Marcel Kirstges ist Leichtathlet und Bobfahrer. Täglich trainiert der Weitspringer aus Leverkusen an seiner Athletik und feilt an seiner Sprungtechnik. Zeit zum Zocken bleibt da nur wenig. Er sei wirklich kein Gamer, betont er. Als Jugendlicher aber schon. Da sei er rausgeschickt worden und hätte auf dem Bolzplatz gespielt, danach hätte man damals noch eine Stunde Computer spielen dürfen. "Die habe ich auch ganz klar ausgekostet", erinnert sich Marcel Kirstges. Heute allerdings zieht er eine klare Grenze: E-Sport sei generell Spiel und kein Sport. Ihn fasziniere viel mehr am Sport der "Mix aus Körperlichem und Geistigem".
Allerdings, so gestand er auf der Bühne, würde er im Kammermusiksaal des Deutschlandfunks keinen E-Sportler sehen, der dem "klassischen Image entspricht - keiner, der 200 Kilogramm wiegt und einen Eimer mit Chicken McNuggets dabei hat." Für den Weitspringer ist klar: Es kann nur Sport sein, wenn man sich sportlich betätigt.
"Wo ist eigentlich die mentale Anstrengung beim Weitsprung?"
Über solche Sprüche kann der Gamer Dara Safarpour nur lächeln. E-Sport sei mehr Sport als normaler Sport. "Wo ist eigentlich die mentale Anstrengung beim Weitsprung?", fragt er provokant und sorgt für ein Raunen im Publikum.
Der Weitsprung sei sehr koordinativ, betonte Marcel Kirstges. "Ich habe fast eine Geschwindigkeit von 40 Kilometern pro Stunde, wenn ich vorne am Balken ankomme." Damit man bei dieser Geschwindigkeit den Balken richtig treffe, müssten ganz viele Sinne zusammenarbeiten. "Das ist eine hohe mentale Anstrengung - gerade auch im Training."
Vom Fußballer zum E-Sportler
E-Sportler Dana Safarpour war einst Fußballer - doch den Ball tauschte er gegen den Controller. Ausschlaggebend war das Spiel League of Legends. "Ich habe gesehen, dass da der Wettkampf größer ist als beim Fußball. Da war der Antrieb, gewinnen zu wollen, stärker", sagte er bei der Podiumsdiskussion der 8. Sportkonferenz im Deutschlandfunk.
Der größte Unterschied zum normalen Sport sei, dass es bei jedem Spiel eine Rangliste gebe. Zudem könne man direkt mit den besten Spielern der Welt spielen. "Ich kann nicht Fußball spielen und auf einmal kommt Neymar vorbei", sagte Safarpour und fügte an "das war die große Faszination, beim E-Sport habe ich auf einmal gegen die besten Spieler Europas gespielt."
Versagt einer, versagen alle
Safapour gehört zum E-Sport-Team der RWTH Aachen. Verglichen zum organisierten Vereinsleben in Turn- und Sportvereinen gebe es beim E-Sport deutliche Unterschiede. Organisieren sei Mittel zum Zweck und basiere nicht auf Freiwilligkeit. Den E-Sport mit seinen einzelnen Spielern sieht er aber dennoch als Teamsport. "Sobald einer versagt, versagt das ganze Team". Man gewinne zusammen und verliere zusammen. Allerdings, so fügt er lächelnd hinzu, "Verlierer werden im E-Sport sehr schnell ausgetauscht und die Spanne für eine Karriere ist im Moment nicht sehr lang."
Ähnlicher Alltag
Und sonstige Gemeinsamkeiten? Der Alltag eines E-Sportlers ähnele dem eines Sportlers: Frühstück, Teambesprechung, spielen bzw. trainieren, Fitnesstraining und danach wieder E-Sport. Marcel Kristges erkennt da ein paar Parallelen zum eigenen Sportaufwand. "Ich denke, wenn man professionell E-Sport betreiben möchte, investiert man sehr viel Zeit." Der Weitspringer zeigte sich diplomatisch und räumte ein, dass er durchaus auch eine gewisse Trainierbarkeit im E-Sport sehe. Die Digitalisierung ließe sich aus dem heutigen Leben nicht ausblenden. "Jeder, der langfristig in die Zukunft schaut, weiß, dass solche Fähigkeiten auch im Berufsalltag gefragt sind." Die meisten Fähigkeiten träfen aber auch auf Brettspiele wie zum Beispiel Monopoly zu. Sein Fazit: Gaming habe seine Existenzberechtigung, aber es sei kein Sport.
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