Was ist bei diesem Gipfel anders?
Nicht nur Politiker sollen beim G20-Gipfel in Brasilien eine Plattform bekommen. Erstmals findet ein großer Sozialgipfel vor dem offiziellen Treffen statt. In mehr als 200 Diskussionsforen debattieren Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft, Indigene, Favelabewohner, NGOs und Studierende über die Themen, die sie bei diesem Gipfel bewegen: Es geht um Klimawandel und mehr Mitbestimmung. Dazu gibt es ein großes Musikfestival, bei dem bekannte Stars der brasilianischen Musik kostenlos auftreten.
Hungersnöte stehen auch auf der Agenda der G20. Gastgeber Brasilien will den Kampf gegen Hunger und den Klimawandel in der Abschlusserklärung von Rio festschreiben. Die Welthungerhilfe erwartet große Fortschritte auf dem Gipfel. Das Treffen der führenden Industrie- und Schwellenländer sei in diesem Jahr von "entscheidender Bedeutung", sagte die Präsidentin der Hilfsorganisation, Thieme. Ziel sei es, dass ärmere und reichere Länder stärker zusammenarbeiten. Thieme rief Bundeskanzler Scholz vor dessen Abflug zu mehr Einsatz für Entwicklungsländer auf.
Welches bilaterale Gespräch des Kanzlers könnte interessant werden?
Interessant dürfte unter anderem eine Begegnung am Rande des Gipfels werden: Bundeskanzler Scholz wird am Dienstag den chinesischen Präsidenten Xi Jinping treffen. Bei dem Gespräch werde es um wirtschaftliche und sicherheitspolitische Themen gehen, hieß es in Berlin. Konkret wurde der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine genannt, an dem sich nun auch nordkoreanische Truppen beteiligen. Für Ärger zwischen der EU und China hatten zuletzt die staatlichen Subventionen Pekings für E-Autos gesorgt, auf die die Europäische Union im Oktober gegen den Widerstand des Kanzlers mit Strafzöllen reagiert hat.
Der Kanzler wird während des G20-Gipfels weitere bilaterale Gespräche mit dem Gastgeber sowie mit den Präsidenten Südafrikas, Vietnams und Singapurs führen.
Wer gehört zur G20 und wie bedeutsam sind die gemeinsamen gefassten Erklärungen?
Die G20 besteht aus der Europäischen Union, der Afrikanischen Union und 19 der stärksten Volkswirtschaften aller Kontinente: Argentinien, Australien, Brasilien, China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Kanada, Mexiko, Russland, Saudi-Arabien, Südafrika, Südkorea, Türkei und den USA. Die Gruppe ist inzwischen eigentlich eine G21, weil im vergangenen Jahr die Afrikanische Union als neues Mitglied aufgenommen wurde. Brasilien hat außerdem 18 Gastländer eingeladen, vor allem aus dem sogenannten globalen Süden, also Lateinamerika, Afrika und Asien. Die G20 repräsentiert 60 Prozent der Weltbevölkerung und vier Fünftel der weltweiten Wirtschaftskraft.
In diesem Jahr ist die Gruppe nicht komplett mit den Staats- und Regierungschefs vertreten. Der russische Staatschef Putin kann wegen eines Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs nicht nach Rio reisen. Außenminister Lawrow vertritt ihn. Auch der saudische Kronprinz bin Salman reist nicht an - die Hintergründe sind unklar.
Beschlossen werden in der Regel gemeinsame Erklärungen der Staats- und Regierungschefs, die zwar rechtlich nicht bindend sind, politisch aber trotzdem eine starke Signalwirkung haben können. Nach Angaben von Diplomaten ist bei diesem Gipfel eine gemeinsame Erklärung derzeit nicht in Sicht. So ist man sich etwa uneins, wer die Kosten für Maßnahmen gegen den Klimawandel tragen soll. Auch zum Krieg in der Ukraine gibt es unterschiedliche Haltungen.
Eklat noch vor Beginn: Frau des brasilianischen Präsidenten Lula beschimpft Musk
Brasiliens First Lady Rosangela da Silva hat bei einem öffentlichen Auftritt kurz vor Beginn des Gipfels in Rio de Janeiro den Hightech-Milliardär und Berater der künftigen US-Regierung, Elon Musk, beschimpft. Bei einer Podiumsdiskussion zum Thema Desinformation während des G20-Sozialgipfels forderte sie eine Regulierung von Onlinenetzwerken. Dann schimpfte sie mit vulgären Ausdrücken über Musk. Ein Video davon verbreitete sich schnell auf Musks Plattform X. Der Unternehmer regierte auf dem Portal "Visegrad 24": "Sie werden die nächste Wahl verlieren."
Musk hatte in Brasilien jüngst mit juristischen Problemen zu kämpfen. Der Oberste Gerichtshof sperrte zwischenzeitlich seinen Onlinedienst X mit der Begründung, dass die Verbreitung von Falschinformationen über die Plattform unterbunden werden solle. Musk wiederum pochte auf die Meinungsfreiheit und kritisierte den Richter scharf. Nach gut einem Monat wurde die Sperre Anfang Oktober wieder aufgehoben.
Diese Nachricht wurde am 17.11.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.