"Man hat dann eine Einschlafstörung, wenn man mindestens viermal in der Woche länger als 30 Minuten braucht zum Einschlafen. Wenn das Ganze jetzt auch noch länger als drei Monate dauert, dann wird diese Einschlafstörung chronisch."
Sagt Professor Ingo Fietze von der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin. Nicht jedes lange Schäfchenzählen ist also eine behandlungsbedürftige Einschlafstörung. Und wer mal ein, zwei Nächte nicht so richtig in Morpheus Armen ruht, hat noch keine Durchschlafstörung. Vor dem Gang zum Arzt sollte man sich also fragen:
"Was stört eigentlich den Schlaf, also gehe ich abends zu spät ins Bett, esse ich zu spät, trinke ich zu viel Alkohol, oder ist meine Schlafumgebung einfach auch nicht optimal, schlafe ich zu warm oder zu kalt, und wenn man das abgeklärt hat, spätestens dann kann es tatsächlich sein, dass eine angeborene oder durch Stress sich entwickelnde Schlafstörung sich manifestiert, die einen spätestens nach vier Wochen des Leidens zumindest zum Hausarzt oder direkt zum Spezialisten führen sollte."
Auch nach medizinischer Definition gilt ungefähr jeder vierte Deutsche als mehr oder minder krankhaft schlafgestört. Der Griff zur Chemie liegt da nahe. Aber Schlaftabletten haben in Deutschland einen schlechten Ruf, zum Teil zu Recht. Sie werden immer noch mitunter zu schnell verschrieben, ohne dass die Ursachen der Schlaflosigkeit ausreichend untersucht wurden. Und selbstverständlich gibt es Nebenwirkungen – bei den älteren Medikamenten gehört insbesondere die Abhängigkeitsgefahr dazu. Doch heutzutage treibt den Schlafmediziner nicht das "Zuviel", sondern ein anderes Versorgungsproblem um:
"Es gibt viel zu viel Betroffene, die nicht rechtzeitig auf ein richtiges Präparat eingestellt sind. Die Frage ist eher, wer kümmert sich darum, ob aus dieser akuten Schlafstörung eine chronische Schlafstörung wird, und an dieser Stelle stimmt es nicht, da ist man heute beim Hausarzt nicht sehr gut aufgehoben und sollte sich an einen Spezialisten überweisen lassen."
Allgemeinärzte denken aber nicht oft genug an die Spezialisten – das sind Schlafmediziner. Ansprechpartner und Selbsthilfegruppen finden sich ebenso wie Buchtipps auf der Internetseite der Gesellschaft für Schlafmedizin:
www.dgsm.de
Was aber ist mit den gefürchteten unerwünschten Effekten der Schlafpillen?
Fietze: "Die heutigen sozusagen starken Schlafmittel, die Z-Präparate zum Beispiel, die haben im Grunde genommen überhaupt keine Nebenwirkungen. Die einzige Nebenwirkung könnte sein, wenn ältere Personen, die, wenn sie nachts aufstehen, eh wacklig auf den Beinen sind, noch ein Schlafmittel nehmen, dann könnte der Gang zur Toilette schon mal etwas gefährlich werden."
"Z-Präparate" wurden bereits Anfang der 90er-Jahre eingeführt und sind heute weit verbreitet. Die Bezeichnung kommt von den Anfangsbuchstaben Zaleplon, Zolpidem und Zoplicon. Das sind wohlgemerkt die Substanz- und nicht die Markennamen der Mittel. Sie wirken zwar ähnlich wie die Benzodiazepin-Präparate aus der Gruppe der Beruhigungsmittel – aber ohne deren Suchtpotenzial.
Und da sie auch nur kurzzeitig im Körper bleiben, gibt es auch kaum den gefürchtete "Hangover"-Effekt, die lang anhaltende Müdigkeit am Tag. Aus diesem Grund raten Experten übrigens auch von müde machenden Antihistaminka zur Schlafförderung ab, von Mitteln also, die eigentlich zur Allergie-Behandlung gedacht sind. Die gibt es zwar rezeptfrei, können aber ebenfalls den Überhangeffekt auslösen.
Ohnehin muss es nicht in jedem Fall ein stark wirksames Mittel sein. Pflanzliche Präparate wie Hopfen, Melisse und vor allem Baldrian tun es manchmal auch.
"Man kann hier eben auf eine leichte Verbesserung im Sinne insbesondere einer Einschlafhilfe hoffen. Schwere Schlafstörungen wird man vermutlich mit Baldrian nicht therapiert bekommen."
Sagt der Naturheilkundler Dr. Rainer Stange von der Charité in Berlin. Allerdings:
"Die meisten Bürger sind ja chemisch definierte Einschlafhilfen irgendwoher gewöhnt und wissen, dass das sehr gut funktioniert, und damit kann man vor allen Dingen beim erstmaligen Gebrauch den Baldrian nicht unbedingt vergleichen."
Das liegt vor allem daran, dass Baldrian und andere pflanzliche Schlafmittel mindestens vier Wochen genommen werden müssen, bis ihre Wirksamkeit spürbar wird. Und noch einen Tipp gibt Dr. Stange den Freunden der Naturheilkunde:
"Wichtig ist aber auch, dass man ein qualitätsgesichertes, ausreichend dosiertes Präparat verschreibt, beziehungsweise bespricht. Die sind ja leider nicht mehr erstattungspflichtig, denn es existieren eine ganze Reihe von Präparaten am Markt, von denen eine Reihe unterdosiert ist."
