Mammuts. Eine kleine Herde zieht über die Ebene. Plötzlich bricht eines der Tiere ein. Es ist Urzeitjägern in die Falle gegangen. Ein seltener Glücksfall, denn die Gletscher rücken immer näher. Endlich gibt es wieder Fleisch. Gib mir vom Mammut, bettelt eine Schwangere, nennen wir sie Eva. Der Führer der Horde stößt sie zurück. Seine Gefährtin heißt Lilith und auch sie ist schwanger. Lilith kann sich satt essen. Eva aber kaut auf Flechten und ihr Magen knurrt.
"Der sich entwickelnde Fetus und das neugeborene Kind erhalten Signale von der Mutter über die Umwelt draußen. Dinge wie ihre Nahrung, ob sie Stress hat, sogar ob sie dick oder dünn ist. Natürlich, ob sie raucht, Gifte in der Umwelt. All diese Dinge setzt das Baby in eine koordinierte Strategie um. So erhöht es seine Chancen, zu überleben, gesund zu bleiben und selbst Kinder zu bekommen."
Gesundheit und Krankheit – was einen Menschen erwartet, wird von zwei Faktoren beeinflusst: von den Genen, die ein Mensch von seinen Eltern erbt, und von der Umwelt, in der er lebt. Mark Hanson von der Universität im englischen Southampton hat zusammen mit seinem neuseeländischen Kollegen Peter Gluckmann einen dritten Faktor gleichberechtigt in den Fokus der Forschung gestellt: die Entwicklung des Kindes vor und kurz nach der Geburt.
"Wenn Du erwartest, dass das Leben außerhalb des Mutterleibs hart sein wird, dann ist dieses Leben wohl kurz. Also beschleunigst Du Deine Entwicklung. Du nimmst in Kauf, klein geboren zu werden. Du investierst nicht so viel in energiehungrige Gewebe, etwa in Muskeln. Dafür baust du so viel Fett wie möglich auf, um über schlechte Zeiten zu kommen. Sobald diese Entscheidungen gefallen sind, ist es sehr schwer, sie zu revidieren. Kurz nach der Geburt stecken wir fest in einem Körper, einem Stoffwechsel, der den Kurs unseres Lebens bestimmen wird."
Das sei kein Entwicklungsfehler, meint der Herzkreislauf-Experte Jonathan Seckl von der Universität Edinburgh, sondern ein sinnvolles Notprogramm. Die Wurzeln vermutet er tief in der Vergangenheit.
"Das gibt es von den niedrigsten Tieren bis hinauf zu komplexen Säugern und unserer eigenen Art. Was sich so stabil im Laufe der Evolution erhalten hat, muss zumindest einen kleinen Vorteil bringen. Meine Vermutung lautet, da gibt es ein 'Alles ist in Ordnung'-Programm und ein 'Da draußen erwartet Dich ein hartes Leben'-Programm. Und der Nachwuchs erhält die Anweisung, sich für das eine oder das andere zu entscheiden."
Immer kälter wird es in der Gegend, die Horde muss weiterziehen. Aber vorher werden noch zwei Kinder geboren. Eva, mager und knochig trotz ihres dicken Bauches, bekommt eine Tochter. Sie ist klein. Sie wird nicht leben, fürchtet die Heilerin. Das Kind von Lilith dagegen erfreut sie. Ihr Sohn ist dick und rund. Lilith hat immer Fleisch bekommen, solange Fleisch da war.
Der dänische Hungerwinter 1944/45. Am Ende des Zweiten Weltkriegs stoppen die Nationalsozialisten zeitweise alle Nahrungsmitteltransporte in den Norden Dänemarks. Es gibt kaum Essen, zusätzlich wird der Winter in jenem Jahr extrem hart. Rund 18.000 Menschen starben. Die Folgen der Hungersnot sind noch heute zu spüren, das zeigen Forschungen der Universitäten von Amsterdam und Southampton. Frauen, die während des Hungerwinters schwanger waren, bekamen kleinere Babys. Diese Kinder hatten ein deutlich erhöhtes Risiko, später übergewichtig zu werden, litten häufiger an der Zuckerkrankheit und an Herz-Kreislaufproblemen. Und selbst heute noch haben die Kinder dieser Kinder ein niedrigeres Geburtsgewicht.
Die Erfahrung des Hungers noch im Mutterleib hinterlässt Spuren. Dauerhaft. Der Stoffwechsel wird auf Mangel geeicht, lagert gierig all das Fett, alle Kalorien ein, die ihm zugeführt werden. Dabei lässt sich die frühe Weichenstellung kaum rückgängig machen, weil sie fest in die genetische Betriebsanleitung eingeprägt ist. Jede Zelle eines Menschen muss dessen Erbgut interpretieren. Muss sich aus der Fülle der Informationen genau die heraussuchen, die sie für ihre Aufgabe benötigt. Alle anderen Gene werden stummgeschaltet durch Methylgruppen, kleine chemische Markierungen auf der DNA. Mark Hanson:
"Diese Markierungen verändern nicht die Gene, die Sie von Mama und Papa geerbt haben, aber sie beeinflussen, wie diese Gene im Körper arbeiten."
Epigenetik – "über der Genetik", nennt sich diese Ebene der Steuerung. Sie sorgt zum Beispiel dafür, dass ein Muskelgen nicht in einer Nervenzelle aktiv ist. Die Muster der sogenannten DNA-Methylierung werden während der Frühentwicklung festgelegt, und bleiben in den verschiedenen Zelltypen ein Leben lang erhalten. Für Mark Hanson ist entscheidend, dass die epigenetische Prägung des Fetus auch auf Signale aus der Umwelt reagiert. Sie sei die biologische Basis für den Notfallplan der Babys, glaubt er.
"Wir können solche epigenetischen Varianten bei den Babys von unterernährten Müttern feststellen, und auch bei den Müttern im normalen Ernährungsspektrum der westlichen Gesellschaften. Diese epigenetischen Varianten werden bis an die Enkel weitergegeben."
Eine Unterernährung der Mütter führt zu dauerhaften epigenetischen Veränderungen auch in den Keimzellen der Feten. Wenn diese dann später ihrerseits Kinder bekommen, geben sie den epigenetischen Stempel an die Enkelgeneration weiter, vermutet Mark Hanson. Mit weitreichenden Folgen.
"Die Signale aus der Umwelt beeinflussen das Wachstum und die Entwicklung aller wichtigen Organsysteme wie Herz, Gefäße, Nieren, mit wie viel Fettgewebe das Baby geboren wird und mit wieviel Muskeln. Und all das beeinflusst später seinen Lebensweg."
Deuten die Signale im Mutterleib auf ein hartes Leben hin, dann wächst der Fetus langsamer, die Geburt wird einfacher. Er bildet weniger Nierenkörperchen. Dadurch steigt der Blutdruck, das ermöglicht rasche Reaktionen. Er produziert mehr insulinbildende Zellen in der Bauchspeicheldrüse. Der Körper speichert Nahrung schnell und effektiv. Vor allem aber reagiert das am schnellsten wachsende Organ, das Gehirn. Es kommt zu dauerhaften Veränderungen in Nervenknoten, die die Energiereserven im Körper überwachen oder Hungergefühle auslösen. Die Folge: das Baby hat deutlich mehr Appetit. Wenn es denn Essen gibt, kann das niedrige Geburtsgewicht schnell ausgeglichen werden.
