Innerhalb von rund 300 Tagen wurden bei der Schlacht von Verdun mehr als 300.000 Menschen getötet. In Frankreich betrachte man die Schlacht in einem positiven Licht - als Verteidigung gegen deutsche Invasoren, so Leonhard. In Deutschland stünden dagegen negative Begriffe wie "Blutmühle" und "Verheizen" im Vordergrund. "Gewaltverdichtung und Mythos sind die beiden Elemente, die Verdun auszeichnen", sagte der Historiker der Universität Freiburg.
Zudem nehme die Schlacht in beiden Ländern einen völlig unterschiedlichen Stellenwert in der Geschichtsbetrachtung des vergangenen Jahrhunderts ein. "Das sind Unterschiede in Gedächtniskulturen, die man auch durch betonte Europäisierung nicht wegbekommt", sagte Leonhard. Es sei wichtig, diese Unterschiede zu betonen.
Dass die Erinnerung an die Schlacht zunehmend europäisiert werde, berge auch eine Gefahr. Das "provoziert den Gedanken, dass man mit dieser Geschichtserinnerung allein die Antworten auf die Probleme Europas in der Gegenwart hat". Auch mit inszenierten Versöhnungsgesten vor Ort sollten die Politiker vorsichtig sein, weil die Menschen sehr genau wüssten, was echt und was gestellt sei.