Ein zweiter Putsch im westafrikanischen Mali - innerhalb nicht einmal eines Jahres. Wieder sind es die gleichen Militärs, die Regierungspolitiker festnehmen und sie zum Rücktritt zwingen. Anstatt dass dringende Reformen für Arbeit, Bildung und Gesundheit vorankommen, kämpfen hochrangige Militärs in der Hauptstadt Bamako um politische Fleischtöpfe - und konzentrieren sich nicht auf den Kampf gegen Terror und Gewalt im Land.
Weil sich die Sicherheitslage nicht verbessere - damit hatten die Militärs vor neun Monaten ihren Putsch begründet. Thomas Schiller, Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung im Sahel mit Sitz in Bamako, Mali, sagt: Jetzt zeige sich, dass es vor allem um Regierungsposten gehe.
"Das hat im schlimmsten Falle weitere negative Auswirkungen auf die Stabilität des Gesamtstaates Mali, aber es hat keinerlei negative Auswirkungen auf etwas wie Terrorismusbekämpfung, weil das tut die französische Militär-Operation Barkhane - und da spielen die malischen Streitkräfte leider nur eine sehr geringe Rolle."
Wie sinnvoll sind internationale Missionen in Mali?
Das sollte sich durch die internationalen Militärbündnisse eigentlich schon längst geändert haben. Zehntausende internationale Sicherheitskräfte sind seit Jahren in Mali vor Ort. An der UN-Stabilisierungsmission MINUSMA und EU-Ausbildungsmission EUTM, die malische Sicherheitskräfte ausbildet, beteiligen sich etwa 1.100 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr. Erst vor einer Woche hatte der Bundestag eine Verlängerung des Bundeswehr-Mandats für Mali abgenickt. Auf ARD-Anfrage teilt eine Sprecherin des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr mit:
"Die Bundeswehr beobachtet die aktuellen Entwicklungen in Mali sorgfältig. Derzeit haben die Vorgänge in Mali keinen Einfluss auf die Bedrohungslage und die Auftragserfüllung der deutschen Einsatzkontingente EUTM Mali sowie MINUSMA."
Wie sinnvoll sind diese internationalen Stabilisierungs-Missionen? Kritiker stellen sie seit Jahren angesichts der sich verschärfenden Sicherheitslage in Mali immer stärker in Frage. Auch Thomas Schiller von der Konrad-Adenauer-Stiftung zieht für die Ausbildungsmission eine düstere Bilanz.
"Es ist ja kein Geheimnis, dass nahezu alle dieser Offiziere eine internationale Ausbildung bekommen haben, und zwar egal in welchen Ländern, dazu gehört auch Deutschland. Und es ist schon interessant, dass sie ein Offizierskorps hier in Mali haben, das auf dem Papier durchaus renommierteste internationale Armee-Schulen besucht hat und das trotzdem weder auf der einen Seite in der Lage ist, diese Armee richtig zu führen, noch republikanische und demokratische Strukturen zu akzeptieren."
Malis Militär ist Teil des Sicherheitsproblems
Malis Militär ist schon lange auch Teil des malischen Sicherheits-Problems. Bürger und internationale Organisationen werfen Malis Armee regelmäßig Korruption und schwere Menschenrechtsverletzungen vor. Die Armee gilt als unzureichend ausgebildet und schlecht ausgerüstet - ein leichtes Ziel für Terroristen, trotz jahrelanger internationaler Intervention. Auch das haben die Putschisten in den vergangenen Monaten nicht in Angriff genommen. Das liege auch an der Ausbildungsmission, sagt Thomas Schiller von der Konrad-Adenauer-Stiftung und zieht einen Vergleich.
"Ich wäre als Vater sehr überrascht, wenn man mir erzählen würde, dass in der Schule alle vier Monate der Lehrer wechselt, aber das ist eben die Realität in dieser Trainingsmission."
Soll die internationale Gemeinschaft Konsequenzen ziehen?
Zu wenig Beständigkeit in der Ausbildung; ausgebildete Militärs, die die Regierung mehrfach stürzen, mit kaum Konsequenzen. Auch der Putsch vor neun Monaten hatte für die Militärs kaum Konsequenzen - so sicher fühlten sie sich offenbar auch beim zweiten politischen Umsturz im Mai. Ein Strategiewechsel in Mali wird schon lange gefordert. Rückzug?
"Dann sollte man auch als internationale Gemeinschaft irgendwann ziemlich deutlich sagen, das wird alles Konsequenzen haben. Wir können da nicht solchen politischen Spielchen ewig zuschauen. Von heute auf morgen sagen, wir stampfen das jetzt einfach ein - das macht keinen Sinn. Aber mit kleineren flexibleren Instrumenten, da kann man auch mal sagen, wir frieren das jetzt mal für sechs Monate ein und warten ab, wie die Lage sich entwickelt - das geht aber nicht bei einer großen Mission wie der MINUSMA."
Solange tausende internationale Truppen in Mali einfach weiter operieren, schätzen Experten, können es sich die Militärs offenbar leisten, in der Hauptstadt über Regierungsposten zu streiten, während im Norden des Landes weiter um Sicherheit gerungen wird.