Rein zahlenmäßig laufen die Geschäfte gut für europäische Firmen, die in China aktiv sind. Die Wirtschaft des bevölkerungsreichsten Landes der Welt wächst immer noch um mehr als sechs Prozent pro Jahr, die Mittelschicht verlangt nach hochwertigen Produkten und entsprechend sieht es in Sachen Umsatz und Gewinn gut aus für europäische Firmen.
Doch das sei eben nicht alles, sagt Carlo D’Andrea von der Europäischen Handelskammer in Shanghai. "China ist das Land der Widersprüche. Trotz der guten Ergebnisse darf man nicht einfach nur auf die Zahlen blicken. Wenn man das tut, könnte man meinen: China ist ein guter Ort, um Geschäfte zu machen. Doch die Realität sieht ziemlich anders aus."
Verschlechterte Rahmenbedingungen
Der größte Lobbyverband europäischer Firmen warnt: China bleibe eine der restriktivsten Volkswirtschaften der Welt, aller Reformversprechen zum Trotz. Die Rahmenbedingungen für nicht-heimische Firmen verschlechterten sich in vielen Bereichen, statt sich zu verbessern. Als Beispiele nennt der Shanghaier Handelskammer-Präsident D’Andrea Unsicherheiten bei der Frage, wie staatliche Regulierungen umgesetzt werden, fehlende Rechtssicherheit und fehlende Rechtsstaatlichkeit.
Weiterer Kritikpunkt: Die schärfer werdende Zensur und Blockade des freien Internets in China, fast zwei Drittel der befragten Firmen sagt, das schade den Geschäften. Fast die Hälfte der Unternehmen gibt außerdem an: Uns sind mögliche Verträge durch die Lappen gegangen, weil wir keinen fairen Marktzugang in diesem Land haben.
Beschwerden hinter vorgehaltener Hand
All diese von der Europäischen Handelskammer erhobenen Beschwerden sind nicht neu. Hinter vorgehaltener Hand werden sie immer wieder geäußert, auch und gerade von deutschen Managern in China. Doch offen will die Themen meist niemand ansprechen, weder die betroffenen Firmen, noch Verbände wie die Deutsche Auslandshandelskammer AHK, die sich stets um ein positives China-Bild bemüht.
Anders die Europäische Handelskammer. Sie kritisiert: Die Staats- und Parteiführung in Peking stelle sich zwar immer wieder als Fürsprecherin des weltweiten Freihandels dar, entsprechende Reformversprechen würden häufig aber nicht umgesetzt. Carlo D’Andrea: "Chinas Führung sagt, was die Leute in Europa gerade hören möchten. Allerdings werden die Reformen längst nicht so schnell umgesetzt wie es sein sollte."