Besonders drei massive Notsituationen beschäftige die Welthungerhilfe derzeit besonders: Der Südsudan, die Zentralafrikanische Republik und Syrien. Für die syrische Bevölkerung sei die Lage besonders traumatisch, weil das Land eigentlich stabile Verhältnisse gewöhnt sei. "Wir erleben Syrien als ein Land, von dem wir uns nicht haben vorstellen können vor vier Jahren, dass wir dort würden arbeiten müssen, ein Land das zwar politisch durch eine Diktatur bestimmt war, aber ein Kulturland, ein Land in dem die Menschen sich ernähren und leben können. Heute bedeutet Syrien über drei Millionen Flüchtlinge, wir erleben ein Land in dem Hunger selbstverständlich geworden ist, Menschen, die keine Unterkünfte haben, Menschen, die nicht medizinisch versorgt sind," sagt Bärbel Dieckmann, Präsidentin der Welthungerhilfe.
In Syrien spiele sich eine "unglaubliche humanitäre Tragödie" ab. Die große Hilfsbereitschaft im Land selbst zu Beginn des Konfliktes, als die Flüchtlinge noch zum großen Teil von Familien aufgenommen worden seien, sei angesichts des Ausmaßes der Zerstörungen mittlerweile nicht mehr möglich. Dieckmann: "Wer sich die Bilder anguckt, das sind Bilder, die erinnern ehrlich gesagt ziemlich stark an Deutschland nach 1945. Wo 80 oder 85 Prozent der Städte einfach zerstört sind, wo Ruinen stehen."
Deutschland muss mehr Flüchtlinge aufnehmen
Es sei evident, dass Deutschland mehr als die jetzt zugesagten 10.000 Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen müsse, betonte Dieckmann. Auch müssten humanitäre Korridore geschaffen werden, um die Versorgung der zu großen Teilen abgeschnittenen Bevölkerung zu ermöglichen. Dies sei das mindeste, was in einem bewaffneten Konflikt möglich sein muss, so die Forderung.
"Hier wird auch die humanitäre Not, der Hunger als Waffe eingesetzt. Also es ist tatsächlich so, dass Menschengruppen ganzer Regionen systematisch abgeschnitten werden von humanitärer Hilfe. Das ist völlig unakzeptabel, jenseits der Gesamtbetroffenenzahlen. Da gibt es offenbar kein Verständnis, kein Einlenken, dass es hier Zivilisten gibt, die unschuldig an diesem Konflikt leiden", sagte Generalsekretär Wolfgang Jamann.
Humanitäre Katastrophe im Südsudan
Auch im Südsudan zeichne sich eine humanitäre Katastrophe ab. Die Hoffnungen auf Stabilität und friedliche Entwicklung hätten sich nach der Unabhängigkeit des Landes im Jahr 2011 nicht erfüllt. Obwohl es angesichts der Ölvorkommen und der großen Zahl landwirtschaftlich bewirtschaftbarer Flächen die Chancen dafür gab. Doch der Bürgerkrieg, der auch ein Krieg um Ressourcen sei, habe alle Hoffnung zerstört. 90 Prozent der Bevölkerung lebe unterhalb der Armutsgrenze, rund eine Million Menschen seien auf der Flucht. Die Staatengemeinschaft müsse sich verstärkt politisch um die Beilegung der Konflikte bemühen, damit die Menschen nicht zur Abwanderung gezwungen würden, warnte Dieckmann.
"Wer aus den Lagern an der Grenze zu Somalia kommt, wer aus dem Südsudan kommt, für den ist das Mittelmeer nicht die wirkliche Gefährdung. Weil der ganz andere Dinge erlebt hat. Das heißt, die Menschen werden kommen", so Dieckmann. Für die Entwicklungshelfer vor Ort werde die Arbeit weltweit immer gefährlicher, betonte die Organisation. Gewalt nehme zu, Helfer hätten sich zunehmend einer regelrechten "Entführungsindustrie" zu erwehren. Als positiv wertete die Welthungerhilfe die anhaltende Spendenbereitschaft der Deutschen. Im vergangenen Jahr seien 700.000 Euro zusätzlich gespendet worden. Insgesamt seien 154 Millionen Euro eingegangen.