Ich dachte, ich sei ein Maler, aber ich habe mich getäuscht. Seine Schriften brachten ihm namhafte Preise ein, darunter schon 1972 den Booker-Preis, den er mit den Black-Panthers von Jamaika teilte.
Heute lebt er in einem Bergdorf in Hochsavoyen, weil er sich, wie er sagt, "dort näher an der wirklichen Welt fühlt". Bergers Fähigkeit zur kritischen Reflexion steht seinem intuitiven Zugang zum Leben und seiner Nähe zur Natur auch im poetischen Werk nicht im Wege. Im einleitenden Prosatext beschreibt er den persönlichen Hintergrund für ein Gedicht:
Seit ich zwölf Jahre alt bin, schreibe ich Gedichte, wenn ich nicht mehr weiter weiß. Gedichte entspringen einem Gefühl der Hilflosigkeit- daher ihre Kraft.
Die Hilflosigkeit ist ihnen nicht anzumerken, aber Bergers poetische Vitalität strömt aus nahezu jedem Vers. Er dichtet wie ein Maler, der mit kräftigen Pinselstrichen Dinge und Szenen unverrückbar auf die Leinwand setzt. Viele seiner Themen kommen unmittelbar aus seiner Umgebung in den Bergen. Er schreibt über das Dorf, über Erde, Wald,Ziegenhirten, über ein Tuch, einen Felsen, Pferde, vom "Mondaufgang des einsamen Hirten", ja, sogar über die Kartoffeln. Seit van Goghs frühem Gemälde "Die Kartoffelesser" sind sie zum ernsthatften Gegenstand großer Kunst geworden. Und ein wenig wirkt Bergers Gedicht aus dem Jahr 1979 wie ein poetischer Kommentar zum Gemälde van Goghs.
"Licht strömt von/ ihnen durch die Mondhaut/ den Toten zu Während des Schnees/ gehäuft in/ Kellern bieten sie/bedächtig Fülle der Suppe"
Berger zeigt eine standhafte Nähe zu den Dingen und zur Natur und ist auch darin den Gemälden und Zeichnungen des Holländers durchaus ähnlich. Und sogar die berühmten Porträts van Goghs, in denen er die Modelle, meist mit den Händen im Schoß, in schlichtester Gegenwart darstellt, finden in Bergers Gedichten Entsprechungen. So beschreibt er sein Porträt des verstorbenen Bauern Robert Jorat, der ihm beibrachte, wie man eine Sense mit dem Hammer schärft:
"Heute morgen, Robert, polierte ich meine schwarzen Stiefel zu deinem Abschied sollte alles stimmen, sollte rein sein.../ Hier neben deinem Grab sehe/ ich deinen Daumennagel/ er prüft die Klinge schmal/ wie ein Blatt"
Berger bleibt jedoch selten bei den Einzelheiten, die seinen Gedichten den Titel geben. Oft springt er von einem Bild und einem Gedanken zu den nächsten und kommt dabei zu überraschenden Assoziationen. Der Reichtum seiner poetischen Welt ist groß, und dennoch schreibt er im wesentlichen über die zentralen Themen des Lebens und der Kunst - über Geburt, Liebe, Natur und Tod. Wohl in keinem anderen Gedicht ist ihm das besser gelungen als in "Bergfrühling 1993". Es beginnt mit einer ländlichen Szenerie, in der er mit der Sense Gras mäht. Plötzlich ist er mit seinen Gedanken in einem Krieg, den erjin seinem umfassenden Unsinn und der immer alltäglicher werdenden Grausamkeit mit sparsamen Mitteln vergegenwärtigt »
"Die Sense mäht/ die Fenster in diesem Haus sind hell/ das erste Gras/ wer fehlt heute nacht?/ die Schwalben kehren zurück/ (.....) und tausend Kilometer südlich von diesem Haus/ haben die Verwundeten keine Betäubungsmittel/ die Schwalben ziehen weiter/ die Männer gehen in den Tod/ (....) das frische Laub/ belagerte Städte/ so winzig wie die lieben Fingernägel/ eines Babys dessen Mutter vergewaltigt und erschossen wurde/ weiße Blütenakupunktur/ und die Holzplanken der Scheune/ wo die Schwalben nisten/ das gleiche Holz wie das Kreuz/ ich mähe das Frühlingsgras/ auf dem Christus stirbt/ inmitten sonnendurchschienener Blüten/ staunend über des Himmels Bläue.
John Berger ist ein Schriftsteller und Poet, der entfernt von den Metropolen lebt und trotzdem -oder vielleicht gerade deshalb- zwischen Bauernhöfen, Wiesen und Pferden die Schwingungen und Erschütterungen des sogenannten großen Weltgeschehens klar und unmittelbar wahrnimmt. Die von Hans Jürgen Balmes besorgte Zusammenstellung seiner Gedichte zeigt dies in lyrischer Knappheit und in eindringlichen Bildern.
