Der Traum von den Zitronengärten beginnt recht prosaisch, in einer großen Halle am Rand von Sant'Angello in der Nähe von Sorrent. Etwa 200 Bauern bringen ihre Zitronen hierher - gerade wird daraus Saft gepresst. Zitronen sind hier, rund um Sorrent und an der Amalfi-Küste ein Wirtschaftsfaktor. Das sei inzwischen wieder so, sagt Mariano Vinaccia, der Chef der Kooperative Solagri:
"Wirtschaftlich ist das wichtig, denn hier wurde früher alles sich selbst überlassen. Die sorrentinischen Gärten wieder aufpäppeln, bedeutet, die Umgebung beleben, die sorrentinische Halbinsel wieder lebenswert machen. Und etwas hervorheben, für das wir Jahrhunderte lang berühmt waren: besser leben. Denn ein gepflegter Garten ist allemal besser, als keine Pflanzen zu haben."
Viele Gärten sind verschwunden
In den letzten Jahrzehnten wurden viele Flächen, viele alte Gärten aufgegeben. Die meisten Bauern haben winzige Parzellen. Und oft ist die Arbeit schwer, weil die Gegend bergig ist. Noch auf etwa 700 Hektar werden die Küste entlang Zitronen angebaut. Sie sind berühmt in der ganzen Welt. Wenn sie nicht so verkauft werden, machen sie daraus Saft oder den guten Limoncello.
Und wer dorthin geht, woher die vielleicht besten Zitronen der Welt wachsen, der betritt ein Paradies: Hoch auf den Felsen, über dem Hafen von Sant'Agnello liegt ein Zitronengarten, den sie Il Pizzo nennen. Mehrere Hektar groß, manche Bäume hier sind 300 Jahre alt. Und Mariano Vinaccia ist stolz darauf, schließlich hat er selbst zwei Hektar Zitronenplantage:
"Der Garten gehört zu einem der drei historischen Stücke Land, wo der Anbau von Zitrusfrüchten auf der Halbinsel von Sorrent begonnen hat. Das begann hier schon um 1600, um 1750 sind dann die großen Plantagen von Orangen und Zitronen angelegt worden."
Lange Tradition bis zur Zeit der Römer
Eine lange Tradition. Man hat in der Nähe römische Fresken gefunden, auf denen Zitronen zu sehen sind. Und die Sorte Ovale di Sorrento gilt als besonders gut. Schon die Schale riecht herrlich aromatisch, viel Saft gibt es. Und eine tolle Mischung aus Säure und Süße. Aber nicht immer hatten Zitronen hier einen guten Ruf, sagt der Landwirt Andrea Chirchia:
"Früher nannte man den Zitronenbaum die Pflanze der armen Leute, denn wenn ein Bauer Geld brauchte, ging er zum Baum, pflückte ein paar Körbe Zitronen und verkaufte sie auf dem Markt. Und brachte etwas Geld nach Hause zum Überleben."
Viel lässt sich mit dem Zitronenanbau auf kleinen Flächen hier nicht verdienen. Aber es gibt den Willen, eine einzigartige Kulturlandschaft zu pflegen, die nicht nur die Touristen begeistert, sondern die zum Erbe Europas gehört. Nicht ganz einfach in Zeiten der Krise, wo viele junge Leute die Flucht ergreifen.
"Die Leute gehen weg. Doch wir engagieren uns, damit das aufhört. Die Gärten müssen wieder gepflegt werden. Unsere Kooperative kümmert sich jetzt um vier weitere Gärten, damit sie nicht verwildern. Wir glauben fest an den Anbau von Zitrusfrüchten und an unsere Zitronen."
Auch Mariano Vinaccia sagt: Die Zitronen seien die Vergangenheit und die Zukunft dieser Region. Am Anfang, vor über 30 Jahren, haben zehn Bauern bei seiner Kooperative mitgemacht. Inzwischen sind es 200, die zusammen auf 160 Hektar Zitronen anbauen. Hagel und Frost haben den Bäumen im letzten Jahr zugesetzt. Außerdem gibt es einige, die unter dem Label "Zitronen aus Sorrent" ihre Geschäfte machen - auch wenn sie Ware von anderswo verkaufen.
Aber die Zitronen aus der Gegend um Sorrent und von der Amalfi-Küste sind ein Kulturgut. Und dafür wollen sie hier kämpfen, solange die Bäume Früchte tragen.