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Weltraumtourismus
Noch nicht die ganz große Raumfahrt

Es schien der Startschuss für den Weltraumtourismus: Das private Raumschiff SpaceShip One erreichte das All. Das ist 14 Jahre her. Nun wurde nachgelegt - mit SpaceShip Two gelangte das erste Mal eine bemannte, private Raumfähre immerhin an den Rand des Weltraums.

Dirk Lorenzen im Kollegengespräch mit Uli Blumenthal |
    Virgin Spaceship Unity flies freely after being released from Virgin Mothership Eve on 1 May 2017. During this test, the feather re-entry system was activated in flight for the first time.
    SpaceShip Two des privaten Raumfahrtunternehmens Virgin Galactic überflog die 80 Kilometer Höhenmarke (Virgin Galactic/Oliver Ouyang)
    Uli Blumenthal: Welche Bedeutung kommt diesem Flug tatsächlich zu?
    Dirk Lorenzen: Es ist der erste private Flug zumindest an den Rand des Weltraums seit 2004, und das erste Mal seit dem Ende der Shuttle-Flüge 2011, dass ein Fahrzeug von den USA aus so weit vorgedrungen ist. Respekt vor der Leistung, aber die ganz große Raumfahrt ist das nicht.
    Blumenthal: Warum ist SpaceShipTwo nicht so hoch geflogen wie der Vorgänger, warum ist dies nicht gelungen?
    Lorenzen: Gestern ist SpaceShipTwo bis in 82,7 Kilometer Höhe vorgedrungen, das ist deutlich tiefer als SpaceShipOne vor 14 Jahren, das zweimal mehr als 100 Kilometer hoch war. Man ist dem Weltraum zumindest nahe gekommen Weil es offenbar nicht höher kommt; das Raketenflugzeug ist deutlich größer als der Vorgänger vor 14 Jahren, jetzt gut 18 Meter lang, soll bis zu sechs Passagieren Platz bieten, auch wenn bisher nur zwei in der Kabine gewesen sind. Der Raketenmotor reicht offenbar nicht aus, um das Gefährt über die magische 100-Kilometer-Linie zu bugsieren
    "Der Weltraum ist schwierig"
    Blumenthal: Sie haben schon einige technische Details kurz angesprochen: Wie läuft der Flug eines SpaceShip ab ?
    Lorenzen: Zum Start hängt das Raumschiff unter einem Trägerflugzeug, das bis in 15 Kilometer Höhe aufsteigt, dann klinkt SpaceShipTwo aus und zündet den Raketenmotor. 60 Sekunden viel Schub, mit dreifacher Schallgeschwindigkeit senkrecht nach oben, dann etwa vier Minuten Schwerelosigkeit, danach stürzt das Gefährt fast wie ein Stein nach unten und landet schließlich wie ein Flugzeug auf einer Piste.
    Blumenthal: Mehr als 14 Jahre sind seit den Flügen von SpaceShipOne vergangen. Warum hat das so lange gedauert, bis der zweite Versuch geklappt hat ?
    Lorenzen: "Der Weltraum ist schwierig", hat Richard Branson mehrfach gesagt. Die technischen Hürden sind enorm, sobald zahlende Passagiere mitfliegen sollen, kommen zahlreiche Sicherheitsauflagen für die Zulassung hinzu; aus guten Gründen: Vor vier Jahren ist ein SpaceShipTwo bei einem Testflug abgestürzt und einer der Piloten kam ums Leben. Man kann mit Preisen wie dem Ansari X-Prize schöne Anreize setzen, aber solche Aktionen beschleunigen das Vordringen in den Weltraum offenbar nicht wesentlich.
    Alternative Geschäftsmodelle
    Blumenthal: Welche Potential haben diese Shuttle von Virgin Galactic – und wo ordnen sie sich ein in Hinblick auf das zweite private US-amerikanische Unternehmen SpaceX?
    Lorenzen: Man bietet das Fahrzeug auch für minutenlange Experimente in der Schwerelosigkeit an; das ist für einige Wissenschaftler interessant, die dafür bisher spezielle kleine Raketen nutzen. Ein großes Geschäft kann das aber nicht sein, dazu ist die Nachfrage zu gering. Wirklich interessant wäre, wenn ein Raketenflugzeug während des Fluges Tausende von Kilometer voran käme, dann wäre vielleicht ein schneller Passagierdienst über Kontinente hinweg lukrativ für militärische Anwendungen, aber SpaceShipTwo kommt maximal einige hundert Kilometer weit. Letztlich bleibt wohl nur der Weltraumtourismus, auf den man es von Anfang an abgesehen hat, das Ticket soll rund 200.000 Dollar kosten. Ob das Geschäftsmodell trägt, wird sich wohl erst noch zeigen müssen.