Die Gruppe ist weitergezogen, Mammuts sind ihnen nicht mehr begegnet. Es gibt wenig zu essen, Wurzeln, Körner, gelegentlich ein Hase. Liliths Sohn quengelt, immer ist er hungrig, nie zufrieden. Dabei bekommt Kain als Sohn des Anführers größere Portionen. Evas Tochter hat ihren Rückstand aufgeholt. Sie gedeiht, ist lebhaft, neugierig, aber sie muss auf der Hut sein. "Gib mir den Knochen." Liliths Sohn weiß, was er will - und nimmt es sich.
In grauer Vorzeit hat das Notprogramm das Überleben der Babys gesichert, sie optimal angepasst an eine karge, wechselhafte Umwelt. Doch die Zeiten änderten sich. Mark Hanson:
"Die Strategie ist eigentlich gut, kann heute aber zu Problemen führen. Vor allem, wenn man in einer reichen Gesellschaft aufwächst, mit fettem und kohlenhydratreichem Essen, wo man sich kaum bewegt. Das ist einer der Gründe, weshalb die Herz-Kreislaufleiden und die Zuckerkrankheit so dramatisch ansteigen in westlichen Ländern wie Deutschland."
Im indischen Pune leitet Chittaranjan Yajnik eine Studie zur Ernährung von Müttern. Sein Team verfolgt Schwangerschaften in den umliegenden Dörfern und begleitet die Kinder weiter. Bei der Geburt wiegen die Babys durchschnittlich nur 2,7 Kilogramm.
"Diese Babys sehen klein aus, sie sind mager, aber wir haben herausgefunden, dass dieser Anblick täuscht. Unter der Haut haben sie erhebliche Fettmengen. Sie haben mehr Fett im Bauchraum als ein englisches Baby, das 800 Gramm schwerer ist. Wir nennen sie die dünnen, fetten Babies."
Geboren werden die Kinder in kleinen Dörfern, aber viele ihrer Familien suchen danach ihr Glück in der Stadt. Dort gibt es Arbeit, dort gibt es Geld – und fette Nahrung. In der Stadt wird Fast Food gegessen, und körperlich gefordert sind die Menschen viel seltener. Die ursprünglich kleinen Kinder legen in der Stadt rasch an Gewicht zu – und sind dann im Alter von 12 Jahren häufig übergewichtig, haben hohe Blutdruck- und Cholesterinwerte. Yajnik:
"Klein auf die Welt zu kommen und dann fett zu werden, ist der wichtigste Risikofaktor für die Krankheiten der Moderne."
Indien gilt inzwischen als Hochburg der Zuckerkrankheit, hier leben besonders viele Menschen mit Herz-Kreislaufleiden. Und alle Prognose weisen nach oben. Chittaranjan Yajnik ist gleichwohl verhalten optimistisch. Erste Studien zeigen, dass vor allem ein Mehr an Vitamin B12 in der Ernährung der Mütter die langfristigen Gesundheitsaussichten der Kinder verbessert. Wenn sich das in größeren Untersuchungen bestätigt, könnte Indien seinen Gesundheitsproblemen zumindest teilweise mit einfachen Mitteln entgegenwirken. Yajnik:
"Das Aufregende ist, dass wir hier über Ernährung und Bewegung eingreifen können, damit sich die Gene richtig benehmen."
Överkalix - eine kleine Gemeinde in Nordschweden, weit ab vom Schuss, unauffällig. Die Pfarrer in Överkalix haben gut Buch geführt, Geburten, Hochzeiten, Sterbefälle über Jahrhunderte genau verzeichnet. Und nicht nur das, es gibt auch Einträge zu Ernteerträgen und Lebensmittelpreisen. Lars Olov Bygren von der Umeå Universität und Marcus Pembrey aus London können so das Schicksal der Einwohner von Överkalix über viele Generationen verfolgen. Dabei zeigt sich: wie Großvater aufwuchs bestimmt die Perspektiven seiner Enkel, während Großmutters Jugend noch ihre Enkelin prägt. Magere Jahre erhöhen die Lebenserwartung zwei Generationen später, Zeiten des Überflusses legen dagegen den Grundstein für die Zuckerkrankheit der Enkel.
Das Beispiel Överkalix zeigt: Nicht nur eine Hungersnot, auch eine Überernährung im Mutterleib hinterlässt ihre Spuren. Das klingt paradox. Aus Sicht des Fetus aber gibt es einen gemeinsamen Nenner von Mangel und Überfluss, und der heißt Stress. Der mütterliche Stoffwechsel antwortet auf ein Zuviel an Fett und Zucker mit der Bildung von Hormonen und Entzündungsstoffen. Auf die reagiert der Fetus viel empfindlicher als der Körper seiner Mutter. Er deutet sie ähnlich wie einen Mangel und wirft sein "Die Welt ist hart"-Notfallprogramm an. In einer Gesellschaft des Überflusses eine fatale Entscheidung. Knapp ein Drittel der gebärfähigen Frauen in Deutschland ist heute übergewichtig. Und zwischen zehn und zwanzig Prozent der Schwangeren entwickeln eine Glukosetoleranz-Störung, eine Vorform der Zuckerkrankheit.
"Solche Stoffwechselstörungen verlaufen in der Regel unbemerkt, ohne irgendwelche Beschwerden bei der betroffenen Mutter und führen dazu, dass der Fetus, der sich im Mutterleib entwickelt, einer regelrechten Glukosemast ausgesetzt ist. Von der wiederum wissen wir mittlerweile sehr gut, dass sie über hormonelle Veränderungen, vor allem über ein Zuviel an Insulin während kritischer Entwicklungsphasen, eine regelrechte Veranlagung für dauerhaft zu hohes Körpergewicht, für Adipositas, für zu hohe Nahrungsaufnahme in sich birgt. Und dass auch auf diesem Wege die betroffenen Kinder lebenslang ein erhöhtes Risiko haben, selbst Diabetes zu entwickeln, Übergewicht oder Herzkreislauferkrankungen."
Untersucht hat Andreas Plagemann die Zusammenhänge im Tiermodell. An der Berliner Charité fütterte er trächtige Ratten und Mäuse entweder mit Standardfutter oder mit besonders fetter, kalorienreicher Nahrung. Das Methylierungsmuster auf der DNA des Nachwuchses veränderte sich entsprechend. Besonders auffällig waren die Spuren des Notfallprogramms in den Appetitzentren des Gehirns. Die Bildung eines Sättigungshormons war gedrosselt, sein Gegenspieler dagegen überaktiv. Übergewicht und Zuckerkrankheit der Rattenmütter führten so direkt zu Übergewicht und Zuckerkrankheit des Rattennachwuchses. Matthey Gillman, Epidemiologe an der Harvard Medical School in Boston:
"Sie sehen, hier könnte ein generationsübergreifender Teufelskreis entstehen. Diabetes erzeugt Fettleibigkeit in den Nachkommen und Fettleibigkeit führt zu Diabetes in der nächsten Generation. Das ist sehr wichtig zu verstehen, schließlich schießen überall auf der Welt die Zahlen für Diabetes in den Himmel. Besonders in den Entwicklungsländern werden die Leute durch die Veränderungen im Lebensstil immer dicker."
