Es ist der zweite Anlauf der beiden Anwälte, Facebook vor Gericht zu einer effektiveren Kontrolle und Löschung fremdenfeindlicher, rassistischer oder volksverhetzender Inhalte auf den Seiten des sozialen Netzwerks zu verpflichten. Nach der Anzeige des Würzburger Anwalts für IT-Recht Chan-jo Jun und seines Kölner Kollegen Christian Solmecke im Sommer letzten Jahres nahm die Hamburger Staatsanwaltschaft tatsächlich Ermittlungen gegen vier deutsche Facebook-Manager, unter anderem gegen den Europa-Chef des Konzerns, Martin Ott. Gegen ihn wird nach Auskunft der Hamburger Staatsanwaltschaft weiterhin ermittelt, die Verfahren in den anderen drei Fällen wurden letzte Woche eingestellt. Für Anwalt Chan-jo Jun ist das aber kein Grund, nun klein beizugeben:
"Wenn eine Straftat begangen wird, wenn eine Leiche da liegt, dann ist das Verfahren nicht dann zu Ende, wenn man die ersten Unschuldigen gefunden hat. Die Staatsanwaltschaft hat die Aufgabe und die Pflicht, die richtigen Täter zu ermitteln. Auch, wenn die im Ausland sitzen. Wir haben daher konsequenterweise die Strafanzeige erweitert gegenüber den Personen, von denen wir wissen, dass sie mit dem Prozess betraut sind. Das fängt ganz oben bei dem CEO Mark Zuckerberg an."
Chan-jo Jun: Prüfsystem von Facebook versagt
Tatsächlich findet sich auf etlichen Facebook-Seiten von Einzelpersonen oder Gruppen rechtsextreme Hassparolen gegen Flüchtlinge, gegen Juden oder gegen Politiker. Interviews vor laufenden Kameras und Mikrofonen zu dem Thema geben deutsche Sprecherinnen und Sprecher der Firma nicht. Am Telefon oder in Hintergrundgesprächen versichern sie aber, mehr tun zu wollen gegen den Hass, gegen volksverhetzende Inhalte auf Facebook-Seiten. Zudem ruft das Unternehmen die Nutzer zur Hilfe: Sie könnten über eine Meldefunktion entsprechende Inhalte melden, ein Prüfteam würde dann darüber entscheiden, ob die Hetze gelöscht werden muss oder ob sie den sogenannten "Gemeinschaftsstandards" entspricht und bestehen bleiben darf. Aber genau dieses Prüfsystem würde immer wieder versagen, erklärt der Würzburger Anwalt Chan-jo Jun:
"Wir haben vor einigen Wochen auf einer Facebook-Seite einen Post gefunden, der lautete: 'Sieg Heil! Stellt alle Juden mit dem Gesicht zur Wand! Ladet Eure Gewehre durch und verteilt die Scheiße an der Wand! Sieg Heil!' das war ein Posting, den wir sofort gemeldet haben. Und wir bekamen innerhalb weniger Stunden die Antwort von Facebook: 'Das verstößt nicht gegen unsere Gemeinschaftsrichtlinien'. Eindeutiger kann es eigentlich nicht sein."
Eine Verhaftung muss Zuckerberg nicht fürchten
Dass die ersten drei Verfahren eingestellt wurden, entmutigt den Anwalt nicht. Denn in der Begründung der Staatsanwaltschaft heiße es, dass die drei Facebook-Manager nicht dafür belangt werden könnten, nur die Maßgaben der Führungsetage umgesetzt zu haben. Schon allein deshalb, so Anwalt Chan-jo Jun, sei es folgerichtig, nun auch gegen Mark Zuckerberg vorzugehen. Gleichzeitig wurde ein Bußgeld beantragt in Höhe von 150 Millionen Euro. Facebook selbst hat auf eine schriftliche Anfrage zu dem Thema nicht reagiert. Eine Verhaftung in Deutschland müsse Mark Zuckerberg aber sicher nicht fürchten. Jedenfalls nicht zum jetzigen Zeitpunkt, so Chan-jo Jun:
"Es ist mir gar nicht so wichtig, dass Mark Zuckerberg jemals in Deutschland in ein Gefängnis kommt oder eine Strafe zahlen muss. Wichtig ist, dass Facebook einsieht, dass deutsches Recht Anwendung findet und beachtet werden muss."