Ein heftiger Wolkenbruch geht auf die dicht bewachsenen Hänge des Kilimandscharo nieder. Dicke Dunstschleier verdecken den Blick auf seinen majestätischen Gipfel.
Die gewaltigen Wassermassen verwandeln den steilen und gewundenen Feldweg bergauf in einen Schlammpfad. Und sie reißen die Erde mit sich.
"Das ist unser Problem hier an den Hängen: Wir verlieren unseren fruchtbaren Boden an die Leute unten in der Ebene. Wenn wir keine Bäume pflanzen und den Boden schützen, können wir nicht ernten."
Fabiani Kileo hat eine Farm in Kihamba Shimbwe Juu, zu Deutsch: im Dorf Shimbwe auf der Höhe - eine knappe Autostunde aufwärts am höchsten Berg Afrikas. Ein paar wackelige Holzhütten, einige kleine Läden und ein großes Schild am Wegrand: Shimbwe Juu "Weltagrarkulturerbe" steht darauf, auf Kisuaheli und Englisch. Den Titel verdankt das Dorf unter anderem seiner traditionellen Art, die Bodenerosion zu stoppen.
"Wir haben Bäume gepflanzt, Kaffeepflanzen, Bananen und Passionsfruchtbäume. Die stehen an den Grenzen der Farm, aber die anderen, Bananen, Kaffee und Bäume, pflanzen wir alle zusammen."
Kluges Platzieren lässt unterschiedliche Pflanzen gut gedeihen
Um den Platz auf den Shambas, den kleinen Farmen, optimal zu nutzen, erklärt er. Aber auch aus anderen Gründen. Die Kaffeepflanzen zum Beispiel brauchen in der Trockenzeit Schatten, den etwa die größeren Mangobäume spenden.
Die Farm von Calisti Keleo liegt etwas außerhalb von Shimbwe Juu, ein Stück weiter den Kilimandscharo hinauf. Auf dem schmalen Streifen Gras vor dem kleinen Stall grast eine einzelne Kuh.
Hinter dem Haus führt ein schmaler Fußpfad steil den Hang hinunter. Quer durch einen dichten grünen Dschungel: Baumtomaten wachsen hier, Mangos, Kaffee und massenweise kleinere grüne Blattpflanzen. Ihren Namen hat Calisti Keleo vergessen.
"Sie verhindert Erosion und die Blätter liefern Futter für die Kuh."
Mit übergroßen Gummistiefeln stapft der 82-Jährige durch den Regen und präsentiert stolz seine Bananen. Die Bäume mit den riesigen Blättern wachsen überall auf seinem Stück Land.
"Hier habe ich nicht so viele von den kleinen Pflanzen hingesetzt, weil die Bananen auch den Boden festhalten. Weiter unten wächst noch mehr Kaffee, aber davon sind nicht mehr so viele Pflanzen übrig.
Den Kaffee könnte er zwar zu einem guten Preis verkaufen, aber Calisti Keleo spürt langsam seine Jahre. Die Arbeit auf seiner Farm macht ihm zu schaffen. Denn auch wenn die clevere Mischung seiner Pflanzen die Bodenerosion aufhält, das alleine reicht noch nicht.
"Wir bauen Terrassen, damit das Wasser nicht so schnell fließen kann. Das hilft, das Wegschwemmen der Erde zu stoppen."
Was die Farmer wie Fabiani Kileo als Terrassen bezeichnen, ist eigentlich eine Reihe von Gräben, die sie untereinander in den Hang graben. Jeder etwa zwei Meter tief und einen Meter breit, erklärt sein Nachbar Taddeus Temba:
"Nach einer Weile laufen sie voll. Dann nehmen wir die Erde heraus und bringen sie zurück auf das Land."
Das heißt, sie tragen sie den Steilhang wieder hoch und verteilen sie zwischen die Pflanzen. Das ist eine Menge Arbeit, lachen alle gemeinsam.
Zu viel für Calisti Kileo, der seine Shamba jetzt alleine mit seiner Frau bestellen muss. Neun Kinder haben die beiden großgezogen, aber die sind - wie viele junge Leute – weg von Shimbwe Juu und haben sich anderswo in Tansania besser bezahlte Jobs gesucht.
"Die Kinder kommen nur zu Besuch. Sie sagen Hallo, nehmen Früchte und Gemüse mit und gehen wieder."
Nachdem das Dorf zum Weltagrarkulturerbe erklärt wurde, hat die Welternährungsorganisation FAO den Farmern Vanillesetzlinge zur Verfügung gestellt. Taddeus Temba:
"Wenn die Vanille hier gewachsen wäre, dann hätten wir dafür bessere Preise bekommen als für Kaffee. Aber die Setzlinge sind eingegangen. Vanille mag weder den vielen Regen hier noch die Kälte."
Eine schwere Enttäuschung für die Farmer an den Hängen des Kilimandscharo, die sich von ihrem Titel ein bisschen mehr erhofft hatten als die Ehre und ein Hinweisschild am Dorfrand.