Inzwischen scheint klar: Die wachsende Zahl übergewichtiger Frauen und Männer in westlichen Gesellschaften geht nicht allein auf eine ungesunde Ernährung zurück. Die Entwicklung wird zusätzlich über den Mutterleib in der nächsten Generation dramatisch verstärkt. Und so wird eine Frage immer dringlicher: Wie lässt sich der Teufelskreis durchbrechen? Eine drastische Maßnahme schlägt John Kral vor. Er ist Spezialist für Adipositas. Bei extrem übergewichtigen Menschen gestaltet der New Yorker Chirurg Magen und Darm um. In der Folge verlieren die Patienten viel Gewicht. Zusammen mit Kollegen aus Quebec hat John Kral adipöse Mütter untersucht, die sowohl vor als auch nach einer solchen Operation Kinder gebaren.
"Ich konnte diese Kinder und ihre älteren Geschwister bis ins junge Erwachsenenalter begleiten. Die Kinder vor der Operation, als die Mütter noch fettsüchtig waren, litten an Bluthochdruck, an der Zuckerkrankheit. 70 Prozent hatten selbst extrem hohes Übergewicht. Bei den Kindern, die nach der Adipositas-Operation geboren wurden, sank die Häufigkeit auf 37 Prozent, das ist immer noch hoch, aber das ist eben der Durchschnittswert im heutigen Quebec. In der langen Diskussion - sind es die Gene, ist es die Umwelt? - konnten wir den Einfluss der Gene und der Umwelt ausschließen und zeigen: Entscheidend sind die Einflüsse im Mutterleib."
Aus seinen Forschungen zieht John Kral eine radikale Konsequenz:
"Die brutale Antwort lautet: Keine extrem übergewichtige Frau sollte schwanger werden. Sie sollte sehr sorgfältig verhüten und wenn eine Frau ein Kind will, dann sollte sie sich vorher behandeln lassen und alles tun, um abzunehmen. Das wäre meine Idealvorstellung."
"Daraus kann natürlich um Gottes Willen nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass übergewichtige Frauen keine Kinder bekommen sollen. Also ich würde mich dem vehement widersetzen eine solche Schlussfolgerung zu ziehen."
Andreas Plagemann von der Berliner Charité.
"Nichtsdestotrotz ist richtig, und das wäre die entsprechende Schlussfolgerung, durch Aufklärung dazu beizutragen, dass Frauen in reproduktionsfähigem Alter sich dieses potentiellen Risikos bewusst sind."
Wurzeln, Wurzeln, Wurzeln, seit Tagen hat die Gruppe kein Tier mehr gefangen. Jetzt kommen die Wölfe, auch sie mager, hungrig. Warten auf ihre Gelegenheit. Die Menschen drängen sich am Feuer zusammen. Jemand muss los, muss Holz suchen, Pflanzen sammeln. Kain, Liliths Sohn, schickt die Tochter von Eva. Sein Vater ist der Anführer, er darf befehlen. Maria geht, vorsichtig, angespannt, da hört sie das Geräusch der Pfoten. Im letzen Moment dreht sie sich um, schlägt mit dem Faustkeil zu. Sie kommt zurück: mit Holz, mit dem toten Wolf. "Fleisch!" ruft die Gruppe, und reißt es ihr aus den Händen.
"Stellen Sie sich eine Schwangere in einem Kriegsgebiet vor. Ihr Kind ist klein, die Geburt ist einfacher. Es wächst rasch. Sein Blutdruck ist hoch, es stirbt nicht gleich an der ersten Wunde. Sein Verhalten ist vorsichtig und ängstlich. In einer Kampfzone sehr vernünftig, wenn jeden Augenblick eine Kalaschnikow losgehen kann. Es kommt früh in die Pubertät und bekommt schnell selbst Kinder, es erwartet nicht, lange zu leben. Eine gute Strategie für eine gefährliche Situation."
Stress im Leben einer werdenden Mutter aktiviert das Notfallprogramm ihres Kindes. Und das beeinflusst nicht nur seine inneren Organe, sondern auch das Gehirn und damit sein Verhalten. Jonathan Seckl von der Universität Edinburgh.
"Versetzen sie nun so ein Kind in die Schule des 21. Jahrhunderts. Es soll still sitzen, sich benehmen, zuhören. Aber seine Biologie ist auf ein Krisengebiet vorbereitet. Mir scheint, so etwas wie das Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom ist weniger eine Krankheit, als eine Unausgewogenheit. Das Kind erwartet Hunger und Kampf und nun soll es ruhig sitzen bleiben, aufmerksam zuhören. Darauf ist es einfach nicht eingestellt."
Rattenmütter kümmern sich um ihren Nachwuchs. Sie bauen ihm ein Nest, säugen ihn, und sie lecken ihn häufig ab. Das Lecken hat nicht nur hygienische Gründe. Es ist eine Form der Zuwendung, die die Jungen widerstandsfähiger gegen spätere Belastungen macht. Häufig geleckte Ratten sind mutiger und gesünder, wie man weiß. An der McGill Universität im kanadischen Montreal züchten Forscher Ratten, die ihren Nachwuchs entweder besonders intensiv oder aber kaum lecken. Das Verhalten wird jeweils an die Nachkommen weitergegeben. Aber auf welchem Weg? Um diese Frage zu klären, tauschen die Forscher die Würfe von guten und schlechten Rattenmüttern aus. Und es zeigt sich: Entscheidend ist nicht die biologische Mutter sondern die Adoptivmutter. Der Pflegetrieb wird nicht über die Gene vererbt, sondern über das Verhalten der Mütter weitergegeben.
Nicht nur der Stoffwechsel, auch das Gehirn spricht auf epigenetische Prägungen an. Bei den Rattenjungen beeinflusst das Lecken der Mütter kurz nach der Geburt vor allem die Stressreaktion. Das konnten Moshe Szyf und sein Team an der Universität in Montreal direkt in den Methylierungsmustern nachweisen.
"Wir haben uns das Gen eines Rezeptors für das Stresshormon angesehen und Unterschiede in der epigenetischen Programmierung entdeckt."
Die Epigenetik setzt den Schwellenwert für eine Stressreaktion fest, und sorgt so dafür, dass ein wenig umsorgtes Rattenjunges sein ganzes Leben lang überängstlich und schnell überfordert ist. Szyf:
"Inzwischen haben wir das gesamte Genom untersucht und festgestellt: Da ist nicht nur ein Gen verändert, ganze Regionen auf den Chromosomen reagieren. Die Pflege durch die Mutter beeinflusst nicht nur den Stresshormonrezeptor. Der Mangel an Pflege sendet ein Signal an das komplette Genom: So wird dein Leben aussehen. Und das Genom wird programmiert, damit fertigzuwerden. Deshalb finden wir Veränderungen auf allen Chromosomen. Das Genom wird als Netzwerk neu organisiert."
Stress während der Schwangerschaft hinterlässt Spuren. Besonders dramatisch zeigt sich das nach Katastrophen. Zusammen mit Kollegen aus New York hat Jonathan Seckl von der Universität Edinburgh die Kinder von Schwangeren untersucht, die sich am 11. September 2001 in der Nähe des World Trade Centers aufhielten.
