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Weltagrarkulturerbe
Wasserbrotwurzel-Kultur in Vanuatu

Der pazifische Inselstaat Vanuatu schafft es meist nur bei Naturkatastrophen in die Schlagzeilen: Die Inseln liegen im Erdbebengebiet und werden häufig von Wirbelstürmen getroffen. Auch wegen dieser Stürme besinnen sich die Menschen auf alte und robuste Kulturpflanzen wie Yams und Taro.

Von Udo Schmidt |
    Taro-Knollen auf einem Markt
    Taro-Knollen auf einem Markt (Udo Schmidt)
    Der Markt am Rand der Provinzhauptstadt Luganville auf der Insel Santa, einem kleinen Städtchen der Inselrepublik Vanuatu, kaum mehr als die Reihe Häuser entlang der Hauptstraße. In der Markhalle liegen Kokosnüsse, Orangen, Yamswurzeln vor Sonne und Regen geschützt unter einem Betondach, am Rand der etwas düsteren Halle sind dicke Knollen aufgebaut, immer fünf zusammen gebunden: Taro, die Wasserbrotwurzel, die gerade auf Vanuatu wiedeentdeckt wird, als gesundes Grundnahrungsmittel, das lange Zeit in Vergessenheit geraten war.
    Taro-Knollen werden auf dem Markt in Luganville als Bündel verkauft
    Taro-Knollen werden auf dem Markt in Luganville als Bündel verkauft (Udo Schmidt)
    Die weiß-braunen Knollen sind bis zu 20 Zentimeter lang und werden bei neuen Züchtungen bis zu 15 Kilo schwer, die großen grünen Blätter mit etwa einem halben Meter Durchmesser werden auf Fidschi gegessen, auf Vanuatu nicht, hier füttert man damit die Tiere.
    Die Köchin Mary
    Die Köchin Mary (Udo Schmidt)
    Mary ist Köchin in einem kleinen lang gestreckten Bau neben der Markthalle. Sie verarbeitet Taro zu Simboro, dem traditionellen Gericht Vanuatus, Taropaste in große Spinatblätter gerollt:
    "Unser lokales Essen heißt Laplap, eines davon ist Simboro, mit Spinat und Taro im Ofen."
    Roger Malawa
    Roger Malawa (Udo Schmidt)
    Einer, der sich auf den Inseln Vanuatus für die Verbreitung von Taro starkmacht, ist Roger Malawa. Er betreibt auf Santo einen Zuchtgarten der Landwirtschaftsbehörde. Dr. Roger, wie ihn alle nennen, hat in Frankreich studiert und ist dann nach Vanuatu zurückgekommen. Darauf sind hier alle stolz. Roger stapft durch seine Plantage:
    "Taro ist eine unserer Feldfrüchte, Taro und Yams sind die Nahrungsmittel, die kulturell wirklich wichtig sind. Taro ist gut für die Regenzeit, Yams für die Trockenzeit."
    Taro ist nahrhaft, leicht zu verarbeiten und ziemlich widerstandsfähig, weiß Vincent Lebot, der in Vanuatus Hauptstadt Port Vila das französische Agraruntersuchungsinstitut CIRAD leitet:
    "Die Pflanze ist sehr widerstandsfähig etwa gegen Zyklone. Die Blätter werden zwar vom Sturm völlig zerrissen, aber die Knolle im Boden bleibt heil. Und es gibt keine Saatzeit, man kann Taro immer aussäen und ernten. Taro im Boden heißt Nahrung im Boden."
    Sturmfestes Knollengewächs
    Taro gilt als älteste Nutzpflanze, daher auch wurde sie von der Welternährungsorganisation FAO zum Weltagrarkulturerbe erklärt:
    "Wir gehen davon, dass es die älteste Feldfrucht ist. Offenbar wurde Taro vor etwa 12.000 Jahren kultiviert, noch vor dem Weizen etwa."
    Der Bauer White Silas
    Der Bauer White Silas (Udo Schmidt)
    Zurück nach Santo, auf die Insel, auf der Taro besonders verbreitet ist. White Silas ist einer der Taro-Bauern, der von Roger Malawa die Setzlinge empfängt, häufig neue Züchtungen, noch widerstandsfähiger etwa. White hat eine große Fläche Palmen gerodet und baut dort, mitten im Wald nun an:
    "Taro ist wichtig für Einladungen an Feiertagen, früher wurde da immer Taro serviert und es ist auch Kraftnahrung, viele essen Taro, weil sie dann mehr arbeiten können."
    Aber White, der Bauer, der, so wünscht es sich das Landwirtschaftsministerium, Taro weiterverbreiten soll bei den Bauern der Umgebung, White kämpft derzeit mit der Natur. Der Zyklon Pam im März war mit Windgeschwindigkeiten bis 300 Stundenkilometren war so heftig, dass er sogar die Taro-Knollen aus dem Boden gerissen hat, viele Knollen sind verrottet. Und nun droht eine durch El Nino ausgelöste lange Trockenperiode, nicht gut für die Taro-Knolle, die viel Wasser braucht.
    Taro soll Reis ablösen
    Mit Taro soll auch der Reis auf den Inseln des Südpazifiks abgelöst werden. Damit ließe sich die Ernährungssicherheit - food security, der dauerhaft sichere Zugang zu Nahrungsmitteln - deutlich erhöhen. Denn Reis, sagt Vincent Lebot, wird immer teurer, Exporteure wie Vietnam bräuchten immer größere Teile der Ente für sich:
    "Wir sind große Reisesser hier. Es gibt zwei große Exporteure, Thailand und Vietnam, Vietnam fährt die Exporte zurück, Indonesien und die Philippinen sind bereits Reis-Importeure. Wo soll der ganze Reis in Zukunft herkommen? Er wird einfach immer teurer."
    Das lokale Essen Simboro
    Das lokale Essen Simboro (Udo Schmidt)
    Bei White Silas zuhause jedenfalls gibt es häufig Simboro, das lecker schmeckende Taro-Gericht - Laplap, wie es auch in Bislama, dem lokalen Pidginenglisch Vanuatus heißt, Local Food, das man einwickelt - Laplap eben. Nur manchmal, wenn seine Kinder drängeln, dann kaufe er doch mal wieder ein Kilo vom teuren Reis, erklärt White Silas lachend. Da sei der Vater dann machtlos.