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Wehe, wenn der Segen fehlt

Singen, beten, Bibel lesen: Das Angebot an christlichen oder kirchlichen Kanälen wie Bibel TV in Deutschland ist überschaubar und ähnlich in der Aufmachung. Konkurrenz machen ihnen die Gottesdienstübertragungen im Öffentlich-Rechtlichen.

Von Wolfgang Meyer | 20.09.2010
    Das kann jedem Fernsehzuschauer passieren: Dass er beim gelangweilten Programmwechsel, also neudeutsch beim "Zapping", zufällig auf eine relativ junge blonde Frau in einem rosa Kleid trifft. Diese Frau lächelt ihm dann freundlich verbindlich über den Flachbildschirm zu und fordert ihn dazu auf, die Stimme zu erheben...

    "Herzlich Willkommen bei Sing mit."

    ...es ist aber auch möglich, dass ein männlicher Sprecher ebenso freundlich mit sonorer Stimme zum Gespräch mit Gott einlädt.

    "Hören Sie die Andacht zum Bibeltext des Tages und beten Sie anschließend mit für das Anliegen Gottes!"

    Zum Anliegen dieses Senders gehört es...

    "...den Menschen den Inhalt der Bibel näherzubringen."

    So dokumentiert es die ALM, die Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten:

    "Zum Programmschema gehören Spielfilme, Serien, Dokumentationen und Musikvideos zu biblischen Themen."

    Der Fernsehzuschauer ist bei Bibel TV gelandet. Diesen Sender gibt es seit acht Jahren, digital über Satellit, im Kabel oder hier und da via DVB-T.

    "Wir sind das erste christliche Spartenprogramm in Deutschland, was es anderswo längst gibt, gibt es jetzt auch in Deutschland."

    So hat es damals, beim Start des Sendebetriebs, der Bibel-TV-Geschäftsführer angekündigt, Henning Röhl, ehemaliger Fernsehdirektor des Mitteldeutschen Rundfunks.

    "Dass Gott uns liebt, davon möchten wir immer wieder singen."

    Der möglicherweise weniger an Gesang interessierte Zapper auf dem Sofa mag nun weiterschalten. Falls er auf einen Vergleich aus ist, kann er es mit Hope Channel versuchen, einem Sender, der laut Angabe der ALM von einem Verein namens "Stimme der Hoffnung" betrieben wird, dem wiederum Mitglieder der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten angehören.
    Und es gibt weitere, K-TV etwa, hier steht "K" nicht für katholisch, sondern für das griechische Wort Kephas, zu deutsch: Fels. Die beiden Besitzer, ein österreichischer Privatmann und ein schweizer Pfarrer, scheinen ihr Programm als einen Rom-treuen Felsen in der gottlosen Medienbrandung zu begreifen, so und ähnlich drücken sie es in Interviews selbst aus. Und dann wäre da noch God TV, ein englische Unternehmen. Das Angebot an christlichen oder kirchlichen Kanälen in Deutschland ist durchaus überschaubar. Art, Aufmachung und Anmutung sind sich dabei ähnlich. Manchen gelangweilten Zapper auf dem Sofa mag die nicht in jedem Fall 100-prozentige Professionalität zum Schmunzeln bringen.

    "In Jesus ist Freude, selbst wenn wir leiden müssen."

    Zuweilen ist das offenbar gewollt, wenn etwa der charismatische TV-Rageber in Sachen Liebe gezielt seinen Humor einsetzt.

    "Mein Liebling, mein Liebling, ich liebe dich, ich liebe dich, ich liebe dich, für dich gehe ich durch Feuer und Wasser - PS bis heute Abend an der Busstation, wenn's nicht regnet."

    "(...) Wir haben das Magazin, das wir auf Bibel TV bringen, wir haben eine Gesprächssendung, die relativ häufig auf Bibel TV läuft, wir haben Spielfilme, internationale Spielfilme, wir haben aber auch darüber hinaus christliche Spielfilme, Spielfilme mit einer insgesamt christlichen Aussage, da gibt's eine ganze Reihe auf dem internationalen Markt, und wir selbst sind sehr froh, dass wir sie haben..."

    Röhl muss sich auf dem Fernsehmarkt der christlichen Möglichkeiten gegen hartnäckige Konkurrenz behaupten, gegen eine Konkurrenz mit wesentlich längerer Tradition.

    "Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag."