"In den Kindern der Überlebenden fanden wir zum ersten Geburtstag veränderte Stresshormon-Werte. Die Babies waren zurückhaltender, spielten weniger mit ihren Altersgenossen, mieden Gesellschaft. Es ist zu früh, um zu untersuchen, ob auch ihr Verstand betroffen ist. Aber wenn sich die Tierversuche auf den Menschen übertragen lassen, werden ihr Gedächtnis und ihre Lernfähigkeit beeinträchtigt sein."
Dabei zeigten die Babies die Auffälligkeiten nur, wenn ihre Mütter eine Posttraumatische Belastungsstörung entwickelt hatten. Der einmalige Stress des Angriffs selbst wurde von den Feten offenbar nicht registriert. Erst eine dadurch ausgelöste langanhaltende Stressreaktion der Mutter prägte sich den Kindern ein. Und auch das nur, wenn sie ins letzte Drittel der Schwangerschaft fiel. In dieser Zeit entwickeln sich wichtige Hirnregionen wie der Hippocampus, wo neue Gedächtnisinhalte verarbeitet werden, und die Amygdala, zuständig für das Gefühl der Furcht. Dramatische Ereignisse vermitteln sich auch den Ungeborenen. Ein Terroranschlag, eine extreme Hungersnot, Krieg sind offensichtliche Beispiele. – Aber es gibt auch andere Formen von Stress, unauffälligere, eine dauernde Überforderung etwa, oder Armut. Moshe Szyf:
"Armut beeinflusst, wie sich eine Mutter um ihre Kinder kümmert, den Stress zu Hause, viele Dinge. Sie wirken zusammen wie ein Päckchen und dieses Päckchen wird von einer Generation an die nächste weitergegeben."
Moshe Szyf verglich die epigenetische Prägung von Menschen, die entweder in besonders reichen oder besonders armen Familien aufgewachsen waren. Dabei fand er:
"Es gibt eine Signatur der frühen Armut in den Methylierungsmustern der heute Fünfzigjährigen. Sozialer Status und soziales Elend haben einen großen Einfluss auf die epigenetische Prägung."
Könnte hier ein Grund für die schlechteren Gesundheitsperspektiven benachteiligter sozialer Schichten liegen? Die Lösung des Problems wäre im Prinzip einfach.
"Geld. Vielleicht ist Geld das beste Heilmittel für die meisten Krankheiten. Aber es geht nicht nur ums Geld, sondern vor allem um sozialen Status. Das Gefühl der Machtlosigkeit verursacht den Stress in den armen Familien, und das hat viel mit Sozialpolitik zu tun. Wir müssen nicht alle finanziellen Unterschiede ausgleichen, aber wir sollten das Gefühl der Gleichwertigkeit erhöhen, das Gefühl, Kontrolle über das eigene Leben zu haben. Darum geht es hier."
Es wird täglich kälter. Der Anführer sucht nach Höhlen. Tief ins Gestein sollen sie reichen, damit die Kälte den Menschen nicht folgen kann. "Wir sollten fort!", ruft Maria. Doch der Führer stößt sie weg. Maria ist die beste Jägerin, die einzige, die manchmal noch einen Hasen fängt. "Du bleibst." "Ich gehe!" mit diesen Worten verlässt sie die Höhle. Nach und nach gehen andere, die Gruppe teilt sich. Als letzter schleicht Kain weg, schließt sich Maria an.
Mark Hanson:
"Wir sind sehr optimistisch. Wenn all diese Krankheitsrisiken genetisch wären, dann könnten wir nichts tun. Man erbt seine Gene von Mutter und Vater und kann nichts daran ändern. Aber diese epigenetischen Veränderungen sind Teil der Entwicklung und es besteht die Hoffnung, dass man sie beeinflussen kann."
Was früher das Überleben sichern half, ist heute zum Risiko mutiert. In der Überflussgesellschaft, fürchtet Mark Hanson, bekomme der Fetus missverständliche Signale. Überfluss und Stress lösen ein Notfallprogramm aus, das den Babys nicht weiterhilft, sondern ihnen im Gegenteil schadet. Das Notfallprogramm hat in der modernen Gesellschaft ausgedient, möchte man meinen. Warum also nicht die epigenetische Prägung nachträglich korrigieren? Szyf:
"Als wir Ratten das Medikament Valproinsäure ins Futter gaben, änderte sich ihr Verhalten. Ausgewachsene Tiere, die eine schlechte Mutter hatten, verhielten sich plötzlich wie der Nachwuchs von guten Müttern. Wir haben das Programm überschrieben. Das war wie ein elektrischer Schock fürs Genom, der alle Spuren der schlechten Pflege entfernte. Es ist überraschend. Man sollte meinen, sie könnten alles Mögliche auslösen, aber ich glaube, der Schock sorgt dafür, dass der Zellkern ins Standardprogramm zurückfällt und das ist gut. Die schlechten Signale der Mutter wurden gelöscht."
Medikamente gegen eine dramatische Kindheit – so einfach ist es sicher nicht, das ist auch Moshe Szyf klar. Aber es spricht einiges dafür, dass sich die optimistische Vision einer "Vorbeugenden Medizin rund um die Geburt" tatsächlich umsetzen lässt. Gerade in dieser Lebensphase sind junge Paare bereit, ihr Leben neu zu gestalten. An der Berliner Charité gelingt es in speziellen Kursen, 70 Prozent der schwangeren Raucherinnen davon zu überzeugen, für diese besonderen neun Monate auf die Zigarette zu verzichten. Eine Schwangere sollte sich natürlich auch gesund ernähren. Das hilft auch das größte Problem für das werdende Kind einzudämmen, die Schwangerschaftsdiabetes. Für die gibt es im Übrigen effektive Behandlungsmethoden, von Sport in leichten Fällen bis hin zu einer vorübergehenden Insulintherapie. Entscheidend ist, dass das Problem erkannt wird. Andreas Plagemann sieht hier die Politik in der Pflicht.
"Die ganz klare Forderung aus solchen Erkenntnissen und Einschätzungen kann nur lauten, ein generelles Glukosetoleranz-Screening in die Mutterschaftsrichtlinien aufzunehmen und dementsprechend bei jeder Frau eine solche Untersuchung vorzunehmen, um die entsprechenden Langzeitkonsequenzen zu verhindern."
Ansonsten gilt für die Zeit nach der Geburt: dem Baby Geborgenheit vermitteln, stillen und das Kind später nicht überfüttern. Plagemann:
"Das sind also am Ende recht einfache Empfehlungen und Maßnahmen, die sich aus diesen neuen Erkenntnisse ableiten lassen, aber nach unserer festen Überzeugung weitreichende Konsequenzen für die Gesundheit des Kindes haben."
Mütter haben einen gewaltigen Einfluss, schon vor der Geburt. Um so wichtiger, so der amerikanische Epidemiologe Matthew Gillman, dass sie von der Gesellschaft umfassend unterstützt werden.
"Wir müssen wirklich aufpassen, dass wir die Mütter nicht zu Sündenböcken machen durch unsere Forschung. Viele dieser biologischen Effekte entstehen durch soziale Faktoren. Stress und das alles ist nicht unter der Kontrolle der Mutter, hier müssen wir als Gesellschaft der nächsten Generation helfen."