Heute lebt er in einem Bergdorf in Hochsavoyen, weil er sich, wie er sagt, "dort näher an der wirklichen Welt fühlt". Bergers Fähigkeit zur kritischen Reflexion steht seinem intuitiven Zugang zum Leben und seiner Nähe zur Natur auch im poetischen Werk nicht im Wege. Im einleitenden Prosatext beschreibt er den persönlichen Hintergrund für ein Gedicht:
Seit ich zwölf Jahre alt bin, schreibe ich Gedichte, wenn ich nicht mehr weiter weiß. Gedichte entspringen einem Gefühl der Hilflosigkeit- daher ihre Kraft.
Die Hilflosigkeit ist ihnen nicht anzumerken, aber Bergers poetische Vitalität strömt aus nahezu jedem Vers. Er dichtet wie ein Maler, der mit kräftigen Pinselstrichen Dinge und Szenen unverrückbar auf die Leinwand setzt. Viele seiner Themen kommen unmittelbar aus seiner Umgebung in den Bergen. Er schreibt über das Dorf, über Erde, Wald,Ziegenhirten, über ein Tuch, einen Felsen, Pferde, vom "Mondaufgang des einsamen Hirten", ja, sogar über die Kartoffeln. Seit van Goghs frühem Gemälde "Die Kartoffelesser" sind sie zum ernsthatften Gegenstand großer Kunst geworden. Und ein wenig wirkt Bergers Gedicht aus dem Jahr 1979 wie ein poetischer Kommentar zum Gemälde van Goghs.
"Licht strömt von/ ihnen durch die Mondhaut/ den Toten zu Während des Schnees/ gehäuft in/ Kellern bieten sie/bedächtig Fülle der Suppe"
Berger zeigt eine standhafte Nähe zu den Dingen und zur Natur und ist auch darin den Gemälden und Zeichnungen des Holländers durchaus ähnlich. Und sogar die berühmten Porträts van Goghs, in denen er die Modelle, meist mit den Händen im Schoß, in schlichtester Gegenwart darstellt, finden in Bergers Gedichten Entsprechungen. So beschreibt er sein Porträt des verstorbenen Bauern Robert Jorat, der ihm beibrachte, wie man eine Sense mit dem Hammer schärft:
"Heute morgen, Robert, polierte ich meine schwarzen Stiefel zu deinem Abschied sollte alles stimmen, sollte rein sein.../ Hier neben deinem Grab sehe/ ich deinen Daumennagel/ er prüft die Klinge schmal/ wie ein Blatt"
Berger bleibt jedoch selten bei den Einzelheiten, die seinen Gedichten den Titel geben. Oft springt er von einem Bild und einem Gedanken zu den nächsten und kommt dabei zu überraschenden Assoziationen. Der Reichtum seiner poetischen Welt ist groß, und dennoch schreibt er im wesentlichen über die zentralen Themen des Lebens und der Kunst - über Geburt, Liebe, Natur und Tod. Wohl in keinem anderen Gedicht ist ihm das besser gelungen als in "Bergfrühling 1993". Es beginnt mit einer ländlichen Szenerie, in der er mit der Sense Gras mäht. Plötzlich ist er mit seinen Gedanken in einem Krieg, den erjin seinem umfassenden Unsinn und der immer alltäglicher werdenden Grausamkeit mit sparsamen Mitteln vergegenwärtigt »
"Die Sense mäht/ die Fenster in diesem Haus sind hell/ das erste Gras/ wer fehlt heute nacht?/ die Schwalben kehren zurück/ (.....) und tausend Kilometer südlich von diesem Haus/ haben die Verwundeten keine Betäubungsmittel/ die Schwalben ziehen weiter/ die Männer gehen in den Tod/ (....) das frische Laub/ belagerte Städte/ so winzig wie die lieben Fingernägel/ eines Babys dessen Mutter vergewaltigt und erschossen wurde/ weiße Blütenakupunktur/ und die Holzplanken der Scheune/ wo die Schwalben nisten/ das gleiche Holz wie das Kreuz/ ich mähe das Frühlingsgras/ auf dem Christus stirbt/ inmitten sonnendurchschienener Blüten/ staunend über des Himmels Bläue.
John Berger ist ein Schriftsteller und Poet, der entfernt von den Metropolen lebt und trotzdem -oder vielleicht gerade deshalb- zwischen Bauernhöfen, Wiesen und Pferden die Schwingungen und Erschütterungen des sogenannten großen Weltgeschehens klar und unmittelbar wahrnimmt. Die von Hans Jürgen Balmes besorgte Zusammenstellung seiner Gedichte zeigt dies in lyrischer Knappheit und in eindringlichen Bildern.