    Gegen "Das Wort zum Sonntag" im Ersten zum Beispiel. Das ist der Prototyp aller Verkündigungsformate im Fernsehen. Diese Sendung hatte einst einen gewichtigen Stellenwert - sie schloss vor der Nationalhymne das Programm. Am Anfang war das Wort am Ende.

    "Unser Thema ist, den eigenen Glaubensweg zu finden. Dazu lade ich Sie ein!"

    Und das ist die andere traditionelle Konkurrenz: Schon seit Jahrzehnten, sagt Johanna Haberer, Theologin und Professorin für christliche Publizistik, schon seit Jahrzehnten gehört die Gottesdienstübertragung im Zweiten Deutschen Fernsehen morgens um halb zehn zum fast schon rituellen Beginn des Sonntags. Und das gilt für regelmäßig gut eine Million Zuschauer.

    Johanna Haberer erklärt: "(...) Die Erfolge, die man bei gut gemachten zum Beispiel Gottesdienstübertragungen hat, die sind natürlich nicht zu übersehen. Das ZDF ist oder zumindest war immer am Platz Eins am Sonntagmorgen mit seinen Gottesdienstübertragungen."

    "Wir wollen nun um den Segen Gottes bitten."

    Haberer: "(...) Und was man den Zuschauern antut, wenn man zum Beispiel den Segen weg schneidet, wenn ein Gottesdienst zu lang dauert, das kann man dann sehen an der Hörerpost, das ist einmal passiert, da hat ein Gottesdienst zu lang gedauert, und dann hat der Programmdirektor den gekürzt ohne Segen, und das wird er nicht wieder tun."

    Die Gottesdienstübertragung ist - wie es scheint - ein realer Ersatz für den Gottesdienst, und der Segen, so die Theologin, wirkt auch durchs Kabel oder per Satellit.

    "Dazu kann ich nur sagen, dass wir deswegen in der ARD und im ZDF Gottesdienste nur live übertragen, weil die Vorstellung ist, dass der Segen, die katholische Vorstellung, die haben einen sehr starken, eine sehr magische Vorstellung vom Segen, stärker als die Evangelischen, die haben dann auch schon mal eine Aufzeichnung, dass das sozusagen zeitgleich passieren muss, deswegen sind mit einem hohen Aufwand im öffentlich-rechtlichen Fernsehen alle Gottesdienstübertragungen live."

    Was ist aus dem Zapper auf dem Sofa geworden? Bei welchem Sender ist er hängen geblieben? Bei ARD oder ZDF, bei K-TV? Vielleicht im Hope Channel? Oder bei Bibel TV? Die Frage ist nicht zu beantworten.

    "Bibel TV bringt Farbe ins Leben, jetzt das kostenlose Programmheft anfordern!"

    Und ob der zufällig hier Gelandete dies tut, bleibt ebenfalls offen. Diese religiösen Programme gewinnen in aller Regel keine Zufalls-Zuschauer.

    Haberer: "(...) Es handelt sich um eine Gruppe von Zuschauern, die Christentum pur, die Religion sehr profiliert vertreten, wir nennen sie in der kirchlichen Umgangssprache die eher evangelikalen Christen, (...) und denen ist oft das, was im Öffentlich-Rechtlichen an Religionssendungen oder an Verkündigungssendungen übertragen wird, zu wenig eindeutig, zu wenig christusbezogen, zu wenig bekennerisch."

    Und deswegen suchen sich jene, die zur Zielgruppe gehören, auch ganz gezielt ihre Programme aus. Das ist auch die Erkenntnis des Medienwissenschaftlers Jürgen Kaiser.

    "Ich denke dass Menschen sehr, sehr differenziert sich ihre Programme heraussuchen, und das heraussuchen, was sie brauchen."

    Er sollte es wissen. Jürgen Kaiser ist seit Jahrzehnten einer der Experten in dieser Branche. Er ist Geschäftsführer und Sprecher des evangelischen Medienhauses, und er hat das erste Internet-TV der evangelischen Kirche ins Leben gerufen.

    "Man muss genau anschauen, die Altersgruppe, wie kommuniziert die, wie geht die miteinander um, wo trifft die sich, sie haben eine ganze Menge Leute, die erreichen sie mit dem Fernsehen überhaupt nicht, zum Beispiel die Jugendlichen, da müssen sie ins Facebook, da haben sie im Fernsehen nichts mehr verloren."