Die Gruppe ist Maria nach Süden über die Berge gefolgt. Auch hier weiden keine Mammuts, aber es gibt Hirsche und Büffel, Nüsse und Beeren. Es ist nicht viel, aber keiner muss hungern. Jeden Tag wird Maria um Rat gefragt, auch von Kain. Maria ist die Führerin, unangefochten. Heute ist ein besonderer Tag, Maria ist schwanger, neun Monate schon. "Ein Mädchen", ruft die Heilerin, "Es ist dünn. Es ist stark!"
"Der sich entwickelnde Fetus und das neugeborene Kind erhalten Signale von der Mutter über die Umwelt draußen. Dinge wie ihre Nahrung, ob sie Stress hat, sogar ob sie dick oder dünn ist. Natürlich, ob sie raucht, Gifte in der Umwelt. All diese Dinge setzt das Baby in eine koordinierte Strategie um. So erhöht es seine Chancen, zu überleben, gesund zu bleiben und selbst Kinder zu bekommen."
Gesundheit und Krankheit – was einen Menschen erwartet, wird von zwei Faktoren beeinflusst: von den Genen, die ein Mensch von seinen Eltern erbt, und von der Umwelt, in der er lebt. Mark Hanson von der Universität im englischen Southampton hat zusammen mit seinem neuseeländischen Kollegen Peter Gluckmann einen dritten Faktor gleichberechtigt in den Fokus der Forschung gestellt: die Entwicklung des Kindes vor und kurz nach der Geburt.
"Wenn Du erwartest, dass das Leben außerhalb des Mutterleibs hart sein wird, dann ist dieses Leben wohl kurz. Also beschleunigst Du Deine Entwicklung. Du nimmst in Kauf, klein geboren zu werden. Du investierst nicht so viel in energiehungrige Gewebe, etwa in Muskeln. Dafür baust du so viel Fett wie möglich auf, um über schlechte Zeiten zu kommen. Sobald diese Entscheidungen gefallen sind, ist es sehr schwer, sie zu revidieren. Kurz nach der Geburt stecken wir fest in einem Körper, einem Stoffwechsel, der den Kurs unseres Lebens bestimmen wird."
Das sei kein Entwicklungsfehler, meint der Herzkreislauf-Experte Jonathan Seckl von der Universität Edinburgh, sondern ein sinnvolles Notprogramm. Die Wurzeln vermutet er tief in der Vergangenheit.
"Das gibt es von den niedrigsten Tieren bis hinauf zu komplexen Säugern und unserer eigenen Art. Was sich so stabil im Laufe der Evolution erhalten hat, muss zumindest einen kleinen Vorteil bringen. Meine Vermutung lautet, da gibt es ein 'Alles ist in Ordnung'-Programm und ein 'Da draußen erwartet Dich ein hartes Leben'-Programm. Und der Nachwuchs erhält die Anweisung, sich für das eine oder das andere zu entscheiden."
Immer kälter wird es in der Gegend, die Horde muss weiterziehen. Aber vorher werden noch zwei Kinder geboren. Eva, mager und knochig trotz ihres dicken Bauches, bekommt eine Tochter. Sie ist klein. Sie wird nicht leben, fürchtet die Heilerin. Das Kind von Lilith dagegen erfreut sie. Ihr Sohn ist dick und rund. Lilith hat immer Fleisch bekommen, solange Fleisch da war.
Der dänische Hungerwinter 1944/45. Am Ende des Zweiten Weltkriegs stoppen die Nationalsozialisten zeitweise alle Nahrungsmitteltransporte in den Norden Dänemarks. Es gibt kaum Essen, zusätzlich wird der Winter in jenem Jahr extrem hart. Rund 18.000 Menschen starben. Die Folgen der Hungersnot sind noch heute zu spüren, das zeigen Forschungen der Universitäten von Amsterdam und Southampton. Frauen, die während des Hungerwinters schwanger waren, bekamen kleinere Babys. Diese Kinder hatten ein deutlich erhöhtes Risiko, später übergewichtig zu werden, litten häufiger an der Zuckerkrankheit und an Herz-Kreislaufproblemen. Und selbst heute noch haben die Kinder dieser Kinder ein niedrigeres Geburtsgewicht.
Die Erfahrung des Hungers noch im Mutterleib hinterlässt Spuren. Dauerhaft. Der Stoffwechsel wird auf Mangel geeicht, lagert gierig all das Fett, alle Kalorien ein, die ihm zugeführt werden. Dabei lässt sich die frühe Weichenstellung kaum rückgängig machen, weil sie fest in die genetische Betriebsanleitung eingeprägt ist. Jede Zelle eines Menschen muss dessen Erbgut interpretieren. Muss sich aus der Fülle der Informationen genau die heraussuchen, die sie für ihre Aufgabe benötigt. Alle anderen Gene werden stummgeschaltet durch Methylgruppen, kleine chemische Markierungen auf der DNA. Mark Hanson:
"Diese Markierungen verändern nicht die Gene, die Sie von Mama und Papa geerbt haben, aber sie beeinflussen, wie diese Gene im Körper arbeiten."
Epigenetik – "über der Genetik", nennt sich diese Ebene der Steuerung. Sie sorgt zum Beispiel dafür, dass ein Muskelgen nicht in einer Nervenzelle aktiv ist. Die Muster der sogenannten DNA-Methylierung werden während der Frühentwicklung festgelegt, und bleiben in den verschiedenen Zelltypen ein Leben lang erhalten. Für Mark Hanson ist entscheidend, dass die epigenetische Prägung des Fetus auch auf Signale aus der Umwelt reagiert. Sie sei die biologische Basis für den Notfallplan der Babys, glaubt er.
"Wir können solche epigenetischen Varianten bei den Babys von unterernährten Müttern feststellen, und auch bei den Müttern im normalen Ernährungsspektrum der westlichen Gesellschaften. Diese epigenetischen Varianten werden bis an die Enkel weitergegeben."
Eine Unterernährung der Mütter führt zu dauerhaften epigenetischen Veränderungen auch in den Keimzellen der Feten. Wenn diese dann später ihrerseits Kinder bekommen, geben sie den epigenetischen Stempel an die Enkelgeneration weiter, vermutet Mark Hanson. Mit weitreichenden Folgen.
"Die Signale aus der Umwelt beeinflussen das Wachstum und die Entwicklung aller wichtigen Organsysteme wie Herz, Gefäße, Nieren, mit wie viel Fettgewebe das Baby geboren wird und mit wieviel Muskeln. Und all das beeinflusst später seinen Lebensweg."
Deuten die Signale im Mutterleib auf ein hartes Leben hin, dann wächst der Fetus langsamer, die Geburt wird einfacher. Er bildet weniger Nierenkörperchen. Dadurch steigt der Blutdruck, das ermöglicht rasche Reaktionen. Er produziert mehr insulinbildende Zellen in der Bauchspeicheldrüse. Der Körper speichert Nahrung schnell und effektiv. Vor allem aber reagiert das am schnellsten wachsende Organ, das Gehirn. Es kommt zu dauerhaften Veränderungen in Nervenknoten, die die Energiereserven im Körper überwachen oder Hungergefühle auslösen. Die Folge: das Baby hat deutlich mehr Appetit. Wenn es denn Essen gibt, kann das niedrige Geburtsgewicht schnell ausgeglichen werden.
