In den allerletzten Minuten des Abends - das Publikum beginnt schon ein wenig zu schwächeln, ist mit der Geduld schon fast am Ende - gelingt der Aufführung noch ein wunderschönes, klares und haltbares Bild. Dem Schauspieler Asad Schwarz-Msesilemba, der gerade eine der durchweg namenlosen Rand- und Nebenrollen gespielt hat in der selbstquälerischen Selbsterkundung des Schriftstellers Murau, der gerade die Eltern und den Bruder verloren hat und nun das Erbe antreten müsste an Gut Wolfsegg, dem Stammsitz der Familie, dem Schauspieler mit der Nebenrolle also zerfällt dank trickreicher Technik unter der Hand eine jener hellen Kisten, die zuvor den Abend und die Bühne füllten: Umzugsgut, bereit, den Ort und möglichst auch den Besitzer zu wechseln. Murau will dieses sein Erbe nicht, will es stattdessen lieber versteigern.
In dieser Kiste "im Zerfall" aber ist erstens nichts; und zweitens müht sich der Schauspieler nach erfolgtem Zerfall sichtlich vergeblich, das Ding wieder ordentlich zusammen zu fügen: Brett für Brett, Strebe für Strebe. Wie sorgsam und vorsichtig auch immer er das versucht - das Ding zerbröselt immer wieder neu.
Schon hat fast das ganze Personal die Bühne verlassen, aber er gibt noch immer nicht auf. Da, endlich, fällt gnädig der Vorhang. Und klarer geht’s kaum - wie sehr der Erbe Murau auch immer versucht, alles um sich herum in Bausch und Bogen auszulöschen, in Zerfall zu reden, um dann hinterher mit der leeren Kiste neu anzufangen: der Versuch wird scheitern. Immer wieder.
Das ist eine der Künste, die die Regisseurin beherrscht: den Geschichten, die sie erzählen will, pragmatisch-programmatische Sinn-Bilder, also Bilder vom Sinn zu verpassen. Auch das erste, das sie für diesen insgesamt und naturgemä0 anstrengenden Abend findet, ist schön und klar und stark: die Auktion selber.
Wuchtig hockt der aus dem Bayerischen zugereiste Thalia-Gast Andreas Lechner, Sänger, Schauspieler, Kabarettist, hoch droben auf dem Auktionatoren-Thron, während technisches Personal Kisten mit Versteigerungsgut hin und wieder her rückt; nur weniges Personal darüber hinaus setzt eigene Wortmeldungen zwischen die Partien des grossen Monolog, der diese "Auslöschung" natürlich auch geblieben ist.
Pohle erliegt nicht der Versuchung, Bernhards letzte große Gardinenpredigt en detail zu bebildern - es bleibt bei der Versteigerung. Alles Hinweise auf Beziehungen zu einzelnen Personen und Rollen, die die ihrerseits gespielt haben im Leben des unwilligen Erben Murau, müssen sich aus dem Bild vom großen Lager voller magischer Kisten drin entwickeln. Und natürlich ist Bernhards "Auslöschung" auch einer der grossen Monologe vom Welt- und Menschenekel geblieben.
Da ihn aber mit dem Hamburger Schauspiel-Unikat Thomas Schmauser einer exekutiert, der sich naturgemäß noch nicht mit der grossen Attitüde der Verachtung des Alten an diesen Brocken machen kann, sondern eher mit einer Art von hoffnungsvollem Unterton, der noch träumen lässt von der "anderen Möglichkeit": wenn halt die Kisten mit der Altlast drin weggeschafft sind oder leer, um neu mit ihnen anzufangen. Die Verzweiflung im Erkennen (siehe Schlussbild!), dass auch das nicht möglich sein wird, wirkt auf diese Weise umso schärfer.
Alles also sehr klug gedacht und handwerklich klar strukturiert und gemacht - von Regisseurin Pohle und dem Bühnenbildnerin Annette Kurz sowie Kostümbildnerin Katrin Lea Tag. Und doch bleibt ein Manko, das dem Abend überschaubaren Erfolg bescheren wird - szenisch genug wird Pohles Roman-Bearbeitung durchaus nicht.
