Es muss wohl an den verhartzten und bereits angemerkelten Zeiten liegen, dass sich so viele renommierte Regisseure plötzlich und alle auf einmal für ausgerechnet den Autor interessieren, an den man sich zwangs seines sozialen Gewissens erinnern sollte und ihn zugleich doch nur allzu gern in der kollektiven Erinnerung unserer Schulbücher verbuddelt weiß. Hauptmann - da muss jeder einmal durch, Biberpelz forever und dann: forget it.
Doch angesichts von Agenda 2010, die man bald - behalten die Demoskopen recht - : Agenda Arbeit wird nennen müssen, angesichts dieser Agenda wie auch immer und mit EU-Osterweiterung und Globalisierung im Blick, mit all dem abstrakten Horror also unserer ängstlichen Zeit vor Augen hat man in Berlin, Hamburg, Wien oder Hannover Gerhart, den Sozialdramatiker, bereits ausgegraben, vorzugsweise seinen theaterrevolutionären Erstlingswurf "Vor Sonnenaufgang". In ihm leidet ein richtiger Mensch an den verkehrten Verhältnissen, die damals - 1889 - so herrschten, etwa im Bergbau. Dass es wenigen gut oder sogar sehr gut geht in dieser Welt, vielen aber schlecht oder sogar sehr schlecht, das allerdings war damals schon so und ist es heute noch immer.
Doch da diese vielen bei uns nicht wirklich auszumachen sind, zumindest bis jetzt noch nicht, hat sich Regisseur Thomas Ostermeier in den Münchner Kammerspielen dafür entschieden, die Handlung - gleichsam im globalisierenden Zugriff - nach Indien zu verlegen, und aus der ohnehin anonymen und im Drama gar nicht auftretende Masse der ausgebeuteten Bergarbeiter indische Näherinnen zu machen: Jene, die sich bekanntermaßen bei Firmen wie Adidas Nike oder auch Tchibo unter erbarmungswürdigen Zuständen und zu Hungerlöhnen verdingen müssen, ohne dass wir auch nur eine Sekunde zögern würden bei diesen marktbeherrschenden Marken nicht trotzdem zu kaufen.
Hauptmann also gleichsam als Obmann von Attac. Und dass dieses Antiglobalisierungsnetzwerk denn auch gleich seinen Werbetisch in der Pausenhalle der Kammerspiele aufgebaut hat, scheint da fast notwendig.
Wohl um noch eindringlicher seine Botschaft zu verkünden, lässt Regisseur Ostermeier weitere Fakten wie eine bunte Bollywoodwerbung über eine Leinwand flimmern: 120 Hosen pro Stunde als Akkordleistung etwa bei 12-14 Stunden am Tag. Tagessätze, Gewinnspannen, Anzahl der Toiletten pro Kopf, die nur zweimal pro Tag aufgesucht werden dürfen. Alles wird aufgelistet: Ostermeier war schon immer vor allem eins: politisch sendungsbewusst.
" Du kommst hierher und genießt meine Gastfreundschaft, quatscht von alter Freundschaft und so was und dann erzählst du mir ganz naiv, dass du irgendwelche deskriptiven Arbeiten über die hiesigen Verhältnisse machen willst. Ja wofür hältst du mich eigentlich. Was macht ihr. Macht unsere Arbeiter unzufrieden, reizt sie, hetzt sie auf, macht sie ungehorsam. Unglücklich. "
Und so nimmt also das eigentlich teils im schlesischen Dialekt daherkommende Drama zwischen einem skrupellosen Unternehmer und einem - allerdings- moralinen Weltverbesserer diesmal nun im schwülen Dunst einer Holzveranda vor den wedelnden Palmen Indiens seinen Lauf, in dem allerdings nun das Indienenglisch der Hausangestellten den Klassenunterschied markiert.
Dass die mit Inzest, Missbrauch und Schweralkoholismus vom Antialkoholiker Hauptmann bedeutsam sündenpfulig unterfütterte Rahmenhandlung dabei ebenso wenig in unsere Zeit passt wie auch die eingeflochtene und an seltsam altbackenen Moralskrupeln scheiternde Liebesgeschichte, scheint da wenig gestört zu haben.
Doch immerhin weiß Ostermeier seinen Ruf als Menschenregisseur zu verteidigen, der Schauspieler wie etwa Stefan Bissmeier, Michael Neuenschwander oder Julia Jentsch in den von ihm bevorzugten Naturalismus zu verführen weiß. Unterbrochen wird dieser allerdings durch das Stakkato ganz kurzer Szenen, die im flush-up das Alptraumhafte des Stückes ebenso zum Vorschein zu bringen suchen, wie auch den schwülen Dunst der neuen Umgebung. Doch kann dies letztlich nicht über die Zweifel an diesem erneuten, sicherlich gut gemeinten Wiederbelebungsversuch hinwegtäuschen, Hauptmanns Sonne will auch in München nicht so recht mehr aufgehen.