Die Gruppe ist weitergezogen, Mammuts sind ihnen nicht mehr begegnet. Es gibt wenig zu essen, Wurzeln, Körner, gelegentlich ein Hase. Liliths Sohn quengelt, immer ist er hungrig, nie zufrieden. Dabei bekommt Kain als Sohn des Anführers größere Portionen. Evas Tochter hat ihren Rückstand aufgeholt. Sie gedeiht, ist lebhaft, neugierig, aber sie muss auf der Hut sein. "Gib mir den Knochen." Liliths Sohn weiß, was er will - und nimmt es sich.
In grauer Vorzeit hat das Notprogramm das Überleben der Babys gesichert, sie optimal angepasst an eine karge, wechselhafte Umwelt. Doch die Zeiten änderten sich. Mark Hanson:
"Die Strategie ist eigentlich gut, kann heute aber zu Problemen führen. Vor allem, wenn man in einer reichen Gesellschaft aufwächst, mit fettem und kohlenhydratreichem Essen, wo man sich kaum bewegt. Das ist einer der Gründe, weshalb die Herz-Kreislaufleiden und die Zuckerkrankheit so dramatisch ansteigen in westlichen Ländern wie Deutschland."
Im indischen Pune leitet Chittaranjan Yajnik eine Studie zur Ernährung von Müttern. Sein Team verfolgt Schwangerschaften in den umliegenden Dörfern und begleitet die Kinder weiter. Bei der Geburt wiegen die Babys durchschnittlich nur 2,7 Kilogramm.
"Diese Babys sehen klein aus, sie sind mager, aber wir haben herausgefunden, dass dieser Anblick täuscht. Unter der Haut haben sie erhebliche Fettmengen. Sie haben mehr Fett im Bauchraum als ein englisches Baby, das 800 Gramm schwerer ist. Wir nennen sie die dünnen, fetten Babies."
Geboren werden die Kinder in kleinen Dörfern, aber viele ihrer Familien suchen danach ihr Glück in der Stadt. Dort gibt es Arbeit, dort gibt es Geld – und fette Nahrung. In der Stadt wird Fast Food gegessen, und körperlich gefordert sind die Menschen viel seltener. Die ursprünglich kleinen Kinder legen in der Stadt rasch an Gewicht zu – und sind dann im Alter von 12 Jahren häufig übergewichtig, haben hohe Blutdruck- und Cholesterinwerte. Yajnik:
"Klein auf die Welt zu kommen und dann fett zu werden, ist der wichtigste Risikofaktor für die Krankheiten der Moderne."
Indien gilt inzwischen als Hochburg der Zuckerkrankheit, hier leben besonders viele Menschen mit Herz-Kreislaufleiden. Und alle Prognose weisen nach oben. Chittaranjan Yajnik ist gleichwohl verhalten optimistisch. Erste Studien zeigen, dass vor allem ein Mehr an Vitamin B12 in der Ernährung der Mütter die langfristigen Gesundheitsaussichten der Kinder verbessert. Wenn sich das in größeren Untersuchungen bestätigt, könnte Indien seinen Gesundheitsproblemen zumindest teilweise mit einfachen Mitteln entgegenwirken. Yajnik:
"Das Aufregende ist, dass wir hier über Ernährung und Bewegung eingreifen können, damit sich die Gene richtig benehmen."
Överkalix - eine kleine Gemeinde in Nordschweden, weit ab vom Schuss, unauffällig. Die Pfarrer in Överkalix haben gut Buch geführt, Geburten, Hochzeiten, Sterbefälle über Jahrhunderte genau verzeichnet. Und nicht nur das, es gibt auch Einträge zu Ernteerträgen und Lebensmittelpreisen. Lars Olov Bygren von der Umeå Universität und Marcus Pembrey aus London können so das Schicksal der Einwohner von Överkalix über viele Generationen verfolgen. Dabei zeigt sich: wie Großvater aufwuchs bestimmt die Perspektiven seiner Enkel, während Großmutters Jugend noch ihre Enkelin prägt. Magere Jahre erhöhen die Lebenserwartung zwei Generationen später, Zeiten des Überflusses legen dagegen den Grundstein für die Zuckerkrankheit der Enkel.
Das Beispiel Överkalix zeigt: Nicht nur eine Hungersnot, auch eine Überernährung im Mutterleib hinterlässt ihre Spuren. Das klingt paradox. Aus Sicht des Fetus aber gibt es einen gemeinsamen Nenner von Mangel und Überfluss, und der heißt Stress. Der mütterliche Stoffwechsel antwortet auf ein Zuviel an Fett und Zucker mit der Bildung von Hormonen und Entzündungsstoffen. Auf die reagiert der Fetus viel empfindlicher als der Körper seiner Mutter. Er deutet sie ähnlich wie einen Mangel und wirft sein "Die Welt ist hart"-Notfallprogramm an. In einer Gesellschaft des Überflusses eine fatale Entscheidung. Knapp ein Drittel der gebärfähigen Frauen in Deutschland ist heute übergewichtig. Und zwischen zehn und zwanzig Prozent der Schwangeren entwickeln eine Glukosetoleranz-Störung, eine Vorform der Zuckerkrankheit.
"Solche Stoffwechselstörungen verlaufen in der Regel unbemerkt, ohne irgendwelche Beschwerden bei der betroffenen Mutter und führen dazu, dass der Fetus, der sich im Mutterleib entwickelt, einer regelrechten Glukosemast ausgesetzt ist. Von der wiederum wissen wir mittlerweile sehr gut, dass sie über hormonelle Veränderungen, vor allem über ein Zuviel an Insulin während kritischer Entwicklungsphasen, eine regelrechte Veranlagung für dauerhaft zu hohes Körpergewicht, für Adipositas, für zu hohe Nahrungsaufnahme in sich birgt. Und dass auch auf diesem Wege die betroffenen Kinder lebenslang ein erhöhtes Risiko haben, selbst Diabetes zu entwickeln, Übergewicht oder Herzkreislauferkrankungen."
Untersucht hat Andreas Plagemann die Zusammenhänge im Tiermodell. An der Berliner Charité fütterte er trächtige Ratten und Mäuse entweder mit Standardfutter oder mit besonders fetter, kalorienreicher Nahrung. Das Methylierungsmuster auf der DNA des Nachwuchses veränderte sich entsprechend. Besonders auffällig waren die Spuren des Notfallprogramms in den Appetitzentren des Gehirns. Die Bildung eines Sättigungshormons war gedrosselt, sein Gegenspieler dagegen überaktiv. Übergewicht und Zuckerkrankheit der Rattenmütter führten so direkt zu Übergewicht und Zuckerkrankheit des Rattennachwuchses. Matthey Gillman, Epidemiologe an der Harvard Medical School in Boston:
"Sie sehen, hier könnte ein generationsübergreifender Teufelskreis entstehen. Diabetes erzeugt Fettleibigkeit in den Nachkommen und Fettleibigkeit führt zu Diabetes in der nächsten Generation. Das ist sehr wichtig zu verstehen, schließlich schießen überall auf der Welt die Zahlen für Diabetes in den Himmel. Besonders in den Entwicklungsländern werden die Leute durch die Veränderungen im Lebensstil immer dicker."
