Am Rande des Standortübungsplatzes Schmidtenhöhe bei Koblenz stehen zwischen Bäumen und Sträuchern zwei große weiße Container. Beide haben an einem Ende eine charakteristische weiße Kuppel und sehen auf den ersten Blick aus wie kleine Sternwarten. Doch die Container enthalten keine optischen Teleskope, sondern eine hochmoderne Radaranlage, erklärt Uwe Wirt, Ingenieur beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt:
"Wir sehen hier die Senderkonfiguration. Das System besteht aus zwei Elementen einem Sender und einem Empfänger, räumlich voneinander getrennt, so Distanz ungefähr 150, 200 Meter. Und das ist die Sendeeinheit, bestückt mit 256 Hochleistungsmodulen, die künftig uns in die Lage versetzen wird, Weltraumschrott in 300 bis 3000 Kilometern zu vermessen."
GESTRA soll Infrastruktur im Weltall schützen
In dieser Höhe reflektieren Satelliten oder Stücke des Weltraumschrotts die mit über 250 Kilowatt ausgesandten Radarpulse des Senders. Die Echos empfängt dann das zweite Gerät von GESTRA. Das ist die Abkürzung des englischen Begriffs "Deutsches Experimentelles Weltraumüberwachungs- und Verfolgungsradar". Der Name der gut 40 Millionen Euro teuren Anlage ist Programm, erklärt Generalleutnant Klaus Habersetzer. Er ist Kommandeur des Zentrums Luftoperationen der Bundeswehr, zu dem auch das Weltraumlagezentrum in Uedem am Niederrhein gehört, das künftig die GESTRA-Daten auswertet:
"Im All droht, sage ich mal, im Moment eine Entwicklung der Überpopulation. Wir haben heute durch diese Mega-Konstellationen, die in aller Munde sind, unter anderem auch von SpaceX, die quasi wöchentlich ins Weltall verbracht werden, insbesondere in erdnahen Umlaufbahnen eine hohe Population. Und dann ist es ganz wichtig, die Bahndaten genau zu kennen, um die eigene Weltraum-Infrastruktur zu schützen, also konkret Ausweichmanöver zu planen – es kann auch die ISS, die Internationale Weltraumstation, betreffen –, um dann einfach jeden Schaden abzuwenden."
Weltweit einzigartiges System für mehr Sicherheit im Weltraum
Erst im Frühjahr musste ein kostbarer ESA-Satellit einem Satelliten des Starlink-Netzes von SpaceX ausweichen. Gab es noch vor wenigen Jahren nur rund 1000 funktionstüchtige Satelliten, so sind es nun bereits über 3000. Bald könnten es sogar 40.000 sein. GESTRA soll nun helfen, in diesem himmlischen Durcheinander nicht den Überblick zu verlieren, indem es stets Daten zur aktuellen Situation in den Umlaufbahnen liefert.
"Es kommt zu Kollisionssituationen, zu möglichen Annäherungen von diesen Satelliten. Man muss diesen Verkehr regulieren, managen. Dazu muss man aber wissen, wo sich die Objekte befinden. Da sie nicht selber sagen "Hallo, hier bin ich", brauchen wir solche Systeme wie das GESTRA, die exakte Bahnen vermessen können, damit wir die Objekte identifizieren bezüglich ihres Ortes und ihrer Position."
Das E in GESTRA steht für experimentell. Denn das Radar erprobt ganz neue Technik: Es scannt geradezu die Umlaufbahnen und kann zeitgleich einzelne Objekte für wenige Minuten gezielt verfolgen. Künftig machen seine Daten klar, wo im Weltraum welche Gefahren drohen – und wie DLR, ESA, Bundeswehr oder andere Betreiber reagieren müssen, um ihre Satelliten vor einer Kollision zu schützen.