    Anhand seiner Medienforschung - so Kaiser - lasse sich also auch sehr exakt ermitteln, wer welche Zielgruppe erreicht. Für die klassischen Gottesdienstübertragungen am Sonntagmorgen etwa gelte:

    "Das ist ein Format von Leuten, die auch einen solchen Gottesdienst gewohnt sind, entweder aus ihrer Erziehung oder ihrer Herkunft her, und jetzt einfach nicht mehr hingehen können und dann zum Beispiel die ZDF-Gottesdienste anschauen, die sehr beliebt sind, aber natürlich bei einer bestimmten Altersgruppe, die aufgewachsen ist mit Gottesdienstformen, also sagen wir mal im Klartext: über 55, und zwar deutlich. Und für alle anderen, na für die passt es schon gar nicht mehr, (...) die können mit solchen Gottesdienstformen gar nichts mehr anfangen, wenn sie die im Fernsehen bringen, dann wirkt es nur exotisch."

    Daraus ergebe sich Handlungsbedarf, sagen jene mit christlichem Sendungsbedarf: mit der Zeit zu gehen, modernste Verbreitungstechniken zu nutzen. Eben zum Beispiel - wie es Jürgen Kaiser bereits vorgemacht hat - demnächst im Internet, also in Sozialnetzwerken wie etwa Facebook, die christlichen Botschaften zu hinterlassen. Im übrigen wäre dies gar nicht so revolutionär wie es klingt, erklärt die Publizistikprofessorin Johanna Haberer.

    "Also, die Kirchen haben sich immer, insbesondere die evangelische Kirche, traditionell der neuesten Medien bedient, das kann man gut studieren an der Reformation, das ist ein mediales Marketingereignis erster Güte, und natürlich haben die Kirchen die Vorstellung, dass das, was sie zu sagen haben, und die Christen, so wichtig ist, dass sie auf den Sendern vorkommen sollen müssen."

    Sendungsbewusstsein. Im Sinne des Wortes. Oder steckt mehr dahinter? Was treibt die Betreiber der privaten Religionssender an?

    "Schon Generationen wurden durch solche Choräle gestärkt... "

    Mit welcher Motivation stellen sie ihre Programme zusammen?

    "Entdecken Sie ganz neu..."

    Geht es um Geld? Gleichen die frommen Prediger den Geldwechslern im Tempel? Wollen sie sich die Taschen voll machen?

    "Zum exklusiven Vorteilspreis von nur 14,99!"

    Das ist ein schnell abgerufenes Klischee. Gestärkt durch Hollywoodfilme und durch Beispiele aus der Realität, zumindest der amerikanischen.

    "Ich möchte euch erzählen, wie man ein Friedensstifter wird. Wenn wir gesunde Beziehungen haben wollen, dürfen wir uns nicht über Kleinigkeiten streiten...", sagt etwa Prediger Joel.

    Viele werden deshalb misstrauisch, wenn sie solche Predigten hören. Ist das womöglich einer von denen, die einen modernen Ablasshandel betreiben: Du kannst Dir dein Heil kaufen. Wenig Geld - wenig Heil, viel Geld - viel Heil. Nein, in diesem Fall nicht.

    "(...) wenn jemand nicht meiner Meinung ist, heißt das nicht, dass er Unrecht hat, er ist nur anders, es gibt keine perfekte Ehefrau, keinen perfekten Boss, nicht mal einen perfekten Pastor, obwohl ich nah dran bin..."

    In diesem Fall ist das Misstrauen unangemessen. Dieser Prediger namens Joel ist kein Geldeintreiber, er nimmt seine Mission offenbar ernst. Nur deshalb flimmern seine Botschaften auch auf deutschen Bildschirmen. Hier haben wir keine Abzocker, sagt Professor Haberer, hier ist eben nicht Amerika.

    "(...) Die Religionspolitik, die die Amerikaner gemacht haben, nach dem Motto, es darf jeder, der sich christlich nennt, einen eigenen Sender gründen und dann Geld damit sammeln und dann daran sich reich und mächtig machen - dieses Konzept funktioniert in Deutschland mit den sehr auch aufmerksamen Lizensierungsbehörden nicht."

    "Rufen Sie jetzt an und sparen sie drei Euro!"

    In Deutschland wachen die Lizensierungsbehörden, also die Landesmedienanstalten sehr genau darüber, dass solche Einnahmen nur im Rahmen der üblichen Werbung erzielt werden.
    Und dass diese Behörden dabei streng sind, hat sich im Frühjahr gezeigt, als die Medienanstalt Berlin-Brandenburg die Lizenz für das christliche Radio Paradiso nicht verlängerte mit der Begründung, im Programm komme fast nur noch Musik vor, ein christliches Profil sei nicht zu erkennen. Schon das rechtfertigte für die Behörden eine Vertreibung aus dem Radio-Paradies, und dies, obwohl es mächtigen und schwergewichtigen Protest von der Evangelischen Kirche Deutschland gab.

