Organspende
Welche Regelungen gibt es zur Zeit und wie könnte eine Widerspruchslösung aussehen?

In Deutschland warten derzeit mehr als 8.000 Menschen auf eine Organspende. Die Vorgaben für eine Entnahme von Organen bei Verstorbenen oder auch Lebenden sind genau festgeschrieben. Welche Regeln gelten derzeit? Und was würde eine Widerspruchsregelung ändern? Ein Überblick.

    Die Internetseite "www.organspende-register.de" auf einem Smartphone und ein Organspendeausweis
    Trotz elektronischem Organspende-Register reicht die Zahl der Spenderinnen und Spender nicht aus. (picture alliance / epd-bild / Heike Lyding)

    Was plant die aktuelle Initiative?

    Bei der vorgestellten Lösung würde jeder volljährige und einwilligungsfähige Mensch zum Organspender, der zu Lebzeiten nicht widersprochen hat. Aus Sicht der Gruppe aus Abgeordneten von CDU, CSU, Grünen, FDP und Linken soll künftig allein der Wille des potenziellen Spenders entscheidend sein.
    Die Angehörigen erhalten kein Entscheidungsrecht, sollen aber weiterhin befragt werden. Minderjährige können ab 14 Jahren einen Widerspruch erklären, ab 16 Jahren eine Zustimmung. In allen anderen Fällen entscheiden hier die Eltern. Auch die Situation von Menschen, die nicht einwilligungsfähig seien, ist laut der Initiative im Antrag differenziert berücksichtigt. Nicht-Deutsche werden nach zwölf Monaten Aufenthalt wie Deutsche behandelt.

    Was gilt bisher in Deutschland?

    Seit 1997 gilt in Deutschland eine erweiterte Zustimmungslösung: Nur wenn der oder die Verstorbene zu Lebzeiten ausdrücklich einer Organentnahme zugestimmt hat, dürfen die Organe auch entnommen werden. Eine Zustimmung kann beispielsweise per Organspendeausweis oder durch eine mündliche Verfügung gegeben werden. Erweitert wird die Regelung dadurch, dass auch die Angehörigen oder vom Verstorbenen dazu bestimmte Personen berechtigt sind, über eine Entnahme zu entscheiden. Entscheidungsgrundlage ist dabei immer der ihnen bekannte oder der mutmaßliche Wille des Verstorbenen.
    Durch eine Bundestagsentscheidung 2012 und deren Ergänzung 2020 wurde die Regelung noch einmal erweitert und trägt nun die offizielle Bezeichnung "Entscheidungslösung". Dazu gehört, dass alle Menschen in Deutschland regelmäßiger zu ihrer Bereitschaft für eine Organspende befragt werden. Diese Entscheidung soll dokumentiert werden. So sollen die Behörden beispielsweise beim Ausstellen des Personalausweises oder des Führerscheins Informationsmaterial zur Organspende aushändigen. Auch die Krankenkassen sind dazu verpflichtet. Ebenso ist eine Speicherung der Entscheidung auf der elektronischen Gesundheitskarte denkbar. 2020 wurde zudem die Einrichtung eines bundesweiten Online-Registers beschlossen. Es geht in diesem Jahr stufenweise online.

    Wie regeln andere Länder die Organspende?

    Weltweit, aber auch innerhalb Europas, sind die Regelungen zur Organ- und Gewebespende nicht einheitlich. In Dänemark und der Schweiz gilt beispielsweise die erweiterte Zustimmungslösung. Falls keine Dokumentation der Entscheidung der verstorbenen Person vorliegt, werden die nächsten Angehörigen oder Bevollmächtigten im Fall der Fälle gebeten, im Sinne der verstorbenen Person über eine Organ- und Gewebespende zu entscheiden.
    Eine gesetzlich vorgeschriebene Widerspruchsregelung bei der Organspende gilt beispielsweise in Belgien, Österreich und Spanien. In Spanien gibt es die weltweit höchste Rate an Organspenden. Allerdings liegt das iner Studie zufolge nicht allein an der Widerspruchslösung. Es bestehe dort auch eine andere Kultur der Organspende. So werden demnach beispielsweise die Krankenhäuser dafür besser ausgestattet und bezahlt. Darüberhinaus stimmen Angehörige, die in bestimmen Fällen dennoch befragt werden, einer Organspende ihrer Verstorbenen deutlilch häufiger zu als in Deutschland.
    Diese Nachricht wurde am 24.06.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.