Kritik an der gemeinsamen europäischen Flüchtlingspolitik kam an diesem Tag von vielen Seiten. Sieben Nichtregierungsorganisationen, die im Mittelmeer tätig sind, forderten unter anderem, dass die Europäische Union eigene Flotten einsetzt, um Flüchtlinge zu retten.
Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR berichtet, dass seit Jahresbeginn mehr als 2.000 Menschen auf der Mittelmeerroute umgekommen sind oder noch vermisst werden. Das Hilfswerk spricht von einer der gefährlichsten Fluchtrouten.
Weltweit sind über 65 Millionen Menschen auf der Flucht. Doppelt so viele als noch vor zwanzig Jahren, die höchste Zahl, die das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen jemals registriert hat. Die überwiegende Mehrheit von ihnen sind Binnenflüchtlinge, suchen also in ihren Heimatländern Schutz.
"Eine Schutzquote von 62 Prozent"
In Deutschland bekamen von 2016 bis Ende Mai 2017 über 600.000 Flüchtlinge Asyl - so die Präsidentin des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, Jutta Cordt, auf einer Veranstaltung heute Vormittag in Berlin:
"Wir haben in 2016 eine Schutzquote von 62 Prozent gehabt. Also 62 Prozent konnten bleiben, das sind rund 435.000 positive Entscheidungen. Am aktuellen Rand - also Ende Mai 2017 - haben wir eine Schutzquote, die niedriger liegt. Die liegt bei 45 Prozent, das sind 168.000 Entscheidungen. Und wenn man beides zusammennimmt, kann man sagen, haben wir 605.000 positive Entscheidungen getroffen. Wenn man sich einfach mal ein Bild vor Augen führt. Das ist ungefähr eine Größenordnung von Düsseldorf als Großstadt"
Ist das viel oder wenig? Weltweit suchen über 25 Millionen Menschen Schutz in anderen Ländern – also die Einwohnerzahlen von Berlin, Hamburg, New York und Moskau zusammengenommen.
Volker Türk, der stellvertretende UNO-Flüchtlingshochkommissar, sieht reiche Länder wie Deutschland in der Pflicht – nicht nur bei der Aufnahme von Geflüchteten. Er sagte im ZDF-Morgenmagazin:
"Es ist natürlich ganz besonders wichtig, dass wir, die Internationale Staatengemeinschaft, Länder wie Deutschland, auch tatsächlich Hilfe leisten, die Aufnahmeländer unterstützen und versuchen auch die Ursachen von Konflikt und Gewalt anzugehen."
UN-Hilfsprogramme seien unterfinanziert
Die internationale Staatengemeinschaft leistet aber nicht genügend Hilfe, kritisierte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özuz. Sie nannte es - Zitat - "eine Schande für die internationale Gemeinschaft, dass die Hilfsprogramme der Vereinten Nationen noch immer unterfinanziert sind."
Deutschland engagiert sich seit einigen Jahren finanziell immer stärker in der humanitären Hilfe. Dieses Engagement lobte Volker Türk: "Deutschland spielt auch eine Vorreiter-Rolle international, aufgrund des Engagements. Und ist mittlerweile eines der wichtigsten Geberländer im humanitären Bereich auf der Welt, für uns, für UNHCR."
Laut Außenminister Sigmar Gabriel hat sich Budget für die humanitäre Hilfe der Bundesregierung im Ausland in den vergangenen fünf Jahren mehr als verzehnfacht. Deutschland könne kann Herausforderungen aber nicht alleine meistern, betonte Gabriel, er forderte "gemeinsame internationale Anstrengungen und eine gerechtere Verantwortungsteilung."