Weinprobe in einer Domaine im Languedoc. Wir kommen auf das Thema Anreicherung zu sprechen. Winzer Marcel Damais versichert, dass er noch nie Zucker ins Traubenmost gekippt hat. Denn:
"Im Languedoc ist das verboten, und das seit gut 100 Jahren."
Jetzt aber fordert der Winzerverband der Region, dieses Verbot aufzuheben. Und Winzer Damais gibt dem Verband recht:
"Die Winzer hier fordern, dass das französische Recht vereinheitlicht wird. Im Bordelais und der Champagne erhöhen sie den Alkoholgehalt mit Rübenzucker. Wir fordern gleiches Recht für alle. Also, Anreicherung für alle."
Wer nun glaubt, nur preiswerte Supermarkt-Weine hätten eine Extradosis Zucker bekommen, erfährt vom Winzer Damais:
"Auch die Grands Crus aus dem Bordelais werden angereichert, auch die Grands Chateaux! Sie werden gezuckert, das dürfen die dort."
Klima macht deutschen Winzern zu schaffen
Was für die nördlichen französischen Lagen gilt, für Bordelais und Burgund, Beaujolais, Elsass und Champagne, das gilt erst recht für die deutschen Lagen. Michael Köhler vom Bundeslandwirtschaftsministerium:
"Etwa die Hälfte, etwas mehr, der deutschen Weine werden angereichert."
Vor allem die starken klimatischen Unterschiede zwischen dem einen und dem anderen Sommer machen den deutschen Winzern zu schaffen, erklärt Monika Christmann, Weinforscherin an der Hochschule Geisenheim:
"Das kann also bedeuten, dass wir in einem Jahr wirklich eine Anreicherung benötigen, dringend benötigen, aber dann vielleicht die nächsten vier, fünf, sechs Jahre überhaupt keine."
Dass nun aber auch die Winzer aus dem Languedoc trotz der heißen und trockenen Sommer dort zuckern wollen - oder zumindest das Recht dazu haben wollen, das klingt schon bizarr. Denn ihr dringendstes Problem geht in die umgekehrte Richtung: Bei ihnen wird der Most oft zu schwer, und sie haben ihre liebe Not, den Wein unter der magischen Grenze von 14 Prozent Alkohol zu halten. Weinforscherin Christmann:
"Wenn die Alkoholgehalte zu stark ansteigen, dann werden die Aromen überdeckt, das heißt, die sind nicht mehr wahrnehmbar."
Ab 14 Prozent schmeckt der Wein dann nach Fusel. Außerdem mögen viele Leute lieber einen leichten Wein mit vollem Aroma - und keinen schweren Kopf. Diese Kunden bedient die Winzerfamilie Pugibet im Languedoc. Den schweren Weinen ihrer Domaine entziehen sie so viel Alkohol, dass nur noch neun Prozent übrig bleiben. Bloß durften sie diesen abgereicherten Wein jahrelang nicht in der Europäischen Union verkaufen, weil das nach EU-Recht nicht zulässig war.
"Es gibt da keine großen Probleme mehr."
Sie akzeptieren für den alkoholreduzierten Wein jetzt sogar das Gütesiegel AOC.
Deshalb sind jetzt auch andere Winzer auf diesen Zug aufgesprungen. Pugibet findet:
Deshalb sind jetzt auch andere Winzer auf diesen Zug aufgesprungen. Pugibet findet:
"Das ist gut so, das ist jetzt ein Selbstläufer!"
Prädikatsweine ohne Zucker
Und Michael Köhler aus dem deutschen Ministerium meint dazu:
"Im Süden war es ja bisher üblich, auch die Weine zu säuern, während im Norden die Möglichkeit bestand, Weine zu entsäuern. Wenn man jetzt den Erzeugern im Süden zugesteht, Alkohol zu entziehen, dann ist das aus meiner Sicht nur konsequent."
Von alledem ahnen die meisten Verbraucher nichts - jedenfalls steht nicht auf dem Etikett, ob dem Wein Alkohol entzogen oder ob mit Zucker nachgeholfen wurde. Die Weinforscherin Christmann findet das ganz in Ordnung:
"Ich weiß nicht, inwiefern der Verbraucher mit dieser Information sehr viel anfangen kann."
Wer einen Wein mit natürlichem, nicht mit Zucker manipulierten Alkoholgehalt kaufen will, kann vorerst noch zu Languedoc-Weinen greifen. Und wenn's ein Deutscher sein soll - hier der Tipp von Michael Köhler aus dem Ministerium:
"In Deutschland dürfen Qualitätsweine angereichert werden, aber nicht Prädikatsweine."
Wo also Prädikat draufsteht, wurde kein Zucker zugesetzt.