Geflüchtete aus Syrien
Weitere europäische Länder setzen Asyl-Entscheidungen für Syrer aus

Wie Deutschland haben auch andere europäische Länder ihre Asyl-Entscheidungen für Antragssteller aus Syrien vorerst ausgesetzt.

    Nahaufnahme einer Gruppe von Männern, Frauen und Kindern.
    Syrische Flüchtlinge am Flughafen in Rom. (picture alliance/dpa/Alvise Armellini)
    Am späten Abend gab Italien bekannt, ebenso zu verfahren. Zuvor hatten unter anderem Schweden, Norwegen, Dänemark und Großbritannien mitgeteilt, ihre Entscheidungen zu Asylanträgen und Abschiebungen auf Eis zu legen.
    Heute früh erklärte auch die Schweiz, man setze die Asylverfahren für Syrer aus, bis die Lage in dem Land überschaubarer sei. Gestern Abend hatte die rechtsgerichtete italienische Regierung von Ministerpräsidentin Meloni bekanntgegeben, mit der Entscheidung folge man dem Beispiel anderer europäischer Partner. Ähnliches verlautete aus London und anderen Hauptstädten.

    "Rückführungsprogramm" angekündigt

    Österreich kündigte ein geordnetes Rückführungsprogramm für syrische Flüchtlinge an. Bundeskanzler Nehammer sagte der "Bild"-Zeitung, zudem würden bereits gewährte Bleiberechte überprüft und Familiennachzüge ausgesetzt. Asyl sei bewusst als "Schutz auf Zeit gedacht, fügte der ÖVP-Politiker hinzu.

    Anträge in Deutschland "im Stapel weiter nach unten gelegt"

    In Deutschland hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bereits gestern bekanntgegeben, vorerst alle Verfahren syrischer Asylbewerber auf Eis zu legen. Die Entscheidungen seien nicht erledigt, sie würden aber im Stapel weiter nach unten gelegt, und es würden andere Asylentscheidungen vorgezogen, erklärte eine Sprecherin.
    Betroffen sind laut dem Bundesamt 47.270 Asylanträge von Syrerinnen und Syrern, über die noch nicht entschieden ist. Für bestehende Entscheidungen hat die neue Lage keine Auswirkungen. Ende Oktober lebten laut dem Bundesinnenministerium rund 974.000 Menschen mit syrischer Herkunft in Deutschland, 321.444 wurden als Flüchtlinge anerkannt.

    Kritik von Menschenrechtsorganisationen

    Amnesty International bewertete die Entscheidung des BAMF als "völlig falsches Signal". Die zuständige Frachreferentin warnte, bis das Bundesamt gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt seine Entscheidungspraxis an die neue Lage anpassen könne, dürften Schutzsuchende nicht mit Unsicherheit und Perspektivlosigkeit alleingelassen werden. Forderungen nach schnellen Abschiebungen oder der Aussetzung des Familiennachzugs erteile Amnesty "eine klare Absage".
    Kritik kam auch von der Geflüchtetenorganisation "Pro Asyl", die erklärte, in Syrien herrschten weiterhin Chaos und Gewalt. Eine sichere Rückkehr für geflüchtete Syrerinnen und Syrer sei unter diesen Umständen nicht gewährleistet.
    Ähnlich äußerte sich Bundesinnenministerin Faeser. Die SPD-Politikerin sagte, die Lage in Syrien sei noch sehr unübersichtlich. Konkrete Rückkehrmöglichkeiten seien im Moment nicht vorhersehbar.

    Forderungen nach Rückkehr von Union, AfD und BSW

    Die Unionsparteien dagegen plädierten dafür, Menschen aus Syrien Anreize für die Rückkehr in ihre Heimat zu geben. Viele Syrer dürften bald freiwillig zurückkehren wollen, sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Throm, von der CDU. Das müsse aktiv unterstützt werden, etwa durch Reisebeihilfen und Flüge. Deutschland müsse sich aber auch auf Abschiebungen nach Syrien vorbereiten.
    AfD-Chefin Weidel sagte dem "Stern", es stehe "außer Frage, dass bei vielen Personen aus Syrien der Fluchtgrund entfallen" sei – vor allem bei jenen, die angegeben hätten, von der ehemaligen Regierung verfolgt worden zu sein. BSW-Gründerin Wagenknecht betonte, diejenigen, die in Deutschland die Machtübernahme durch Islamisten bejubelten, sollten möglichst schnell nach Syrien zurückkehren.

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    Diese Nachricht wurde am 10.12.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.