Inzwischen scheint klar: Die wachsende Zahl übergewichtiger Frauen und Männer in westlichen Gesellschaften geht nicht allein auf eine ungesunde Ernährung zurück. Die Entwicklung wird zusätzlich über den Mutterleib in der nächsten Generation dramatisch verstärkt. Und so wird eine Frage immer dringlicher: Wie lässt sich der Teufelskreis durchbrechen? Eine drastische Maßnahme schlägt John Kral vor. Er ist Spezialist für Adipositas. Bei extrem übergewichtigen Menschen gestaltet der New Yorker Chirurg Magen und Darm um. In der Folge verlieren die Patienten viel Gewicht. Zusammen mit Kollegen aus Quebec hat John Kral adipöse Mütter untersucht, die sowohl vor als auch nach einer solchen Operation Kinder gebaren.
"Ich konnte diese Kinder und ihre älteren Geschwister bis ins junge Erwachsenenalter begleiten. Die Kinder vor der Operation, als die Mütter noch fettsüchtig waren, litten an Bluthochdruck, an der Zuckerkrankheit. 70 Prozent hatten selbst extrem hohes Übergewicht. Bei den Kindern, die nach der Adipositas-Operation geboren wurden, sank die Häufigkeit auf 37 Prozent, das ist immer noch hoch, aber das ist eben der Durchschnittswert im heutigen Quebec. In der langen Diskussion - sind es die Gene, ist es die Umwelt? - konnten wir den Einfluss der Gene und der Umwelt ausschließen und zeigen: Entscheidend sind die Einflüsse im Mutterleib."
Aus seinen Forschungen zieht John Kral eine radikale Konsequenz:
"Die brutale Antwort lautet: Keine extrem übergewichtige Frau sollte schwanger werden. Sie sollte sehr sorgfältig verhüten und wenn eine Frau ein Kind will, dann sollte sie sich vorher behandeln lassen und alles tun, um abzunehmen. Das wäre meine Idealvorstellung."
"Daraus kann natürlich um Gottes Willen nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass übergewichtige Frauen keine Kinder bekommen sollen. Also ich würde mich dem vehement widersetzen eine solche Schlussfolgerung zu ziehen."
Andreas Plagemann von der Berliner Charité.
"Nichtsdestotrotz ist richtig, und das wäre die entsprechende Schlussfolgerung, durch Aufklärung dazu beizutragen, dass Frauen in reproduktionsfähigem Alter sich dieses potentiellen Risikos bewusst sind."
Wurzeln, Wurzeln, Wurzeln, seit Tagen hat die Gruppe kein Tier mehr gefangen. Jetzt kommen die Wölfe, auch sie mager, hungrig. Warten auf ihre Gelegenheit. Die Menschen drängen sich am Feuer zusammen. Jemand muss los, muss Holz suchen, Pflanzen sammeln. Kain, Liliths Sohn, schickt die Tochter von Eva. Sein Vater ist der Anführer, er darf befehlen. Maria geht, vorsichtig, angespannt, da hört sie das Geräusch der Pfoten. Im letzen Moment dreht sie sich um, schlägt mit dem Faustkeil zu. Sie kommt zurück: mit Holz, mit dem toten Wolf. "Fleisch!" ruft die Gruppe, und reißt es ihr aus den Händen.
"Stellen Sie sich eine Schwangere in einem Kriegsgebiet vor. Ihr Kind ist klein, die Geburt ist einfacher. Es wächst rasch. Sein Blutdruck ist hoch, es stirbt nicht gleich an der ersten Wunde. Sein Verhalten ist vorsichtig und ängstlich. In einer Kampfzone sehr vernünftig, wenn jeden Augenblick eine Kalaschnikow losgehen kann. Es kommt früh in die Pubertät und bekommt schnell selbst Kinder, es erwartet nicht, lange zu leben. Eine gute Strategie für eine gefährliche Situation."
Stress im Leben einer werdenden Mutter aktiviert das Notfallprogramm ihres Kindes. Und das beeinflusst nicht nur seine inneren Organe, sondern auch das Gehirn und damit sein Verhalten. Jonathan Seckl von der Universität Edinburgh.
"Versetzen sie nun so ein Kind in die Schule des 21. Jahrhunderts. Es soll still sitzen, sich benehmen, zuhören. Aber seine Biologie ist auf ein Krisengebiet vorbereitet. Mir scheint, so etwas wie das Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom ist weniger eine Krankheit, als eine Unausgewogenheit. Das Kind erwartet Hunger und Kampf und nun soll es ruhig sitzen bleiben, aufmerksam zuhören. Darauf ist es einfach nicht eingestellt."
Rattenmütter kümmern sich um ihren Nachwuchs. Sie bauen ihm ein Nest, säugen ihn, und sie lecken ihn häufig ab. Das Lecken hat nicht nur hygienische Gründe. Es ist eine Form der Zuwendung, die die Jungen widerstandsfähiger gegen spätere Belastungen macht. Häufig geleckte Ratten sind mutiger und gesünder, wie man weiß. An der McGill Universität im kanadischen Montreal züchten Forscher Ratten, die ihren Nachwuchs entweder besonders intensiv oder aber kaum lecken. Das Verhalten wird jeweils an die Nachkommen weitergegeben. Aber auf welchem Weg? Um diese Frage zu klären, tauschen die Forscher die Würfe von guten und schlechten Rattenmüttern aus. Und es zeigt sich: Entscheidend ist nicht die biologische Mutter sondern die Adoptivmutter. Der Pflegetrieb wird nicht über die Gene vererbt, sondern über das Verhalten der Mütter weitergegeben.
Nicht nur der Stoffwechsel, auch das Gehirn spricht auf epigenetische Prägungen an. Bei den Rattenjungen beeinflusst das Lecken der Mütter kurz nach der Geburt vor allem die Stressreaktion. Das konnten Moshe Szyf und sein Team an der Universität in Montreal direkt in den Methylierungsmustern nachweisen.
"Wir haben uns das Gen eines Rezeptors für das Stresshormon angesehen und Unterschiede in der epigenetischen Programmierung entdeckt."
Die Epigenetik setzt den Schwellenwert für eine Stressreaktion fest, und sorgt so dafür, dass ein wenig umsorgtes Rattenjunges sein ganzes Leben lang überängstlich und schnell überfordert ist. Szyf:
"Inzwischen haben wir das gesamte Genom untersucht und festgestellt: Da ist nicht nur ein Gen verändert, ganze Regionen auf den Chromosomen reagieren. Die Pflege durch die Mutter beeinflusst nicht nur den Stresshormonrezeptor. Der Mangel an Pflege sendet ein Signal an das komplette Genom: So wird dein Leben aussehen. Und das Genom wird programmiert, damit fertigzuwerden. Deshalb finden wir Veränderungen auf allen Chromosomen. Das Genom wird als Netzwerk neu organisiert."
Stress während der Schwangerschaft hinterlässt Spuren. Besonders dramatisch zeigt sich das nach Katastrophen. Zusammen mit Kollegen aus New York hat Jonathan Seckl von der Universität Edinburgh die Kinder von Schwangeren untersucht, die sich am 11. September 2001 in der Nähe des World Trade Centers aufhielten.
"In den Kindern der Überlebenden fanden wir zum ersten Geburtstag veränderte Stresshormon-Werte. Die Babies waren zurückhaltender, spielten weniger mit ihren Altersgenossen, mieden Gesellschaft. Es ist zu früh, um zu untersuchen, ob auch ihr Verstand betroffen ist. Aber wenn sich die Tierversuche auf den Menschen übertragen lassen, werden ihr Gedächtnis und ihre Lernfähigkeit beeinträchtigt sein."
