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Welche Fische dürfen noch mit gutem Gewissen gegessen werden?

Viele Fischbestände sind, nach Angaben von Meeresforschern, überfischt. Obwohl dieser Missstand bekannt ist, unternimmt die Politik nur wenig zu ihrem Schutz, da dabei auch immer Arbeitsplätze auf der Kippe stehen. Doch Verbraucher können mit ihrer Kaufentscheidung steuern, was im Handel gut geht und was liegen bleibt - und somit nicht mehr gefangen wird.

Von Verena Herb |
    Jeder Deutsche isst pro Jahr im Durchschnitt 15,6 Kilogramm Fisch. Die Favoriten sind: Alaska-Seelachs, Hering und Lachs. Lange galten die Fischvorkommen der Meere unerschöpflich. Doch heute sind viele Fischbestände, die als Nahrungsquelle vieler Milliarden Menschen dienen, gefährdet, erklärt Iris Menn, Meeresbiologin von Greenpeace:

    "Besonders gefährdet und nach unserer Meinung nicht auf den Tisch gehört die Scholle, der Alaska-Seelachs und auch der Rotbarsch."
    Greenpeace hat seinen Einkaufsratgeber: Fisch - beliebt aber bedroht - aktualisiert. Darin veröffentlicht die Umweltorganisation auch die Fischarten, die man ohne schlechtes Gewissen essen kann:

    "Das ist der Pangasius, die Forelle und der Karpfen. Diese Fischbestände, die sind im Augenblick in Ordnung. Sie werden mit einer schonenden Fangmethode gefangen. Das sind die zwei wesentlichen Punkte, mit denen man bewerten kann, ob wir eine nachhaltige Fischerei haben, oder eben eine nichtnachhaltige Fischerei."
    Mit Wissenschaftlern und Experten hat Greenpeace eine Methode entwickelt, durch die Fischereien und Aquakulturen auf ihre Nachhaltigkeit bewertet werden können. Dabei konzentriert sich die Umweltorganisation vorwiegend auf die in Deutschland am meisten verzehrten Fischarten. Bei der Bewertung werden folgende Kriterien angewandt:

    "Das ist einerseits der Fischbestand. Also: geht es dem Fisch gut, ist genügend Fisch da, so dass man auch etwas abfischen kann. Und es ist aber auch die Fangmethode. Bei der Scholle zum Beispiel, die mit einer Grundschleppnetzfischerei gefangen wird, haben wir fast 80 Prozent Beifang."
    Beifang bedeutet: Neben kommerziell verwertbaren Tieren verfangen sich auch andere Tiere im Netz: Seesterne, Vögel, Schildkröten - sogar Haie und Wale. Tot oder verletzt werden, nach Aussage der Welternährungsorganisation FAO, fast 20 Millionen Tonnen im Jahr an Beifang wieder über Bord geworfen.

    Die Grundschleppnetzfischerei zerstöre zudem den Meeresboden, so die Biologin. Auf der Jagd nach der Scholle durchpflügen die mit schweren Brettern und Ketten ausgestatteten Netze den Grund. Alles, was sich in den Weg stelle, werde zermalmt.

    Die FAO schätzt, dass von den weltweit kommerziell genutzten Fischbeständen 52 Prozent bis an ihre Grenzen genutzt, 19 Prozent überfischt und 8 Prozent bereits erschöpft sind. So warnen Wissenschaftler davor, dass große Fische wie Thunfisch, Schwertfisch oder Kabeljau bereits zu 90 Prozent dezimiert sind. Sie prognostizieren einen Kollaps der kommerziell genutzten Fischbestände bis zum Jahr 2048:

    "Noch vertretbare Alternativen sind im Augenblick zum Beispiel beim Heilbutt der pazifische Heilbutt, der mit einer Langleine gefangen wird. Oder eben auch die Dorade aus einer Aquakultur, aus Lagunen in zum Beispiel Griechenland."
    Über Aquakulturen, also die Zucht von Meeresfrüchten, Süß- und Salzwasserfischen, werden zwischenzeitlich 47 Prozent des Fischbedarfs abgedeckt. Doch nicht immer sind Aquakulturen eine wirkliche Alternative zum Wildfang, so Greenpeace. So führte beispielsweise die intensive Shrimp-Zucht in Asien und Südamerika zu dramatischen Verlusten der Mangrovenwälder. Durch den enormen Süßwasserbedarf der Aquakulturen wird ebenfalls das regionale Grundwasser knapp und salzig, Pestizide und Desinfektionsmittel verseuchen das Wasser. Deshalb seien für Aquakulturen, ebenso wie in der Fischerei strenge Standards notwendig, sagt Iris Menn:

    "Der Verbraucher muss auf die Verpackung genau drauf schauen. Dort ist eine deutliche Verbesserung zu sehen. Der Handel hat sich das auf den Zettel geschrieben. Wir finden mittlerweile das genauere Fanggebiet und auch die Fangmethode auf der Verpackung. Das muss noch mehr werden. Aber der Handel hat sich dort ein Ziel gesetzt: Bis 2011 eine volle Kennzeichnung zu haben. Und darauf muss der Verbraucher dann achten."
    Welche Fanggebiete überfischt, welche Bestände gefährdet oder gesund sind, erfährt der Verbraucher detailliert im Fischführer von Greenpeace, die bei der Organisation selbst bestellt oder im Internet heruntergeladen werden kann.