Wer auf der Insel Maui die Sonne präzise beobachten will, muss hoch hinaus: zuerst auf den Gipfel des gut 3.000 Meter hohen Vulkans Haleakala – und dann im mächtigen Teleskopgebäude bis in den 6. Stock.
Thomas Rimmele: "Can you feel your legs? We are not used to that little amount of oxygen, right?"
Ein Teleskop auf dem Vulkan Haleakala
Wer die dünne Luft nicht gewöhnt ist, bekommt schnell kurzatmig müde Beine. Oben in der Kuppel thront eine Konstruktion aus dicken weißen Stahlrohren. Am unteren Ende befindet sich eine runde Scheibe mit jeder Menge Kabeln und Schläuchen.
"Wir blicken hier genau von hinten auf den Spiegel. Er hat vier Meter Durchmesser und wird von 120 kleinen Stempeln immer perfekt in Form gehalten, auch wenn er sich in der Hitze des Sonnenlichts verformt. Unser Kühlsystem hält ihn zudem immer in etwa auf Zimmertemperatur."
Thomas Rimmele ist der Direktor des Daniel K. Inouye Solar Telescope, kurz DKIST, benannt nach einem langjährigen Senator des US-Bundesstaats Hawaii. Der Forscher stammt aus Deutschland und ist seit mehr als 20 Jahren bei Planung und Bau des weltweit größten Sonnenteleskops dabei.
"Das Licht wird vom Hauptspiegel auf den kleinen Spiegel da oben gelenkt, vor dem eine Scheibe mit einem kleinen Loch das meiste Licht abblockt. Wir beobachten immer nur einen kleinen Teil der Sonnenscheibe. Das Licht gelangt dann in das Coudé-Labor einige Stockwerke unter uns, wo sich die Instrumente befinden."
Beste Bedingungen an 300 Tagen im Jahr
Die Sonnenscheibe ist gleißend hell. Da wäre an sich kein Teleskop mit vier Metern Durchmesser nötig, um sie zu untersuchen. Doch die Korona, die Sonnenatmosphäre, ist extrem lichtschwach und lässt sich nur mit einem großen Teleskop an einem Ort mit perfekt blauem Himmel beobachten – auf Haleakala ist das an rund 300 Tagen im Jahr der Fall. Die auch in Hawaii unvermeidliche Luftunruhe korrigiert die "adaptive" Optik – ein extrem biegsamer Spiegel im Strahlengang stellt das Bild perfekt scharf, bis zu 2.000 Mal pro Sekunde.
"Unser Hauptziel ist, die Magnetfelder auf der Sonne und in der Korona zu messen. Dieses Teleskop ist empfindlich genug, um erstmals all die magnetischen Strukturen zu beobachten, die die Vorgänge auf der Sonne steuern. Und dann wollen wir die Sonnenaktivität verstehen, warum es Flecken und Flares gibt – die Strahlungsausbrüche, die sogar bei uns auf der Erde große Auswirkungen haben."
Turbulenzen und brodelndes Gas, das die ganze Sonnenoberfläche bedeckt
Wie gut das Teleskop ist, zeigt das erste Bild, das es von der Sonne gemacht hat: Nie zuvor war die brodelnde Oberfläche so detailreich zu sehen. In den Blasen heißen Materials, die aufsteigen und absinken wie im kochenden Wasser auf dem Herd, sind noch Einzelheiten von nur 30 Kilometern Größe zu erkennen – und das bei einem Sonnendurchmesser von fast 1,4 Millionen Kilometern! 40 bis 50 Jahre lang soll DKIST solch genaue Blicke ermöglichen. Der Vulkan wird damit für die Fachleute das, was er in der Sprache der Einheimischen schon lange ist: Haleakala bedeutet "Haus der Sonne".