Dabei zeigten die Babies die Auffälligkeiten nur, wenn ihre Mütter eine Posttraumatische Belastungsstörung entwickelt hatten. Der einmalige Stress des Angriffs selbst wurde von den Feten offenbar nicht registriert. Erst eine dadurch ausgelöste langanhaltende Stressreaktion der Mutter prägte sich den Kindern ein. Und auch das nur, wenn sie ins letzte Drittel der Schwangerschaft fiel. In dieser Zeit entwickeln sich wichtige Hirnregionen wie der Hippocampus, wo neue Gedächtnisinhalte verarbeitet werden, und die Amygdala, zuständig für das Gefühl der Furcht. Dramatische Ereignisse vermitteln sich auch den Ungeborenen. Ein Terroranschlag, eine extreme Hungersnot, Krieg sind offensichtliche Beispiele. – Aber es gibt auch andere Formen von Stress, unauffälligere, eine dauernde Überforderung etwa, oder Armut. Moshe Szyf:
"Armut beeinflusst, wie sich eine Mutter um ihre Kinder kümmert, den Stress zu Hause, viele Dinge. Sie wirken zusammen wie ein Päckchen und dieses Päckchen wird von einer Generation an die nächste weitergegeben."
Moshe Szyf verglich die epigenetische Prägung von Menschen, die entweder in besonders reichen oder besonders armen Familien aufgewachsen waren. Dabei fand er:
"Es gibt eine Signatur der frühen Armut in den Methylierungsmustern der heute Fünfzigjährigen. Sozialer Status und soziales Elend haben einen großen Einfluss auf die epigenetische Prägung."
Könnte hier ein Grund für die schlechteren Gesundheitsperspektiven benachteiligter sozialer Schichten liegen? Die Lösung des Problems wäre im Prinzip einfach.
"Geld. Vielleicht ist Geld das beste Heilmittel für die meisten Krankheiten. Aber es geht nicht nur ums Geld, sondern vor allem um sozialen Status. Das Gefühl der Machtlosigkeit verursacht den Stress in den armen Familien, und das hat viel mit Sozialpolitik zu tun. Wir müssen nicht alle finanziellen Unterschiede ausgleichen, aber wir sollten das Gefühl der Gleichwertigkeit erhöhen, das Gefühl, Kontrolle über das eigene Leben zu haben. Darum geht es hier."
Es wird täglich kälter. Der Anführer sucht nach Höhlen. Tief ins Gestein sollen sie reichen, damit die Kälte den Menschen nicht folgen kann. "Wir sollten fort!", ruft Maria. Doch der Führer stößt sie weg. Maria ist die beste Jägerin, die einzige, die manchmal noch einen Hasen fängt. "Du bleibst." "Ich gehe!" mit diesen Worten verlässt sie die Höhle. Nach und nach gehen andere, die Gruppe teilt sich. Als letzter schleicht Kain weg, schließt sich Maria an.
Mark Hanson:
"Wir sind sehr optimistisch. Wenn all diese Krankheitsrisiken genetisch wären, dann könnten wir nichts tun. Man erbt seine Gene von Mutter und Vater und kann nichts daran ändern. Aber diese epigenetischen Veränderungen sind Teil der Entwicklung und es besteht die Hoffnung, dass man sie beeinflussen kann."
Was früher das Überleben sichern half, ist heute zum Risiko mutiert. In der Überflussgesellschaft, fürchtet Mark Hanson, bekomme der Fetus missverständliche Signale. Überfluss und Stress lösen ein Notfallprogramm aus, das den Babys nicht weiterhilft, sondern ihnen im Gegenteil schadet. Das Notfallprogramm hat in der modernen Gesellschaft ausgedient, möchte man meinen. Warum also nicht die epigenetische Prägung nachträglich korrigieren? Szyf:
"Als wir Ratten das Medikament Valproinsäure ins Futter gaben, änderte sich ihr Verhalten. Ausgewachsene Tiere, die eine schlechte Mutter hatten, verhielten sich plötzlich wie der Nachwuchs von guten Müttern. Wir haben das Programm überschrieben. Das war wie ein elektrischer Schock fürs Genom, der alle Spuren der schlechten Pflege entfernte. Es ist überraschend. Man sollte meinen, sie könnten alles Mögliche auslösen, aber ich glaube, der Schock sorgt dafür, dass der Zellkern ins Standardprogramm zurückfällt und das ist gut. Die schlechten Signale der Mutter wurden gelöscht."
Medikamente gegen eine dramatische Kindheit – so einfach ist es sicher nicht, das ist auch Moshe Szyf klar. Aber es spricht einiges dafür, dass sich die optimistische Vision einer "Vorbeugenden Medizin rund um die Geburt" tatsächlich umsetzen lässt. Gerade in dieser Lebensphase sind junge Paare bereit, ihr Leben neu zu gestalten. An der Berliner Charité gelingt es in speziellen Kursen, 70 Prozent der schwangeren Raucherinnen davon zu überzeugen, für diese besonderen neun Monate auf die Zigarette zu verzichten. Eine Schwangere sollte sich natürlich auch gesund ernähren. Das hilft auch das größte Problem für das werdende Kind einzudämmen, die Schwangerschaftsdiabetes. Für die gibt es im Übrigen effektive Behandlungsmethoden, von Sport in leichten Fällen bis hin zu einer vorübergehenden Insulintherapie. Entscheidend ist, dass das Problem erkannt wird. Andreas Plagemann sieht hier die Politik in der Pflicht.
"Die ganz klare Forderung aus solchen Erkenntnissen und Einschätzungen kann nur lauten, ein generelles Glukosetoleranz-Screening in die Mutterschaftsrichtlinien aufzunehmen und dementsprechend bei jeder Frau eine solche Untersuchung vorzunehmen, um die entsprechenden Langzeitkonsequenzen zu verhindern."
Ansonsten gilt für die Zeit nach der Geburt: dem Baby Geborgenheit vermitteln, stillen und das Kind später nicht überfüttern. Plagemann:
"Das sind also am Ende recht einfache Empfehlungen und Maßnahmen, die sich aus diesen neuen Erkenntnisse ableiten lassen, aber nach unserer festen Überzeugung weitreichende Konsequenzen für die Gesundheit des Kindes haben."
Mütter haben einen gewaltigen Einfluss, schon vor der Geburt. Um so wichtiger, so der amerikanische Epidemiologe Matthew Gillman, dass sie von der Gesellschaft umfassend unterstützt werden.
"Wir müssen wirklich aufpassen, dass wir die Mütter nicht zu Sündenböcken machen durch unsere Forschung. Viele dieser biologischen Effekte entstehen durch soziale Faktoren. Stress und das alles ist nicht unter der Kontrolle der Mutter, hier müssen wir als Gesellschaft der nächsten Generation helfen."
Die Gruppe ist Maria nach Süden über die Berge gefolgt. Auch hier weiden keine Mammuts, aber es gibt Hirsche und Büffel, Nüsse und Beeren. Es ist nicht viel, aber keiner muss hungern. Jeden Tag wird Maria um Rat gefragt, auch von Kain. Maria ist die Führerin, unangefochten. Heute ist ein besonderer Tag, Maria ist schwanger, neun Monate schon. "Ein Mädchen", ruft die Heilerin, "Es ist dünn. Es ist stark!"