Wie vor jedem Gebet bekundet der Muslim zunächst seine Absicht sich zu waschen, anschließend spricht er die Gebetsformel aus: "Im Namen Allahs, des Barmherzigen, des Allerbarmers".
Erst dann beginnt die eigentliche rituelle Reinigung, die in allen Einzelheiten vorgeschrieben ist: Zuerst werden die Hände gewaschen, dann werden Mund und Nase ausgespült, anschließend folgen die Körperteile: Gesicht, Unterarme, Kopf, Ohren, Nacken und die Füße.
Erst dann ist der Gläubige bereit für das Gebet. Die islamische Lehre kennt neben dieser sogenannten kleinen rituellen Waschung, im arabischen "wudu", auch die große rituelle Reinigung "Ghusl". Die wird beispielsweise vollzogen nach dem Geschlechtsverkehr.
Was aber macht ein Muslim, eine Muslima, wenn kein Wasser für die rituelle Waschung vorhanden ist und auch kein Badehaus "Haman" in der Nähe ist oder eine Moschee mit Brunnen? Rahel Schomaker, Professorin für Volkswirtschaft in Köln und Autorin des Essays "Wasser als religiös-kulturelles Gut im Islam":
"Wir wissen, dass der Prophet auch dort erkannt hat, wie die Menschen leben müssen unter den alltäglichen Notwendigkeiten. Wir können Wasser substituieren, wenn wir uns zum Gebet reinigen, auch dieses Gebet ist vollkommen gültig. Der saubere Sand, die saubere Erde kann das Wasser in der kultischen Reinheit ersetzen, nicht aber in unserem Leben. Insofern wird das, was der Prophet gesagt hat, über das Wasser sparen, die Vermeidung von Verschwendung sicherlich auch da gelten. Im Zweifelsfall die Nutzung für das Überleben der Menschen und nachrangig die Nutzung für die kultischen Reinheit, denn die ist anders herbeizuführen."
Wasser als Wunder Gottes?
Allerdings gibt es zwischen den verschiedenen Konfessionen des Islams unterschiedliche Vorstellungen darüber was eine gültige rituelle Reinigung ist.
In den Hadithen, den Überlieferungen über den Propheten Mohammed, findet sich eine Fülle von Vorschriften, wie man große und kleine Waschungen zu vollziehen habe, sagt Professorin Rahel Schomaker:
"Die Hadithe erwähnen Wasser als Prophetenwunder. Der Prophet, der seinen Anhängern, der seinen Getreuen Wasser gibt. Das Wasser in den Hadithen wird erwähnt als ein Wunder Gottes, was den Teufel zu bekämpfen vermag. Es wird berichtet konkret über die Waschung, wie sie vollzogen werden muss, wie der Prophet selber die rituelle Waschung vorgenommen hat. Wir sehen Wasser in den Hadithen auch als Verbot der Übernutzung, der Verschwendung, wenn der Prophet konkret sagt, was verboten ist. Das Urinieren ins stehendes Wasser und die Verschwendung bei der Gebetswaschung. Es gibt einen berühmten Hadith, der sagt, es wird kein Gebet angenommen ohne eine gültige Gebetswaschung."
Modernes Formen des Wassermanagements im Islam vorgedacht?
So kann man die Bedeutung des Wassers im Islam kaum überschätzen, zumal die Religion in trockenen Wüstenregionen Arabiens entstanden ist. Rahel Schomaker:
"Der Koran selbst ist selbst wie das Wasser. Man kann in ihn eintauchen, man kann von ihm umfangen sein. Gott selbst ist wie der Ozean, der uns umfängt, der uns reinigt, in dem wir eintauchen, wie in ein Glauben. Und vielleicht sagt das alles über die grundsätzliche spirituelle Bedeutung. Gott selber, der das Wasser vom Himmel sendet, der den Regen nicht fallen lässt, sondern herab sendet, wie er den Koran herab gesandt hat."
In einem sind sich die Muslime aller Color einig: Das Wasser ist ein Geschenk Gottes und in der orientalischen Kultur und Tradition auch ein Ausdruck des Reichtums: Moscheen, Paläste, Gärten, die das Wasser, nicht nur als schmückendes Element haben, sondern auch als Zeichen des Überflusses mit Bezug auf das islamische Paradies.
Jedoch mahnt der Prophet einen verantwortungsvollen Umgang mit dieser lebenswichtigen Ressource an. Die Volkswirtschafterin Rahel Schomaker:
"Ein Hadith sagt, Wasser muss geteilt werden und es muss in bestimmter Menge zugeteilt werden, für die Nutzung des Menschen, für die Nutzung des Viehs und erst danach allen Nutzungen nachrangig. Was sicherlich eine moderne Form des Wassermanagement beschreibt."