Das Ergebnis bleibt unüberspürbar: ein Roman, nun halt auf der Bühne. Und (wieder mal) muss das im Grunde nicht sein. Gerade bei einem Autor, der ja nun wirklich beiderlei Handwerk beherrschte, den Roman und das Bühnenstück, ließe sich doch eigentlich auch prima akzeptieren, dass er das eine lieber so und das andere halt so haben wollte - und dass er gewusst haben dürfte, warum. Und so ist halt auch "Auslöschung. Ein Zerfall" wieder mal vor allem eine Anmaßung.
In dieser Kiste "im Zerfall" aber ist erstens nichts; und zweitens müht sich der Schauspieler nach erfolgtem Zerfall sichtlich vergeblich, das Ding wieder ordentlich zusammen zu fügen: Brett für Brett, Strebe für Strebe. Wie sorgsam und vorsichtig auch immer er das versucht - das Ding zerbröselt immer wieder neu.
Schon hat fast das ganze Personal die Bühne verlassen, aber er gibt noch immer nicht auf. Da, endlich, fällt gnädig der Vorhang. Und klarer geht’s kaum - wie sehr der Erbe Murau auch immer versucht, alles um sich herum in Bausch und Bogen auszulöschen, in Zerfall zu reden, um dann hinterher mit der leeren Kiste neu anzufangen: der Versuch wird scheitern. Immer wieder.
Das ist eine der Künste, die die Regisseurin beherrscht: den Geschichten, die sie erzählen will, pragmatisch-programmatische Sinn-Bilder, also Bilder vom Sinn zu verpassen. Auch das erste, das sie für diesen insgesamt und naturgemä0 anstrengenden Abend findet, ist schön und klar und stark: die Auktion selber.
Wuchtig hockt der aus dem Bayerischen zugereiste Thalia-Gast Andreas Lechner, Sänger, Schauspieler, Kabarettist, hoch droben auf dem Auktionatoren-Thron, während technisches Personal Kisten mit Versteigerungsgut hin und wieder her rückt; nur weniges Personal darüber hinaus setzt eigene Wortmeldungen zwischen die Partien des grossen Monolog, der diese "Auslöschung" natürlich auch geblieben ist.
Pohle erliegt nicht der Versuchung, Bernhards letzte große Gardinenpredigt en detail zu bebildern - es bleibt bei der Versteigerung. Alles Hinweise auf Beziehungen zu einzelnen Personen und Rollen, die die ihrerseits gespielt haben im Leben des unwilligen Erben Murau, müssen sich aus dem Bild vom großen Lager voller magischer Kisten drin entwickeln. Und natürlich ist Bernhards "Auslöschung" auch einer der grossen Monologe vom Welt- und Menschenekel geblieben.
Da ihn aber mit dem Hamburger Schauspiel-Unikat Thomas Schmauser einer exekutiert, der sich naturgemäß noch nicht mit der grossen Attitüde der Verachtung des Alten an diesen Brocken machen kann, sondern eher mit einer Art von hoffnungsvollem Unterton, der noch träumen lässt von der "anderen Möglichkeit": wenn halt die Kisten mit der Altlast drin weggeschafft sind oder leer, um neu mit ihnen anzufangen. Die Verzweiflung im Erkennen (siehe Schlussbild!), dass auch das nicht möglich sein wird, wirkt auf diese Weise umso schärfer.
Alles also sehr klug gedacht und handwerklich klar strukturiert und gemacht - von Regisseurin Pohle und dem Bühnenbildnerin Annette Kurz sowie Kostümbildnerin Katrin Lea Tag. Und doch bleibt ein Manko, das dem Abend überschaubaren Erfolg bescheren wird - szenisch genug wird Pohles Roman-Bearbeitung durchaus nicht.
Das Ergebnis bleibt unüberspürbar: ein Roman, nun halt auf der Bühne. Und (wieder mal) muss das im Grunde nicht sein. Gerade bei einem Autor, der ja nun wirklich beiderlei Handwerk beherrschte, den Roman und das Bühnenstück, ließe sich doch eigentlich auch prima akzeptieren, dass er das eine lieber so und das andere halt so haben wollte - und dass er gewusst haben dürfte, warum. Und so ist halt auch "Auslöschung. Ein Zerfall" wieder mal vor allem eine Anmaßung.