    "Jesus, du allein bist genug, du bist alles für mich."

    Wie aber decken private christliche Sender in Deutschland ihre Kosten?

    "Christen, die schon länger im Glauben unterwegs sind, können viel auf Bibel TV entdecken."

    Ganz einfach: mit Spenden.

    "(...) Und das geht nur gemeinsam, mit ihrer Hilfe, Weitersagen, Beten, Spenden!"

    Haberer: "(...) Bibel TV wird finanziert von einem Unternehmer, Herrn Rentrop, und Bibel TV wird zusätzlich finanziert und fast vollständig inzwischen von den Beiträgen der Zuschauer."

    Und dieser Zuschauer ist dadurch wiederum seinem Sender besonders eng verbunden. Nicht von ungefähr nimmt Bibel TV Chef Henning Röhl mit jedem Neuspender persönlichen Kontakt auf. Danke für Ihre Hilfe! Per Brief oder via Telefon:

    "(...) Wir hatten im letzten Jahr registriert 31.000 Zuschauer, die gespendet haben, (...) und so haben wir im letzten Jahr etwa 5,8 Millionen Euro an Spenden gehabt."

    Das klingt nach viel Geld, ist es ja auch, aber für eine Fernsehanstalt im Vollbetrieb füllen 5,8 Millionen Euro normalerweise gerade einmal die Portokasse. Sender wie Bibel TV sind deshalb angewiesen auf möglichst kostenlose Programminhalte. Das Wenigste, was über die Bibel-TV-Frequenzen geht, ist selbst produziert. Viele Sendungen sind Geschenke oder günstige Übernahmen, ein Magazin der Steyler Missionare etwa, Gottesdienstübertragungen aus den Vereinigten Staaten oder Produkte der evangelikalen Nachrichtenagentur Idea.

    Aber kommen die Botschaften auch an? Den Fernsehaposteln ergeht es in der Regel nicht anders als ihren berühmten Vorgängern vor 2000 Jahren. Viele Samen landen unter den medialen Dornen. Sie müssen glauben und vertrauen. Sie müssen sich an das halten, was ihnen Medienwissenschaftler und Statistiker sagen, sie müssen Zahlen auswerten - und sich auf eigene Erfahrungen verlassen, so wie Henning Röhl:

    "Mittlerweile glaube ich auch, dass wir relativ viele Zuschauer haben, (...) auf einmal wird man von Leuten angesprochen, die Bibel TV sehen."

    Nach Angaben der Landesmedienanstalten kann der Sender in 19 Millionen Haushalten empfangen werden. Diese Zahl sagt aber nichts darüber aus, wie viele Zuschauer Bibel TV tatsächlich einschalten. Es gibt nur etwa den Anhaltspunkt, dass zum Beispiel 160.000 Menschen regelmäßig das Programmheft beziehen. Und nach eigenen Bibel-TV-Angaben sind es - wie bei den christlichen ARD- und ZDF-Angeboten - eher ältere Zuschauer, das Durchschnittsalter 51 Jahre. Knapp 70 Prozent der Zuschauer wohnen im eigenen Haus. Und es scheint auch klar zu sein, was die Zuschauer wollen: Antworten auf andere, existentiellere Fragen.

    "Wie gehe ich mit Beziehungen um? Was macht mein geistliches Leben aus? Wie steht es um meinen Charakter?"

    "Wo komm ich her, wo geh ich hin, was bin ich für ein Geschöpf, was ist das mit dem Leben nach dem Tode, warum muss ich sterben..."

    ...und eine weitere Frage ist nach wie vor unbeantwortet: Welche Motivation haben die Betreiber der privaten Religionssender, Antworten auf solche Fragen zu geben? Wenn es nicht darum geht, Geld zu verdienen, worum geht es dann?

    "(...) Ich hab immer eine Beziehung zu meinem christlichen Glauben gehabt...", sagt Henning Röhl.

    Das scheint die Antwort zu sein: Hinter diesen Boten des Glaubens stecken von ihrer Mission Überzeugte - also gläubige Christen.

