Für den Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband mit Sitz in Münster ist der Wegfall der Milchquote vor allem positiv. Dr. Thomas Forstreuter nennt den Grund:
"Jeder Milcherzeuger kann in Zukunft selber entscheiden, wie viel Milch er produziert und was er seiner Molkerei andienen möchte. Das ist für uns der wichtigste Punkt. Jeder ist freier Unternehmer und wird nicht mehr durch irgendwelche staatlichen Vorgaben gebremst in seiner Entwicklung."
Die großen Chancen erhoffen sich viele Bauern - so Thomas Forstreuter - vor allem auf dem Weltmarkt.
"Die Prognosen sehen so aus, dass die Nachfrage langfristig stärker wächst als die Milchproduktion. Global gesehen. Nicht in Europa. In Europa haben wir einen gesättigten Milchmarkt. Und da rede ich über Nordafrika und Asien. Das sind Zukunftsmärkte."
Sie beeinflussen künftig auch bei uns die Verbraucherpreise bei Milch, Käse oder Butter. Je nach Angebot und Nachfrage können sie fallen oder steigen. Der Milchindustrie-Verband hofft jedenfalls, damit auch ein wirksames Instrument im Preiskampf mit den Handelsketten in der Hand zu haben.
Was sich zum Nachteil des Verbrauchers auswirken kann. Aber auch die Biobetriebe könnten - so Gerald Wehde vom Bioland-Verband - bei einem Preiskampf mit deutlich niedrigen Verbraucherpreisen zu den Verlierern gehören. Nachteile sehen aber auch die Naturschutzverbände. Denn die Milch für den Weltmarkt wird nach wie vor auch in Deutschland produziert. Auf Grünlandstandorten, die etwa ein Drittel der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Deutschland ausmachen. Wobei allerdings seit 1990 bundesweit schon etwa 20 Prozent des Grünlands verloren gegangen sind.
"Kulturlandschaft offenhalten"
Für das Bundesamt für Naturschutz befindet sich gerade auf Grünlandstandorten die höchste biologische Vielfalt. Und sie sind auch für den Schutz von Gewässern, Boden und Klima von großer Bedeutung. Besonders, wenn sie extensiv genutzt werden. Zum Beispiel in den Mittelgebirgen. Andreas Krug:
"Es ist auch wichtig, dass wir unsere Kulturlandschaft offenhalten, denn wenn das Grünland verschwindet, ist es oftmals in den Mittelgebirgslagen nicht ackerfähig. Und dann verbuscht es und wird Wald. Das heißt unsere Landschaft würde sich dann auch ändern."
Deshalb will Baden-Württemberg über besondere Agrarumweltmaßnahmen dafür sorgen, dass das Grünland weiter wie bisher bewirtschaftet werden kann. Auch Niedersachsen hat ein Weidemilchprogramm aufgelegt. Denn die intensiv wirtschaftenden Betriebe in Niedersachsen, aber auch In Nordrhein-Westfalen und Bayern werden, so die Landwirtschaftskammer Niedersachsen und Florian Schöne vom Naturschutzbund Deutschland, die Grünlandstandorte besonders intensiv nutzen, um die Weltmarktnachfrage bei Milch befriedigen zu können.
"Die Entwicklung beobachten wir in vielen Regionen. Auf starkwüchsigen Grünlandstandorten. Dort werden schon mit Ausnahmegenehmigungen 230 kg Stickstoff pro Hektar ausgebracht. Das wird bis zu fünf, sogar sechs Mal pro Jahr geschnitten. Das ist eigentlich nur noch ein Grassacker und kein echtes Grünland mehr. Und damit hat es jegliche ökologische Wertigkeit auch verloren."
Negative Folgen für das Grundwasser
Dementsprechend steigt auch der Eintrag an Gülle. Mit negativen Folgen für das Grundwasser. Bei einer Produktion für den Export sieht der BUND zudem das Wohl der Tiere in Gefahr. Dass es den Tieren nicht so gut geht, wie man bisher dachte und wie der Verbraucher es will, das hat der Wissenschaftliche Beirat beim Bundeslandwirtschaftsministerium gerade erst angemahnt. Florian Schöne.
"Daher brauchen wir jede Initiative, die Qualität differenziert, Weidegang wieder honoriert. Vielleicht auch die Lebensleistung einer Kuh, anstatt die einmalige Laktation einer Kuh zu berücksichtigen. Wenn wir Perspektiven für kleinbäuerliche Betriebe, Betriebe in Schutzgebieten, schaffen wollen, dann müssen wir auf solche Initiativen setzen."
Die Zeit drängt, denn übermorgen fällt die Milchquote. Aber erst in der letzten Woche gab es eine Anhörung verschiedener Agrarverbände im Deutschen Bundestag. Dabei sprachen sich unter anderem die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und der Bundesverband deutscher Milchviehhalter dafür aus, auch künftig bei Bedarf in den Markt eingreifen zu können. Aus der Sicht des Naturschutzes sind noch andere Instrumente wichtig.
"Dazu gehört das Baurecht, dass wir keine 1.000-Kuh Ställe kriegen, die Agrarumweltmaßnahmen, aber auch die Nitratrichtlinie der Europäischen Union, die Wasserrahmenrichtlinie, also ein Mix an verschiedenen Instrumenten, die wir jetzt darauf anpassen müssen, hier gewissen Fehlentwicklungen vorzubeugen."