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Weltweiter Obsthandel
"Das riecht nicht nach einem gesunden Wettbewerb"

Mit der Fusion von Chiquita und Fyffes entsteht ein globaler Großkonzern. Im Agrarbereich habe man es mit immer größeren Konzentrationen zu tun, sagte Dieter Overath, Geschäftsführer der Handelsorganisation Fairtrade, im DLF. Den Produzenten könnten damit noch leichter die Preise diktiert werden.

Dieter Overath im Gespräch mit Birgid Becker |
    Ein Bündel Bananen, auf einer kleben die Markenzeichen des US-Bananenhändlers Chiquita und des bisherigen Konkurrenten Fyffes
    Overath hofft auf positive Effekte für Fairtrade-Bananen. (dpa / Jens Wolf)
    Birgid Becker: Mitgehört hat der Geschäftsführer der Handelsorganisation Fairtrade, deren Geschäftsmodell auf dem fairen Handel zwischen Erster und Dritter Welt fußt. Mitgehört hat Dieter Overath. Guten Tag.
    Dieter Overath: Guten Tag!
    Becker: Herr Overath, Chiquita und Fyffes gehören – wir haben es eben gehört – zu den fünf größten Obstkonzernen der Welt. Noch mal nachgefasst: In welchen Dimensionen entsteht da ein neues Unternehmen, und gibt es eigentlich Vorläufer, Vorbilder für ähnliche Großformationen in der Branche?
    Overath: Was wir feststellen, dass im Agrarbereich wir es mit immer größeren Konzentrationen zu tun haben. Noch konzentrierter ist quasi der Kakaohandel. Hier haben sie es nur mit drei Akteuren zu tun, und wir sprechen international von einem Bottleneck, dass Sie auf der einen Seite Hunderttausende oder Millionen von Kleinbauern und Produzenten haben und Millionen von Konsumenten und im Grunde nur eine Hand voll oder im Kakaobereich weniger als eine Hand voll von Akteuren, die das Geschäft bestimmen, und das riecht nicht nach einem gesunden Wettbewerb.
    Becker: Was für Abhängigkeiten sind es denn, die da entstehen?
    Overath: Sie haben bei Bananen wirklich eine Situation, dass die Produzenten, wenn dann die Aufkäufer im Namen der dann nur noch vier großen Konzerne kommen und den Preis XY bieten, iss oder stirb. Sprich: Sie müssen diesen Preis dann akzeptieren, und der ist in den letzten 20 Jahren nicht besser geworden, obwohl die Produktionskosten und die Lebenshaltungskosten für die Menschen gerade in Südamerika größer, teurer geworden sind, dass hier die Abhängigkeiten noch größer werden, und das setzt sich fort auch im Transport. Die großen Bananendampfer, die wir ja kennen, werden in der Regel auch von diesen Akteuren besessen, und da haben Sie dann dieselbe Situation. Auch bei Fairtrade-Bananen war es manchmal schwierig, überhaupt Frachtraum in den großen Bananendampfern zu bekommen, und das wird mit Sicherheit nicht besser durch diese Fusion.
    Becker: Nun unterhält Fairtrade ja bereits Kooperationen mit Fyffes, nicht in Deutschland, aber in Großbritannien. Den einen Partner dieser neuen Formationen kennen Sie also. Nach Ihrer Einschätzung: Welcher Logik folgt denn so eine Großverbindung?
    Overath: Man bringt hier unterschiedliche Stärken zusammen. Chiquita ist natürlich das Synonym für die Markenbanane, die ja auch mit 1,79 in der Regel ein Stück teurer ist wie die Preiseinstiegsbanane, oft unter ein Euro. Fyffes ist sehr stark in der Belieferung der Eigenmarken des Handels. Das sind dann die Bananen, die so ein bisschen über einen Euro kosten. Und sie sind, wie in England, ungleich stärker, wo sie auch Fairtrade-Bananen vertreiben, wie Chiquita. Hier bringt man unterschiedliche Platzvorteile zusammen und wird dann natürlich zum dominanten Anbieter.
    Preisvorteile durch bessere Transportlogistik
    Becker: Nun haben die beiden Konzerne angegeben, dass sie sich Einsparungen in Höhe von knapp 29 Millionen Euro durch die Fusion erhoffen. Wie erzielt man das in so einer Branche?
    Overath: Natürlich in der Transportlogistik. Und wenn sie dann quasi den Supermärkten mehrere verschiedene Bananen liefern, die Markenbanane und deren eigene Preiseinstiegsbanane, dann sind das natürlich zusätzliche Synergieeffekte in der Logistik. Aber es wird abzuwarten sein, ob diese große Konzentration dann auch den Produzenten was bringt, weil die sind zurzeit wirklich vom Handel nicht gerade begünstigt, weil sie haben höhere Kosten durch die Produktion, auch Lebenshaltungskosten, und wenn sie es jetzt nur noch mit einem großen in der Form zu tun haben, steigt die Abhängigkeit.
    Becker: Welche Erwartungen haben Sie denn, hat man aus Sicht der Fairtrade-Idee, des Fairtrade-Geschäftsmodells an diese Fusion?
    Overath: Wenn Fusion auch heißt, den Fairtrade-Gedanken jetzt ein Stück ernsthafter – und das betrifft natürlich gerade Chiquita – voranzutreiben und zu gucken, wie man gemeinsam daran arbeitet, dass die Bananenproduzenten in aller Welt endlich von der harten Arbeit im Bananenanbau leben können, wie man die Pflanzenschutzmittel reduzieren kann, wie man den Kindern eine bessere Chance gibt von Bananen-Arbeitern, dann wäre es gut. Aber den Beweis bleibt die Fusion natürlich noch schuldig. Wir sind gespannt, ob diese Konzentration zu mehr oder zu weniger Engagement im Fairtrade-Bereich führt. Wir hoffen für die Produzenten, dass es mehr Engagement wird.
    Becker: Vielen Dank – der Geschäftsführer von Fairtrade, Dieter Overath, war das.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.