    "Ja also man muss auf jeden Fall mal Herzblut haben und zwar in dem Fall evangelisches oder katholisches ... "

    So bestätigt es Jürgen Kaiser vom evangelischen Medienhaus.

    "( ... ) Sie müssen sozusagen auch innerlich brennen, weil sonst kriegen sie da kein Feuer durch die Leitung."

    Wer aber kontrolliert dieses Feuer? Auch dies ist die Aufgabe der Landesmedienanstalten, und die schauen über die Beiräte der Sender sehr genau auch auf die Inhalte, bestätigt Johanna Haberer, die Professorin für christliche Publizistik.

    "Wen lizensieren wir, wer ist da dabei, wer ist da der Sprecher, (...) und die gucken, dass hier nicht aufgerufen wird zu ( ... ) Verfolgung wie es in den USA ist, von Ärzten, die Abtreibungen vornehmen und so weiter und so fort. Also da wird natürlich von allen Seiten drauf geachtet."

    "Die Macht des Gebets ist eine güldene Waffe gegen das Böse."

    In den Vereinigten Staaten ist es jedem selbst ernannten Christen möglich, zu einer solchen Jagd auf Anders- oder Nichtgläubige aufzurufen oder eben auf Ärzte, die Abtreibungen vornehmen. In Deutschland verhüten dies nicht allein die Medienanstalten, sondern auch die großen Kirchen. Bibel TV etwa gehört zu 52 Prozent einer Stiftung des Unternehmers Norman Rentrop. Zu den Teilhabern zählen aber auch neben weiteren die Astratel, eine 100-prozentige Tochter der Katholischen Kirche und die EKD-Media, das Medien-Unternehmen der Evangelischen Kirche. Johanna Haberer war damals, bei der Gründung von Bibel TV, direkt beteiligt, obschon sie ursprünglich ein ganz anderes Ziel verfolgt hatte:

    "Die Grundidee, die ich damals als Rundfunkbeauftragte der EKD hatte, mit anderen aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zusammen, war, dass wir einen digitalen Religionssender aufmachen, wo wir die verschiedenen Religionen in ein Gespräch miteinander führen, (...) also ich hätte mir da einen sehr interessanten Sender vorstellen können, wo man auch aufklärt, und wo man vielleicht auch muslimische Mitbürger, die jetzt immer einfach durch ihre Satellitenschüssel an dem jeweiligen Prediger in ihrem jeweiligen Land hängen, vielleicht hätte sanft integrieren können."

    Diese Pläne aber, so die Professorin, blieben damals in der Schublade. Eine Beteiligung der Evangelischen Kirche an Bibel TV war dann - dies räumt sie offen ein - der Versuch, wenigstens ein wenig die Kontrolle über die Verkündung des Wortes zu behalten.

    "Und damals war eben die Situation, dass verschiedene Ansätze von den Pfingstlern, von den Baptisten, (...) die wollten alle selbst einen Fernsehsender gründen. Und Bibel TV ist das Unterfangen, alle, die sehr engagiert christlich profiliert sind, unter einen Hut zu holen, und zwar unter Beteiligung und unter Sperrminorität der beiden großen Kirche."

    "Da kann man nur staunen, staunen, du bist nicht allein..."

    Ein letzter Blick auf den Fernsehzuschauer auf dem Sofa, auf den gelangweilten Zapper. Ist es denkbar, dass etwa die evangelikalen Botschaften ihn überzeugen, ihn ebenfalls in die evangelikalen Kreise hineinlocken? Sorgen Bibel TV und andere für evangelikalen Nachwuchs? Jürgen Kaiser, der Medienwissenschaftler, schüttelt den Kopf:

    "Das wirkt so nicht. Und so wirkt auch Fernsehen nicht. Wissen sie, wenn es so einfach wäre, dann müsste ja, wenn ein ordentlicher Western gezeigt würde im Fernsehen, anschließend gleich eine Gewaltorgie ausbrechen, das funktioniert ja auch nicht. (...) Ich denke, dass viele dieser religiösen Sendungen von Menschen angeschaut werden, die darin etwas suchen, was sie täglich brauchen, ( ... ) nämlich eine Bestätigung. Ich bekomme im Fernsehen das bestätigt, an das ich ohnehin glaube."

    Ganz gleich also, ob unser Zapper auf dem Sofa bei Bibel TV und im Hope Channel hängen bleibt oder zu ARD oder ZDF wechselt, es schadet ihm weder das eine noch das andere. Was ihm nutzt und für ihn gut ist, muss er am Ende selbst entscheiden.