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Weinanbau
Rettung vor der Kirschessigfliegen-Plage?

Die Kirschessigfliege ist ein neuer Schädling in deutschen Obst- und Weinbaugebieten. Das Insekt hat binnen kürzester Zeit zu starken Ernteausfällen geführt. 2014 war das so, und auch in diesem Jahr gab es Schäden in Obstkulturen. Jetzt, im Spätsommer, ist die kritische Zeit für Weintrauben. Dennoch können Winzer unter Umständen diesmal aufatmen.

Von Volker Mrasek |
    Eine undatierte Makroaufnahme von Drosophila suzukii (Kirschessigfliege).Eine aus Ostasien stammende Fliege bedroht den Obst- und Weinanbau in Deutschland. Die Kirschessigfliege (Drosophila suzukii) sei nun auch mit genetischen Methoden nachgewiesen worden, teilten die Wissenschaftler von der Zoologischen Staatssammlung in München mit.
    Makroaufnahme von Drosophila suzukii (Kirschessigfliege). Die aus Ostasien stammende Fliege bedroht in Deutschland den Obst- und Weinanbau. (picture alliance / dpa / Lars Hendrich)
    Das Labor für Insektenkunde im Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum in der Pfalz, in Neustadt an der Weinstraße: "Das sind Trauben von der Sorte Dornfelder." Die biologisch-technische Assistentin Ina Broll schneidet Beeren von ihren Stielen und inspiziert sie dann unter einem Binokular, einem Stereo-Mikroskop: "Wenn da Eier drin sind, sieht man eine Einstichstelle. Und da gucken zwei Atemfäden raus."
    Zwei winzig kleine Fäden auf der Haut der dunkelblauen Beeren - auch für die Biologin Stefanie Alexander ein untrügliches Zeichen: Weintrauben mit diesen Merkmalen wurden von der Kirschessigfliege heimgesucht und dienen nun als Brutkammern für deren Eier.
    "Das Ei ist komplett in der Frucht versenkt, und nur die Atemfäden schauen heraus, die die Sauerstoffversorgung des Embryos in der Frucht gewährleisten."
    Vor fünf Jahren tauchte das Insekt in unseren Regionen auf
    Die Kirschessigfliege - eine aus Asien eingeschleppte Art. Vor fünf Jahren tauchte das Insekt zum ersten Mal hier auf. Inzwischen hat sich der Schädling im ganzen Land ausgebreitet. Er ist nicht wählerisch und befällt alle möglichen Früchte. Kirschen und Zwetschgen genauso wie Himbeeren und Aprikosen. Bei den Weintrauben bevorzugt die Fliege Sorten mit dünner roter Schale, darunter Dornfelder, Regent und Portugieser.
    "Aber wir haben auch ein paar Weißweinsorten, deren Beerenhaut sich im Laufe der Reife orange bis rötlich verfärbt, wie zum Beispiel Siegerrebe oder Grauburgunder. Die sind auch betroffen."
    Angestochene Früchte verfaulen äußerst schnell. Denn durch die aufgeritzte Haut dringen gleichzeitig Pilze und Bakterien ein. Vor zwei Jahren verursachte die Kirschessigfliege erstmals massive Ernteausfälle in deutschen Obst-Plantagen und Weinbergen. "Seit dieser Zeit stellt sie eine permanente Bedrohung dar", meint Andreas Kortekamp, auch er ist Biologe in der Neustädter Forschungsanstalt für Obst- und Weinbau.
    Fallen mit Locksubstanz für die Fliege
    Stefanie Alexander: "Das ist eine unserer Fallen. Da kommen jetzt 90 Milliliter rein. Eine Mischung aus naturtrübem Apfelessig, Rotwein und etwas Zucker. Dient als Locksubstanz für die Kirschessigfliege." Dutzende Fallen hat Stefanie Alexander schon das ganze Jahr über in der Weinbauregion aufgehängt. Lange fürchtete sie eine genauso kritische Entwicklung wie 2014. Bis zu sieben oder acht Generationen kann die Kirschessigfliege in einer einzigen Saison ausbilden.
    "Wir hatten Mai, Juni sehr starke Niederschläge, weswegen sich die Populationen extrem schnell entwickelt haben und auch sehr groß wurden. Deswegen hatten wir auch schon Probleme im Obstbau, starken Befall in Kirschen zum Beispiel."
    Anfang August wurde dann die erste Ei-Ablage an roten Regent-Trauben im Raum Neustadt festgestellt. Zur gleichen Zeit meldete auch das Julius-Kühn-Institut im baden-württembergischen Dossenheim einen sprunghaften Anstieg der Fliegen-Bestände. Andreas Kortekamp bangt nun mit den Winzern: "Das ist im Moment eine sehr kritische Zeit, weil wir im Moment in der Reife der Weinbeeren sind. Und jetzt herrscht erhöhte Aufmerksamkeit."
    Glückliche klimatische Fügung?
    Dass der Spätsommer und Herbstbeginn noch einmal so heiß geworden sind, könnte sich dabei als glückliche Fügung erweisen. Hitze und Trockenheit vertragen Kirschessigfliegen nämlich nicht gut, wie auch Stefanie Alexander betont: "Sie sind in ihrer Aktivität eingeschränkt, verstecken sich eher. Und die Ei-Ablage ist reduziert."
    Andreas Kortekamp: "Wenn wir diese Hitzeperiode noch eine längere Zeit haben, dann sind die Bedingungen für die Kirschessigfliege deutlich ungünstiger, als wenn wir wiederholt Niederschläge bekommen und eine kühlere Witterung."
    Winzer können das Risiko für einen Befall aber auch selbst reduzieren. Indem sie jetzt ihre Rebstöcke von Blättern befreien und den Unterwuchs in den Rebzeilen stutzen. Das vermindert die Luftfeuchtigkeit im Weinberg und schafft ein ungünstiges Milieu für die Kirschessigfliege. Es gibt zwar auch Spritzmittel gegen den eingeschleppten Schädling. Aber Winzer müssen nach dem Versprühen zwei Wochen warten, bis sie die Trauben ernten dürfen. In dieser Zeit verfaulen befallene Beeren und sind dann verloren.
    Wie auch immer sich die Bestände der Insekten in diesem Jahr noch entwickeln - los werden Obstbauern und Winzer die Plage wohl nicht mehr. Die Experten gehen davon aus, dass sich die Kirschessigfliege dauerhaft in Deutschland einnistet.