Naumburg gegenüber, auf der anderen Seite der Saale, liegt das Winzerdorf Roßbach. Dort ist das eine Ende der Weinmeile, das andere ist Bad Kösen. An der etwa Sechs-Kilometer-Strecke öffnen am Pfingst-Wochenende bekannte Weingüter, aber auch viele Hobby-Winzer ihre Höfe.
"Große und kleine Anbieter mit ganz individuellem Charakter. Man kann es erlaufen, man kann mit dem Fahrrad fahren und handgemachte Produkte erleben, Essen, Musik ist handgemacht und eben eigene Weine, die nur da gewachsen sind."
Sagt der Winzer Stefan Herzer aus Roßbach. Auf dem Wanderweg pilgern Besucherscharen von einem Winzer zum nächsten.
"Das Schöne an der Weinmeile ist, dass auch unter den Gästen eine familiäre Atmosphäre ist, man sitzt einfach ganz schnell mit fremden Leuten aus allen Regionen Deutschlands. Und durch das Gehen ist hier eine Dynamik drin, wie wir sie sonst auf den "starren" Festen, die immer nur an einem Platz stattfinden, nicht kennen."
Saale-Unstrut ist ein kleines Weingebiet
Vor 18 Jahren wurde im Weinanbaugebiet Saale-Unstrut ein großes Jubiläum gefeiert: 1.000 Jahre Weinanbau. Wobei die Weinberge noch älter sein müssen. Nur, die erste Urkunde stammt eben von 998. Kaiser Otto III. schenkte dem Kloster Memleben sieben Ortschaften mit allem Land und großen Weinpflanzungen.
"Im Zuge der Christianisierung sind die Reben schon in unsere Region gekommen. Also da soll es anfänglich Wein gegeben haben, den man aus einem Kloster in Fulda geholt hat, aber dann wurden eigene Rebflächen hier angelegt."
Claudia Holstein von der Winzervereinigung Freyburg an der Unstrut.
Im Vergleich zu anderen deutschen Weingebieten ist Saale-Unstrut mit 660 Hektar Rebfläche klein. Hier kann nicht Masse produziert werden, dafür Qualität.
"Der Saale-Unstrut-Wein ist geprägt von einem sehr interessanten Klima. Wir haben eine trockene Region mit niedrigen Erträgen und sehr milden Sommern und milden Herbsten, sodass die Trauben bei uns sehr lange reifen können und sehr spät gelesen werden können. Wir haben eine sehr lange Vegetationsperiode und wir kriegen hohe Reifegrade mit sehr Extrakt reichen und vollen Weinen in die Flasche."
Für die gehaltvollen Weine sorgt auch der Muschelkalk-Boden an den Hängen von Saale und Unstrut.
Hoch über der kleinen Winzer-Stadt Freyburg thront die Neuenburg, eine weiträumige in Teilen romanische Anlage mit einem wuchtigen Bergfried, um 1100 gebaut. Eine Grenzfeste der Thüringer Landgrafen, genauso wie die Wartburg, jedoch drei Mal so groß, aber weitgehend unbekannt. Nach dem Zweiten Weltkrieg diente die Neuenburg als Wohnraum für Vertriebene, war dann verbrettert und vernagelt.
"War wirklich alles verriegelt, alles zu. Und es war eben sehr traurig für uns alle, die große Burg vor unserer Nase und es sind wirklich nicht mal mehr die Einheimischen rein gekommen."
Erst 1990 wurde Schloss Neuenburg wieder geöffnet. Ein Kleinod ist die romanische Doppelkapelle, gebaut nach dem Vorbild der Kapelle Karls des Großen in Aachen. Zwei Kapellen übereinander, unten die Leute-Kapelle, darüber für die Herrschaft.
Der Naumburger Dom wurde nicht über die Jahrhunderte umgebaut
Das benachbarte Naumburg entstand etwa zur gleichen Zeit. Der Stadt sieht man heute noch an, dass sie mal "was Besseres" war. Messestadt, Bischofssitz und Residenz. Das berühmteste in Naumburg ist natürlich der Dom, auf einem Felsen hoch über der Saale. Dieser Dom wurde nicht über die Jahrhunderte umgebaut, wir erleben ihn heute noch so, wie zu seiner Fertigstellung um 1250. Joachim Diers:
"Sie sind hier übrigens in der einzigen Kirche in Deutschland, die noch beide Lettner hat. Also es gibt ein gutes Dutzend Kirchen mit zwei Chören, die meisten dieser Chöre hatten auch diese Abtrennungen im Mittelalter, aber die meisten Lettner sind im Laufe der Jahrhunderte verschwunden. Also mal von der Schönheit abgesehen, sie stören natürlich. Da haben sie eine riesige Kirche und mitten drin diese Wand. Deswegen hat man sie meistens beseitigt."
Auch hier wurde geteilt. Das Volk erlebte den Gottesdienst im Langhaus mit Blick auf den Lettner, dahinter war den Domherren der große Ost-Chor vorbehalten. Heutige Besucher betrachten hier ehrfurchtsvoll die sehr lebendig wirkenden Stifterfiguren. Geschaffen von einem unbekannten Meister, vor fast 800 Jahren.
"Wenn Sie denen mal ins Gesicht schauen… Nehmen Sie mal den hier, das ist der Timo von Kistritz, wie der ärgerlich in Richtung Ekkehard rüber guckt. Oder die Reglindis, wie unglaublich schön die lacht. Oder er hier, wie er sich hinter seinem Schild verbirgt, so ängstlich trotzig. Was der Naumburger Meister als einer der ersten machen konnte, ist Emotionen und Charakter in Stein schlagen."
Die Sandstein-Figuren scheinen vor den Säulen zu stehen. Stimmt nicht. Sie sind Teile der Säulen. Man erzählt, dass einst ein Ölscheich der geldknappen DDR die Stifterfiguren abkaufen wollte. Doch man kriegt sie ja nicht aus der Kirche.
Im Saale-Unstrut-Gebiet liegen nicht nur zu Pfingsten Wein- und Kunstgenuss dicht beieinander.