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Wellness statt Kleinkrieg
Südtirol profitiert vom Tourismus

Tourismus hat eine jahrhundertelange Tradition in Südtirol. Die Betten in den Hotels sind zunehmend ausgebucht. Die Region steuert auf die 35 Millionenmarke zu. Doch die steigende Zahl der Touristen hat auch Schattenseiten.

Von Kirstin Hausen |
Die Altstadt von Meran am Passerufer im Fürhling
Mediterrane Atmosphäre: die Altstadt in Meran im Frühling (imago / blickwinkel)
"Hier haben wir unseren Beautybereich, wo wir Massagen, Kopfhautbehandlungen, spezielle Körperzonenmassage für den Fettabbau, Anti-Cellulitis, Fußreflexzonenmassage."
Gedämpftes Licht, Aromaduftkerzen, zehn Behandlungsräume und ein ganzer Schrank mit Cremes, Lotionen, Körperölen zur Straffung, Entschlackung, Zellverfeinerung – der Medical Spa und Beautybereich im Hotel Villa Eden in Meran bietet das volle Programm. Dank Hotelchefin Angelika Schmid, die nicht müde wird, nach neuen und immer besseren Behandlungsmethoden zu suchen.
"Good bye, thank you, see you next year …" Mit Küsschen verabschiedet sie russische Gäste, schön dass ihr hier wart, vielen Dank, hoffentlich bis nächstes Jahr.
Dieser Beitrag gehört zur fünfteiligen Reportagereihe Wind von rechts in Südtirol.
"Die Gäste bleiben durchschnittlich sieben bis zehn Tage. Sie haben ein Rundumprogramm, mit Ernährung, mit Bewegung, mit den ganzen Behandlungen im medizinischen und ästhetischen Bereich, haben wirklich Zeit, neue Kräfte zu tanken und vital und fit nachhause zu fahren. Wir sind glücklicherweise im Villenviertel von Meran gelegen, mit Park und jahrhundertealten Zedern, deshalb definieren wir uns auch als Oase für den ruhesuchenden Gast."
Overtourism sorgt für Staus und Probleme
Der Tourismus hat eine jahrhundertelange Tradition in Meran, anders als in vielen Tälern, die früher vor allem von der Landwirtschaft lebten. Heute ist der Tourismus in ganz Südtirol ein bedeutender Wirtschaftszweig, allerdings gibt es auch Kritik. Die Übernachtungszahlen steigen von Jahr zu Jahr und steuern auf die 35 Millionenmarke zu. Die Faszination der Bergwelt führt zu kilometerlangen Staus auf den Passstraßen. Seit 2017 gibt es in Südtirol drei sogenannte "Destinationsmanagementeinheiten" die Lösungen für besonders stark besuchte Orte wie den Pragser Wildsee erarbeiten, eine Arbeitsgruppe beschäftigt sich speziell mit der Besucherlenkung in Südtirol.
"Im Moment geht der Trend zu unseren Gunsten, stark hin zu Dienstleistungen, Service. Natürlich muss die Struktur auch top sein und alles bieten, wonach die Herzenslust verlangt, aber die Menschen machen dann die Differenz. Für größere Hotels ist das sicher eine Herausforderung, aber ich sage immer, alles ist möglich. Ich predige immer: Ein Nein gibt es nicht und wir müssen die Wünsche antizipieren, das ist das oberste Gebot."
Denn die Konkurrenz ist gestiegen und noch nie war es so einfach wie heute, Hotelangebote zu vergleichen. Angelika Schmid mag Herausforderungen und der gestiegene Druck durch den Markt ist für sie ein Ansporn, immer noch besser zu werden. Diese Einstellung zeichne nicht nur sie, sondern die Südtiroler überhaupt aus.
"Ich glaube, dass über die Jahre das Südtiroler Volk immer sehr fleißige Menschen waren, die nicht aufgegeben haben, vielleicht auch durch, die politischen Situationen die wir in den 30er- , 40er-Jahren hatten, das zeichnet das Südtiroler Volk aus."
Italienische Lebenskultur bringt mediterranes Flair
Die Vergangenheit nicht vergessen, aber den Blick nach vorne richten, das ist die Devise von Angelika Schmid. Die zierliche Frau mit schwarzer Kostümjacke und dezentem Make-up ist die perfekte Gastgeberin. Für jeden, dem sie begegnet, hat sie ein Lächeln und ein paar Worte. Ein Paar um die 60 mit einem ebenfalls nicht mehr ganz jungen Golden Retriever setzt sich zum Aperitif in den Loungebereich. "Wir kommen seit vielen Jahren hierher, es gefällt uns sehr, Angelika macht das toll", schwärmt die Dame aus Bologna und tätschelt ihren Hund.
Dank der italienischen Kundschaft ist italienisch inzwischen die offizielle Sprache im Hotel, auch der Mitarbeitenden untereinander. Und mediterranes Flair komme bei allen Gästen gut an, verrät Angelika Schmids Mann Hannes Illmer. "Heutzutage bestellt ja keiner mehr von den Gästen 'ne Tasse Kaffee, es darf entweder ein Latte sein oder ein Cappuccino."
Unabhängigkeit von Rom gilt es zu schützen
Für den hochgewachsenen Mann, der eine Beratungsfirma mit 50 Angestellten leitet, hat sich Südtirol sehr positiv entwickelt. Möglich geworden sei das durch die Autonomie von Rom. Die gelte es nach wie vor zu schützen politisch. "Man hat hier in Südtirol einen Lebensraum geschaffen, der sich sehen lassen kann und der in Europa zu den führenden gehört. Das ist nur möglich durch Ruhe, Frieden aber auch Ordnung, das funktioniert gut und dementsprechend ist natürlich nachvollziehbar, dass das Volk per se das auch weiterhin so verteidigen möchte."
Die Regierungsbeteiligung der Lega sieht Hannes Illmer gelassen. Die SVP habe mit 15 von 35 Abgeordneten nach wie vor das Heft in der Hand im Landtag und das sei für alle gut. "Die SVP ist ja auch stark von den Italienern gewählt worden, dementsprechend sieht man, dass der Verstand siegt in einem System, das Ordnung und Gerechtigkeit für alle bringt. Wir haben unheimlich viele Freunde der italienischen Sprachgruppe, die unsere Autonomie sehr hochhalten, weil sie sagen, schau, absolut steh ich dahinter, weil es einfach gut funktioniert."