Doch angesichts von Agenda 2010, die man bald - behalten die Demoskopen recht - : Agenda Arbeit wird nennen müssen, angesichts dieser Agenda wie auch immer und mit EU-Osterweiterung und Globalisierung im Blick, mit all dem abstrakten Horror also unserer ängstlichen Zeit vor Augen hat man in Berlin, Hamburg, Wien oder Hannover Gerhart, den Sozialdramatiker, bereits ausgegraben, vorzugsweise seinen theaterrevolutionären Erstlingswurf "Vor Sonnenaufgang". In ihm leidet ein richtiger Mensch an den verkehrten Verhältnissen, die damals - 1889 - so herrschten, etwa im Bergbau. Dass es wenigen gut oder sogar sehr gut geht in dieser Welt, vielen aber schlecht oder sogar sehr schlecht, das allerdings war damals schon so und ist es heute noch immer.
Doch da diese vielen bei uns nicht wirklich auszumachen sind, zumindest bis jetzt noch nicht, hat sich Regisseur Thomas Ostermeier in den Münchner Kammerspielen dafür entschieden, die Handlung - gleichsam im globalisierenden Zugriff - nach Indien zu verlegen, und aus der ohnehin anonymen und im Drama gar nicht auftretende Masse der ausgebeuteten Bergarbeiter indische Näherinnen zu machen: Jene, die sich bekanntermaßen bei Firmen wie Adidas Nike oder auch Tchibo unter erbarmungswürdigen Zuständen und zu Hungerlöhnen verdingen müssen, ohne dass wir auch nur eine Sekunde zögern würden bei diesen marktbeherrschenden Marken nicht trotzdem zu kaufen.
Hauptmann also gleichsam als Obmann von Attac. Und dass dieses Antiglobalisierungsnetzwerk denn auch gleich seinen Werbetisch in der Pausenhalle der Kammerspiele aufgebaut hat, scheint da fast notwendig.
Wohl um noch eindringlicher seine Botschaft zu verkünden, lässt Regisseur Ostermeier weitere Fakten wie eine bunte Bollywoodwerbung über eine Leinwand flimmern: 120 Hosen pro Stunde als Akkordleistung etwa bei 12-14 Stunden am Tag. Tagessätze, Gewinnspannen, Anzahl der Toiletten pro Kopf, die nur zweimal pro Tag aufgesucht werden dürfen. Alles wird aufgelistet: Ostermeier war schon immer vor allem eins: politisch sendungsbewusst.
" Du kommst hierher und genießt meine Gastfreundschaft, quatscht von alter Freundschaft und so was und dann erzählst du mir ganz naiv, dass du irgendwelche deskriptiven Arbeiten über die hiesigen Verhältnisse machen willst. Ja wofür hältst du mich eigentlich. Was macht ihr. Macht unsere Arbeiter unzufrieden, reizt sie, hetzt sie auf, macht sie ungehorsam. Unglücklich. "
Und so nimmt also das eigentlich teils im schlesischen Dialekt daherkommende Drama zwischen einem skrupellosen Unternehmer und einem - allerdings- moralinen Weltverbesserer diesmal nun im schwülen Dunst einer Holzveranda vor den wedelnden Palmen Indiens seinen Lauf, in dem allerdings nun das Indienenglisch der Hausangestellten den Klassenunterschied markiert.
Dass die mit Inzest, Missbrauch und Schweralkoholismus vom Antialkoholiker Hauptmann bedeutsam sündenpfulig unterfütterte Rahmenhandlung dabei ebenso wenig in unsere Zeit passt wie auch die eingeflochtene und an seltsam altbackenen Moralskrupeln scheiternde Liebesgeschichte, scheint da wenig gestört zu haben.
Doch immerhin weiß Ostermeier seinen Ruf als Menschenregisseur zu verteidigen, der Schauspieler wie etwa Stefan Bissmeier, Michael Neuenschwander oder Julia Jentsch in den von ihm bevorzugten Naturalismus zu verführen weiß. Unterbrochen wird dieser allerdings durch das Stakkato ganz kurzer Szenen, die im flush-up das Alptraumhafte des Stückes ebenso zum Vorschein zu bringen suchen, wie auch den schwülen Dunst der neuen Umgebung. Doch kann dies letztlich nicht über die Zweifel an diesem erneuten, sicherlich gut gemeinten Wiederbelebungsversuch hinwegtäuschen, Hauptmanns Sonne will auch in München nicht so recht mehr aufgehen.