionsverhandlungen
Wechsel bei der SPD in Schleswig-Holstein: Nach zwölf Jahren hört Landeschef Ralf Stegner auf. (imago / Ute Grabowsky / photothek)
Ralf Stegner kann auf eine lange politische Karriere in Schleswig-Holstein zurückblicken. Er war Innenminister, Finanzminister sowie Staatssekretär in fast allen anderen wichtigen Ministerien. Hinzukommen der jahrelange Fraktionsvorsitz im Landtag der SPD und die zwölf Jahre als Landeschef. Mit letzterem ist jetzt Schluss und das hat aus Sicht von Ralf Stegner auch gute Gründe.
"Die Aufgaben, die die SPD zu lösen hat zurzeit, sind ja gewaltig. Wir haben schlechte Umfragen, wir sind europaweit in einer schwierigen Situation. Da will ich zum Beispiel meine Aufgabe als stellvertretender Bundesvorsitzender mit noch mehr ein bisschen Power machen als mir das bisher schon gelingt und auch als Oppositionsführer im Landtag ist viel zu tun. Wenn wir bei der nächsten Landtagswahl - wir sind in der Opposition gegen die Jamaikakoalition, die haben Geld ohne Ende, werden öffentlich beflirtet wie nichts - und dagegen dann anzutreten wird nicht so einfach sein. Da muss man versuchen die Fraktion so zu führen, dass wir da am Ende eine Chance haben werden. Also es ist genug zu tun – und das dann ein bisschen breiter aufstellen, das macht schon Sinn."
Gescheiterte Wiederwahl hatte "gravierende Folgen"
Ralf Stegner hat auch viel erlebt in Schleswig-Holstein. Am prägendsten war für ihn die gescheiterte Wiederwahl von Heide Simonis als Ministerpräsidentin vor rund 14 Jahren. Bei der konstituierenden Sitzung des Landtags konnte sie in vier Wahlgängen nicht die erforderliche Mehrheit bekommen. Am Ende fehlte jeweils eine Stimme.
"Das war nicht schön, das hatte auch für mich gravierende Folgen. Eigentlich war verabredet das Frau Simonis noch die Bundesratspräsidentschaft macht und dann hätte sie ihr Amt an mich übergeben. So ist es nicht gekommen. Stattdessen gab es die große Koalition."
Die wird damals von Peter Harry Carstensen von der CDU angeführt. Ralf Stegner wird Innenminister. Allerdings versteht er sich nicht mit dem neuen Ministerpräsidenten. Beide kommen nicht miteinander klar, immer wieder geraten die Zwei aneinander. Um das Platzen der Großen Koalition zu verhindern, tritt Ralf Stegner nach knapp drei Jahren im Amt als Innenminister zurück und wird Fraktionsvorsitzender. Bei der darauffolgenden Landtagswahl wird Ralf Stegner Spitzenkandidat der SPD und lieferte sich im Fernseh-Duell mit Peter Harry Carstensen hitzige Debatten.
"Moment mal, das ist falsch!" "Sie kommen gleich wieder dran. Seien sie doch mal einen Augenblick still jetzt." "Er ist so ein bisschen nervös." "Ich bin überhaupt nicht nervös, bloß sie sollen die Wahrheit sagen, Herr Stegner, das ist das Problem."
Ralf Stegner ist für viele ein brillanter Rhetoriker. Allerdings schießt der in Rheinland-Pfalz geborene Absolvent der US-amerikanischen Elite-Uni Havard auch oft übers Ziel hinaus. Seine Verbalattacken bringen ihm den Spitzenamen "Roter Rambo" ein. Vor allem während des anhaltenden Konfliktes mit CDU-Politiker Peter Harry Carstensen zeigt er diese Seite, was nach Angaben von Ralf Stegner nicht jedem Wähler in Schleswig-Holstein gefallen hat.
"Der Preis, den ich persönlich gezahlt hab, war, dass das mit dem Konflikt öffentlich nicht so gut ankam. Wir haben die Wahl auch 2009 verloren. Aber wir waren 2012 wieder da. Wir haben die Wahl dann gewonnen, also nach kurzer Zeit wieder in die Regierung zurückgefunden, das passiert ja sonst nirgendwo anders."
Wechsel vom Landtag in den Bundestag?
Allerdings gewinnt die Wahl für die SPD nicht Ralf Stegner, sondern Thorsten Albig. Er kann sich in einem Mitgliederentscheid durchsetzen, den der jetzt scheidende Landeschef damals sogar mit auf den Weg gebracht hat.
"Da haben die Mitglieder gesagt, naja, mit wem können wir vielleicht eher gewinnen. Haben dann, das öffentliche Image hat dann eine Rolle gespielt, aber - dieser Mitgliederentscheid war für die Partei enorm wichtig. Wir hatten ein Vorwahlkampf, die vier Kandidaten standen am Ende eng zusammen. Wir haben dann die Wahl gewonnen und dann war es mein Job als Fraktions- und Parteivorsitzender, die Einstimmen-Mehrheit für die Küsten-Koalition zusammenzuhalten. Das ist fünf Jahre lang gut gelungen."
Jetzt also der Abschied als Landeschef der SPD in Schleswig-Holstein. Doch zur Ruhe setzen will sich der 59 Jahre alte Ralf Stegner noch lange nicht. Einige Medien haben schon darüber spekuliert, ob er seinen alten Kontrahenten Wolfgang Kubicki von der FDP folgen könnte. Der wechselte vom Schleswig-holsteinischen Landtag in den Bundestag.
"Also das mit dem Kubicki ist ja ganz witzig, der ist ja hier Spielkamerad gewesen. In Schleswig-Holstein ganz amüsant und manchmal vermisst man auch die Qualität bei der politischen Konkurrenz bei den Rede-Auseinandersetzungen, aber ich habe es in meinem Leben immer so gehalten, dass ich die Aufgaben die ich wahrnehme, immer zu 100 Prozent mache. Alles andere kommt, wenn es kommt - oder auch nicht. Damit befasse ich mich dann, wenn es ansteht, und im Augenblick steht an die Übergabe beim Landesverband und die Wiederbewerbung für den Fraktionsvorsitz. Das wird in wenigen Monaten passieren und was meine Mitglieder und auch die politische Konkurrenz immer weiß: Bei mir gibt es immer 100 Prozent Einsatz."