Archiv

Welt-Anti-Korruptionstag
Neue Regeln gegen Abgeordnetenbestechung geplant

Auch zehn Jahre nach der Verabschiedung des Anti-Korruptionsabkommens der Vereinten Nationen gehört Deutschland zu den wenigen Ländern, die das Abkommen noch nicht unterzeichnet haben. Jetzt soll das größte Hindernis beseitigt und eine neue Regelung für die Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung gefunden werden.

Von Gudula Geuther |
    "Wir haben in diesem Jahr zehn Jahre der Verabschiedung UN-Konvention gegen Korruption, das heißt zehn Jahre hat Deutschland diese Konvention nicht ratifiziert."
    Und damit, beklagt die Vorsitzende der Deutschen Sektion von Transparency International, Edda Müller, befindet man sich in Gesellschaft von Ländern wie Syrien, Nordkorea oder dem Sudan.
    "Es ist – und vor allem haben das die Spitzen der deutschen Wirtschaft immer wieder betont – in vielen Ländern dieser Welt nicht verständlich, dass Deutschland diese Konvention nicht umgesetzt hat."
    Der Grund: Zehn Jahre lang konnten sich die Parlamentarier im deutschen Bundestag nicht darauf verständigen, die Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung zu verschärfen. Derzeit ist nur der reine Stimmenkauf strafbar. Das deutsche Recht genügt der UN-Konvention nicht. Und es trifft auch nicht den eigentlichen Kern des Korruptions-Unrechts, glaubt die SPD-Fraktionsvize Christine Lambrecht. Denn wenn ein Abgeordneter die Hand hebt, ist die Meinungsbildung abgeschlossen.
    "Wenn ich anfange, Briefe zu schreiben, zu telefonieren, mich für eine Sache einzusetzen, das wäre eigentlich das Neue, dass das auch strafbewehrt wäre."
    Strafbarkeit von Amtsträgern passt auf Abgeordnete nicht
    So soll es, geht es nach Lambrecht und vielen anderen Abgeordneten, nun kommen. Im Entwurf eines Koalitionsvertrages steht:
    "Wir werden die Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung neu regeln."
    Das klingt einfacher, als es in der konkreten Umsetzung sein dürfte. Denn zum einen, das sagt auch die Sozialdemokratin Lambrecht, könne man hier keine Fünf- oder 15-Euro-Grenzen ziehen, wie sie teilweise in der öffentlichen Verwaltung gelten. Ein Abgeordneter müsse zum Beispiel an Veranstaltungen oder gemeinsamen Essen teilnehmen können, wenn er mit Interessenvertretern ins Gespräch kommt.
    Auch Günter Krings, Unions-Fraktions-Vize, will die Strafrechtsverschärfung, auch er warnt aber: Die UN-Konvention schafft an sich Maßstäbe für die Strafbarkeit von Amtsträgern. Das aber, glaubt er, passe auf Abgeordnete nicht recht. Denn die hätten bisher keinen klaren Pflichtenkreis. Den gälte es nun – zum ersten Mal – zu definieren.
    Eine Herausforderung. Denn ein Abgeordneter darf einseitig sein. Er darf sich für den Tierschutz oder die Automobilwirtschaft einsetzen, vielleicht ist er sogar genau deshalb gewählt worden.
    "Wir müssen aufpassen, dass wir die wirklich notwendige Tätigkeit und das Engagement, sich für eine Sache einzusetzen – meinetwegen für seinen Wahlkreis einzusetzen, nicht verunmöglichen."
    Spenden sollen weiterhin möglich sein
    So Günter Krings. Ohnehin ist für ihn und für Christine Lambrecht klar, und auch für die Korruptionsexpertin Edda Müller: Bei der Abgeordnetenbestechung geht es nicht um politische Hygiene allgemein. Spenden auch des Unternehmens im Wahlkreis zum Beispiel, für das sich der Abgeordnete einsetzt, wären weiterhin möglich, vor allem, wenn sie nicht an den Abgeordneten, sondern an seine Partei gehen.
    "Es geht nicht darum, derzeit bestehende Missstände zu regeln",
    stellt denn auch Christine Lambrecht klar,
    "sondern es geht darum, auch im Interesse von politischer Hygiene, aufzuzeigen: Wenn so etwas wäre, dann wäre es strafbar. Auch in Deutschland."
    In der Praxis dürfte sich also nicht allzu viel ändern durch ein neues Recht der Abgeordnetenbestechung. Vor allem eines doch: Deutschland könnte die UN-Konvention umsetzen.