Ursula Papandrea heißt die Frau, die im Internationalen Gewichtheberverband IWF grundsätzliche Reformen auf den Weg bringen sollte.
Nach Tamas Ajans Rücktritt wurde die Amerikanerin als Interimspräsidentin installiert, sie gilt als enge Verbündete des Internationalen Olympischen Komitees. Das könnte einer der ausschlaggebenden Gründe gewesen sein, weshalb das IWF-Exekutivkomitee diese Woche in einer außerordentlichen Sitzung beschlossen hat, Papandrea mit sofortiger Wirkung abzusetzen. Sie selbst war beim Meeting nicht anwesend. Ihr Nachfolger ist Vize-Präsident Intarat Jogbantoy.
Der Thailänder Jogbantoy kommt aus einem Landesverband, der aufgrund zahlreicher Dopingskandale inzwischen vom IOC von den Olympischen Spielen ausgeschlossen wurde. Dazu gehört er der alten Riege um Ex-Präsident Ajan an, die auch nach dessen Rücktritt noch fester Bestandteil des IWF-Systems ist.
"Wie kann dieser Mann an der Macht sein? Das haut mich um", flehte die britische Gewichtheberin Sarah Davies diese Woche in einem Video auf Instagram. Sie ist seit Anfang November Vorsitzende der neu gegründeten Athletenkommission im Verband – gegen die das Exekutivkomitee heftig Widerstand geleistet habe, berichtete Davies:
"Die IWF ist korrupt und braucht Reformen. Das Exekutivkomitee besteht aus Nationen, die momentan mit Anti-Doping-Verstößen zu tun haben. Wie Ägypten, wie Russland, wie Rumänien. Das Exekutivkomitee besteht aus so vielen Menschen, die diese Position nicht mehr innehaben sollten. Man kann einfach keine fairen Beschlüsse fassen mit Menschen, die schon zu lange an der Macht sind."
Yodbangtoey ist nach dem großen Aufschrei auch wieder zurückgetreten, der Brite Michael Irani ist nun seit Freitag neuer Interimspräsident. Auch er steht für die Vergangenheit: Irani war Vorsitzender der skandalbehafteten Anti-Doping-Kommission des Verbandes und sitzt auch heute noch im Exekutivkomitee.
Das Internationale Olympische Komitee beobachtet die Situation derweil – sollte sich die Lage in der IWF nicht schnell drastisch ändern, droht sogar ein Komplettausschluss der Sportart ab den Olympischen Spielen in Paris 2024.
Athletensprecherin Sarah Davies fordert inzwischen den Rücktritt des gesamten Exekutivkomitees. Ihre Petition wird schon nach wenigen Tagen von über 10.000 Menschen unterstützt, auch vom Deutschen Gewichtheberverband.
Die IWF hat auf Davies Forderungen reagiert – wie die Britin in einem weiteren Instagram-Post gestern mitteilte, habe sie jetzt eine Stimme im Exekutivkomitee. Für die Athletensprecherin ist das aber nur ein erster Schritt in die richtige Richtung.
"Man will den eigenen Verband retten. Weil der Verband ja gerade dabei ist, sich selbst abzuschaffen", sagt Gewichtheber Jürgen Spieß im Dlf. Er ist mit Davies Teil der kürzlich gegründeten Athletenkommission des Weltverbandes.
Spieß kritisiert, dass bis auf den suspendierten Präsidenten noch die gleichen Köpfe im Weltverband das Sagen hätten: "Es war der Wunsch schon das ganze Jahr über, dass man eine Neuerung endlich mal durchzieht."
"Sehen wir mal, was da noch zu retten ist", sagt Spieß. Der neue Präsident sei ein gutes Signal. Doch die Amerikaner wollten Neuwahlen erreichen.
"Es hängt an einzelnen Personalien"
Der Olympiateilnehmer Spieß plädiert nun dafür, dem aktuellen Exekutivkomitee eine Chance zu geben. Die Athletenkommission wolle allerdings vier statt nur einer Stimme. Seine persönliche Wunschvorstellung wäre aber ohnehin ein klarer Schnitt:
"Am gesündesten wäre es komplett von null, Neuwahlen, alles neu aufräumen da. Mit unverbrauchten Leuten, die nachweislich aus Verbänden kommen, wo keine Dopingvergangenheit da ist."
Doch nur mit handlungsfähigen Personen könne man schon bis Dezember die Forderungen des IOCs umsetzen. Ein ganz neuer Verband sei gar kein Thema. Dafür sei auch die Athletenkommission noch zu neu, die Mitglieder müssten sich erst zurechtfinden, er selbst hole sich noch viele Informationen und Feedback aus dem deutschen Verband. Spieß gab sich dennoch optimistisch: "Ich denke, der Weltverband ist nicht verloren. Es hängt an einzelnen Personalien."
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