Am Schluss hatte Laurent Fabius es ziemlich eilig. Er eröffnete die Sitzung und es dauerte nicht einmal zwei Minuten, bis zum Ergebnis: "Ich schaue in den Saal. Ich sehe, dass die Reaktion positiv ist - es gibt keinen Einspruch. Der Klimavertrag von Paris ist beschlossen." Tosender Beifall im Saal - zwei Wochen mit angestrengten Nachtsitzungen und mit komplizierter Suche nach einem Kompromiss waren erfolgreich abgeschlossen. Den ganzen Samstag über hatte sich die Schlusssitzung des Gipfels immer weiter verzögert. Der Vertragstext stand seit dem frühen Nachmittag zur Verfügung, doch hinter den Kulissen wurden letzte Einwände beseitigt. Sichtlich bewegt war hinterher auch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks: "Ich glaube, man muss mit großen Worten vorsichtig sein und ich neige auch nicht dazu, zu übertreiben. Aber heute können wir sagen: Wir haben zusammen Geschichte geschrieben."
Erderwärmung deutlich unter zwei Grad halten
Die Staatengemeinschaft nimmt sich mit dem Vertrag vor, die Erderwärmung in diesem Jahrhundert deutlich unter zwei Grad zu halten, nach Möglichkeit sogar unter eineinhalb Grad. Das Ziel fällt viel ehrgeiziger aus als es vorab erwartet worden war. Um es zu erreichen, haben fast alle der knapp 200 Vertragsstaaten nationale Klimaziele eingereicht. Weil die längst noch nicht genügen, um den Klimawandel zu stoppen, sind regelmäßige Nachbesserungsrunden im Abstand von fünf Jahren vorgesehen. "Es ist der erste Vertrag, der sich an alle Länder der Welt richtet und alle Länder der Welt haben sich verständigt darauf und haben sich verpflichtet, gemeinsam mit den unterschiedlichen Möglichkeiten und Fähigkeiten, die sie natürlich haben, dem Klimawandel zu begegnen und gegen den Klimawandel anzugehen", so Hendricks.
Entwicklungsländer sollen ab 2020 mit jährlich zunächst 100 Milliarden Dollar beim Klimaschutz unterstützt werden. Die Industrieländer haben zugesagt, dafür aufzukommen. In späteren Jahren soll diese Summe weiter wachsen und auch reichere Schwellenländer sich mit eigenen Beiträgen beteiligen. Zu der Wendung hin zu einem überraschend ambitionierten Vertrag hat eine "Koalition der hohen Ambitionen" beigetragen, die eine Gruppe von Entwicklungsländern zusammen mit der Europäischen Union geschmiedet hatte. Ihr traten dann die USA und Brasilien bei. Sprecher der Gruppe war der Premierminister des Pazifikstaates der Marshall-Inseln, Tony de Brum: "Durch die Annahme des Vertrags von Paris sind alle 196 Länder in diesem Raum der Koalition für hohe Ambitionen beigetreten. Zusammen haben wir diese Gelegenheit ergriffen, die sich nur ein Mal in einer Generation bietet , um die Grundlagen für einen friedlichen, blühenden und sicheren Planeten für unsere Kinder zu schaffen."
Bedenken der Schwellenländer ausgeräumt
Schwellenländer wie Indien und China hatten lange Bedenken gegen höhere Ambitionen angemeldet. Ihre Zustimmung gründet sich nach Ansicht von Harriet Singh, Klima-Aktivist aus Indien, auf die Erwartung, dass jetzt auch die Industrieländer ernstmachen mit dem Klimaschutz: "Ich glaube, sie setzen darauf, dass jetzt die entwickelten Länder einen weit größeren Anteil der Verantwortung übernehmen. Historisch haben sie schließlich das meiste in die Atmosphäre emittiert. Also: wenn sie eine größere Verantwortung übernehmen in Bezug auf niedrigere Emissionen und auf Finanzmittel, dann ist Indien auch absolut damit einverstanden, dass sie das 1,5 Grad-Ziel verfolgen, sofern das wissenschaftlich möglich ist."
Zwischen den hohen Zielen des Vertrages und den für seine Umsetzung beschlossenen Maßnahmen klafft allerdings eine gewaltige Lücke. Wissenschaftler erwarten für eine Welt ohne Klimaschutz eine Erwärmung um vier bis fünf Grad in diesem Jahrhundert, mit den bereits eingereichten nationalen Klimabeiträgen kommen sie auf etwa drei Grad. Um unter zwei Grad zu kommen, sei ein schneller Ausstieg aus der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas erforderlich, sagt Hubert Weiger, der Chef des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland: "Die Maßnahmen, leider Gottes, die fehlen. Nämlich: Ausstieg aus der Kohle, Ausstieg aus Öl und Gas bis Mitte des 21. Jahrhunderts, das was ja auch der G7-Gipfel im Bereich der Energieversorgung beschlossen hat, das findet sich im Vertragstext nicht wieder."
Wirtschaftsvertreter wiesen in Paris immer wieder darauf hin, dass erneuerbare Energien wie Solar- und Windkraft inzwischen in vielen Regionen billiger Strom erzeugen als Kohle. Das erleichtere den Umstieg. Der jetzt beschlossene Vertrag kann ein Signal auch für Investoren sein, Geld aus fossilen Energien abzuziehen.
Wirtschaftsvertreter wiesen in Paris immer wieder darauf hin, dass erneuerbare Energien wie Solar- und Windkraft inzwischen in vielen Regionen billiger Strom erzeugen als Kohle. Das erleichtere den Umstieg. Der jetzt beschlossene Vertrag kann ein Signal auch für Investoren sein, Geld aus fossilen Energien abzuziehen.