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Wendelin Wiedeking vor Gericht
Ex-Porsche-Chef weist Vorwürfe zurück

Weil sie die Anteilseigner nicht früh genug über ihre VW-Übernahmepläne informiert haben sollen, müssen sich die ehemaligen Porsche-Manager Wendelin Wiedeking und Holger Härter nun vor Gericht verantworten. Wiedeking wirkt zum Prozessauftakt selbstbewusst – und stichelt gegen den ehemaligen Firmenpatriarchen Ferdinand Piech.

Von Uschi Götz |
    Der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Porsche Automobil Holding SE, Wendelin Wiedeking, steigt am 22.10.2015 auf dem Weg zum Landgericht in Stuttgart (Baden-Württemberg) zum Auftakt eines Prozesses aus einem Porsche Panamera.
    Der ehemalige Porsche-Chef Wendelin Wiedeking beim Auftakt des Prozesses gegen ihn vor dem Landgericht in Stuttgart. (Bernd Weißbrod/dpa)
    Ex- Porsche Chef Wendelin Wiedeking, 63 Jahre alt, macht einen gut gelaunten Eindruck kurz vor Prozessbeginn an diesem Morgen:
    "Guten Morgen. Ich bin unschuldig."
    Sagt er und geht direkt in den Gerichtssaal. Dort trifft er auf seinen früheren Finanzvorstand Holger Härter. Die beiden tauschen ein paar Sätze. Der befürchtete Besucheransturm ist ausgeblieben, es gibt noch freie Stühle.
    Und doch liefert der Prozess gleich an seinem ersten Tag erstaunliche Einblicke, nicht nur darüber, was das Porsche-Management angeblich vor ein paar Jahren plante.
    Es geht um die Frage, ob Wiedeking und sein früherer Finanzvorstand Härter bei der geplanten VW-Übernahme die Öffentlichkeit, konkret Kapitalanleger getäuscht haben. Nach und nach hatte der Sportwagenbauer seine Anteile bei VW erhöht. Nicht aus eigenen Mitteln sondern, über Kredite und Optionsgeschäfte. Die Staatsanwaltschaft will nun aufzeigen, dass es schon lange Pläne zur Übernahme von VW im Unternehmen gab. Claudia Krauth von der Staatsanwaltschaft Stuttgart:
    "Diese Entscheidung zur Übernahme ist unseren Ermittlungen zu Folge bereits im Februar 2008 getroffen worden. Dennoch stritten die beiden Angeklagten in mehreren öffentlichen Erklärungen ihr Vorhaben, ihre Anteile an VW Schritt für Schritt auf 75 Prozent aufzustocken mehrmals ab.
    In der heißen Phase der Übernahme gab es heftige Kursausschläge der VW-Aktie Ende Oktober 2008 erreichte die VW-Aktie mit 1005 Euro ihr Allzeithoch, danach brach sie ein.
    Haftstrafen unwahrscheinlich
    Mit ihren damaligen Dementis, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft hätten die Manager andere Anleger davon abgehalten, VW-Aktien zu kaufen und so den Börsenkurs der Papiere bewusst gedrückt. Am Ende war Porsche hoch verschuldet, Volkswagen drehte den Spieß um und nahm den Sportwagenbauer als zehnte Marke unter das eigene Dach. 2009 mussten die beiden Top-Manager Wiedeking und Härter gehen.
    Wiedeking wies in einer rund 80-minütigen Erklärung nahezu alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe entschieden zurück. Er sprach von einer Verschwörungstheorie und Schützenhilfe vonseiten der Staatsanwaltschaft. Gemeint hat er damit mehrere Zivilverfahren, die zurzeit in Niedersachsen laufen. Einige Anleger klagen dort auf insgesamt fünf Milliarden Euro Schadensersatz.
    Anwalt Walther Graf fasst später zusammen:
    "Es zeigt sich, die Kapitalmarktkommunikation von Porsche war zu jeder Zeit zutreffend. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft sind ersichtlich konstruiert, haltlos und substanzlos. Wir erwarten deshalb einen Freispruch in einem sehr zügigen Verfahren."
    Gerichtsverhandlung voraussichtlich bis Ende Januar
    Viele Jahre nachdem er als Chef von Porsche gehen musste, nutze Wiedeking heute auch die Gelegenheit, dem früheren Firmenpatriarchen Ferdinand Piech eine auszuwischen.
    Er habe keine gemeinsame Sache mit Piech gemacht und Anleger bewusst getäuscht, sagte Wiedeking vor dem Landgericht Stuttgart. Er erinnerte dabei an den Ausspruch von Piech, wonach dieser gesagt hat, er lasse sich sein Lebenswerk nicht von einem angestellten Manager ruinieren. Gemeint war Wiedeking. Die ihm von der Staatsanwaltschaft unterstellte Nähe zu Piech, so Wiedeking, schmerze ihn deshalb richtig.
    Theoretisch drohen den beiden Ex-Porsche Managern Haftstrafen bis zu fünf Jahren. Dazu wird es sicherlich nicht kommen. Vielmehr könnte eine Verurteilung, gleich welcher Art, die Chancen für Schadensersatzklagen erhöhen. Verhandelt wird ab heute bis voraussichtlich Ende Januar.