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Weg vom klinisch reinen Rasen

Auf einem klinischen Golfrasen leben wenig Arten. Der Düsseldorfer Golfclub Hubbelrath hat deswegen seinen Platz mit Bäumen, Hecken, Teichen und Bächen naturnah gestaltet. Inzwischen gilt der Platz als artenreichstes Stadtbiotop Düsseldorfs.

Von Wiebke Lehnhoff | 25.10.2010
    Begeistert blickt der Golfer seinem Ball hinterher, der zwischen rot gefärbten Laubbäumen hindurch über das hügelige parkähnliche Gelände des Golfclubs Hubbelrath fliegt. Der Club im Bergischen Land vor den Toren der Stadt Düsseldorf feiert im kommenden Jahr 50-jähriges Jubiläum. Im Laufe der Jahrzehnte verwandelten sich seine 100 Hektar mit Zierpflanzen und Nadelbäumen aus fremden Regionen in eine ökologische Vorzeigeanlage, auf der auch gefährdete Tier- und Pflanzenarten zu Hause sind. Wesentlichen Anteil daran hatte und hat Vorstand Gerd Thörner, der mit seinen grünen Ideen zuerst in Belgien erfolgreich war, aber schließlich auch in Deutschland auf offene Ohren stieß.

    "Wir haben hier etwa 70.000 heimische und standortgerechte Bäume angepflanzt, das heißt also vorzugsweise Laubbäume. Wir haben etwa die gleiche Anzahl an heimischen Sträuchern gepflanzt und, unser absolutes Highlight: Wir haben etwa 300 Obstbäume rheinisch-bergischer alter Sorten hier und damit sind wir wiederum ein wesentlicher Bestandteil für den Vogel in Nordrhein-Westfalen, dem es Schutz zu geben gilt, nämlich zum Beispiel den Steinkauz, und den haben wir auch hier."

    An Teichen finden sich gefährdete Straußfarne, zahlreiche Fledermausarten und auch Eisvögel brüten seit Jahren in einer speziell angelegten Lehmwand auf dem Golfplatz. Für Umweltschutz wie diesen hat der Deutsche Golfverband im Jahr 2005 das Programm "Golf und Natur" ins Leben gerufen, zusammen mit dem Bundesamt für Naturschutz, BfN. Dabei können sich Golfclubs wie Hubbelrath in den Stufen Bronze bis Gold als umweltfreundliche Anlagen zertifizieren lassen. Denn im Gegensatz zu einer vergleichbar großen Ackerfläche wird ein Golfplatz wesentlich weniger intensiv beansprucht und bietet mehr Lebensraum. Thomas Graner vom BfN erklärt:

    "Natürlich stellt eine Golfanlage auch einen Eingriff in die Natur dar, weil nämlich Fläche dafür verbraucht und genutzt wird, gemäht zu werden und dann mit Golf bespielt zu werden. Aber 60 Prozent einer Golfanlage werden eben nicht von den Golfern genutzt, werden auch nicht gedüngt und geschnitten, und da liegt eben die Chance und das Potenzial, die Flächen auch für Naturschutzmaßnahmen zu nutzen. Denn sie können Refugien für viele geschützte Tiere und Pflanzen sein - und ich hoffe, es werden noch viele Golfanlagen folgen und sich einem solchen Prozess unterwerfen."

    Bisher beteiligen sich von den knapp 800 Golfclubs in Deutschland mehr als 90 an dem Umweltprogramm. Dabei geht es zum Beispiel darum, weniger Düngemittel und Pestizide einzusetzen, den Wasserverbrauch zu senken oder Nistkästen für Vögel aufzuhängen. Ende der 80er-Jahre standen sich dagegen Golfer und Naturschützer noch misstrauisch bis feindlich gegenüber. Damals schossen neue Golfanlagen wie Pilze aus dem Boden und wurden von Naturschützern stark kritisiert. So verlangte der nordrhein-westfälische Landesverband des Naturschutzbundes unter anderem einen Genehmigungsstopp für Golfplätze und kritisierte, der große Wasserbedarf zur Pflege des Golfrasens gefährde Grundwasser und Vegetation. Inzwischen werden nur noch sehr wenige Anlagen neugegründet, und die bestehenden Clubs müssen Kosten sparen, ihr Image verbessern und sich durchsetzen im Wettbewerb. Dabei hilft natürlich das Label umweltfreundlich. Und so profitieren die ehemaligen Gegner heute voneinander. Thomas Graner vom BfN hofft außerdem, dass die Golfer das Thema weitertragen:

    "Es geht nicht nur darum, hier so ein paar Tiere und Pflanzen zu schützen, sondern wichtig ist auch, dass man eben die globalen Aspekte berücksichtigt: Wir befinden uns in einer Phase, wo dramatischer Verlust von Artenvielfalt stattfindet, das bedroht letztendlich unsere Lebensgrundlage, unsere Ernährungssicherheit, die Reinhaltung von Luft und Wasser - wir müssen jede Chance nutzen, um diesen Artenverlust zu stoppen."