Naturnahe ist auch der Gehirn-Botenstoff Melatonin, den es mittlerweile in synthetischer Form als Schlafmittel gibt. Bewiesen ist seine Wirkung jedoch nur bei Jetlag und zum Teil für Schichtdienstler, und das auch nicht bei jedem Menschen.
Vor alle Pillen hat der Schlafgott allerdings nicht-medikamentöse Methoden gesetzt. Dazu gehören die "kognitive Verhaltenstherapie", bei der man lernen kann, Störfaktoren auszublenden, sowie autogenes Training und Muskelentspannung nach Jacobsen. Schließlich wurde das Wort "Schlaf" noch im 18. Jahrhundert mit zwei "f" geschrieben, denn darum geht es ja: vom Tagesgeschehen zu erschlaffen. Eine weitere Methode nennt Professor Fietze, der Leiter des schlafmedizinischen Zentrums an der Charité:
"Die sogenannte Schlafrestriktion, dass man seinen Schlaf etwas kürzt in der Hoffnung, dass er dann wieder besser wird. Wenn es sich aber um eine Schlafstörung handelt, wo der Betroffene tatsächlich leidet, wo er seinen Job am Tage nicht mehr wirklich ausführen kann, dann macht es in der Regel keinen Sinn, ein wochenlanges Programm aufzulegen zur kognitiven Verhaltenstherapie, sondern genau in diesem Moment machen Medikamente Sinn, die zumindest innerhalb von 24 Stunden oder einigen Tagen Besserung zeigen werden."
Schlafmediziner werden erst nach ausführlicher Diagnostik das individuell richtige Präparat auswählen.
Fietze: "Dann wird dieses Medikament mindestens drei bis sechs Monate angewandt, um den gesunden Schlaf-wach-Rhythmus wieder herzustellen, und aus unserer Erfahrung frühestens nach drei bis sechs Monaten kann man versuchen, das Medikament langsam wieder auszuschleichen."
Langsam die Dosis verringern weil – ob eine Tasse Milch oder "Z-Präparate" – jedes Einschlafritual zu einer gewissen Gewöhnung führt.
Aber mehrere Monate mit Medikamenten? Das scheint doch dem Rat der meisten Ärzte zu widersprechen, wonach man Schlaftabletten nur für wenige Tage, allenfalls eine Woche schlucken und dann eine Pause einlegen soll, um Dosissteigerung, Gewöhnung und schließlich Abhängigkeit zu vermeiden. Diese Regel bezieht sich aber auf die früher auch als Schlafhilfe oft verschriebenen Benzodiazepine – etwa Valium –, die heutzutage ohnehin nicht mehr Mittel der ersten Wahl sind. Zudem hat sich gezeigt, dass bei ernsthaft schlafgestörten Menschen eine Tabletteneinnahme über wenige Tage nicht ausreicht, um ihr quälendes Problem loszuwerden, sagt Professor Ingo Fietze:
"Es gibt einige wenige Patienten, die mit einer Bedarfsmedikation auskommen. Die Bedarfsmedikation macht dann keinen Sinn, wenn Sie zwei Tage in der Woche gut schlafen, und sich fünf Tage in der Woche quälen und am Tage nicht mehr leistungsfähig sind."
Tabletten hin oder her – alle Schlafexperten sind sich in einem Rat einig: Wenn Sie sich im Bett wälzen, wenn Sie das Licht ausgemacht haben und nach einer halben Stunde immer noch nicht eingeschlafen sind, wenn Sie stattdessen grübeln, warum Sie mal wieder nicht "pennen" können – dann sollten Sie das Licht anmachen, vielleicht noch ein paar Seiten lesen und es dann erneut versuchen. Denn eine alte Weisheit lautet: "Der Schlaf ist wie eine Taube: Greift man nach ihr, fliegt sie davon; hält man geduldig die Hand auf, kommt sie heran."
Sagt Professor Ingo Fietze von der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin. Nicht jedes lange Schäfchenzählen ist also eine behandlungsbedürftige Einschlafstörung. Und wer mal ein, zwei Nächte nicht so richtig in Morpheus Armen ruht, hat noch keine Durchschlafstörung. Vor dem Gang zum Arzt sollte man sich also fragen:
"Was stört eigentlich den Schlaf, also gehe ich abends zu spät ins Bett, esse ich zu spät, trinke ich zu viel Alkohol, oder ist meine Schlafumgebung einfach auch nicht optimal, schlafe ich zu warm oder zu kalt, und wenn man das abgeklärt hat, spätestens dann kann es tatsächlich sein, dass eine angeborene oder durch Stress sich entwickelnde Schlafstörung sich manifestiert, die einen spätestens nach vier Wochen des Leidens zumindest zum Hausarzt oder direkt zum Spezialisten führen sollte."
Auch nach medizinischer Definition gilt ungefähr jeder vierte Deutsche als mehr oder minder krankhaft schlafgestört. Der Griff zur Chemie liegt da nahe. Aber Schlaftabletten haben in Deutschland einen schlechten Ruf, zum Teil zu Recht. Sie werden immer noch mitunter zu schnell verschrieben, ohne dass die Ursachen der Schlaflosigkeit ausreichend untersucht wurden. Und selbstverständlich gibt es Nebenwirkungen – bei den älteren Medikamenten gehört insbesondere die Abhängigkeitsgefahr dazu. Doch heutzutage treibt den Schlafmediziner nicht das "Zuviel", sondern ein anderes Versorgungsproblem um:
"Es gibt viel zu viel Betroffene, die nicht rechtzeitig auf ein richtiges Präparat eingestellt sind. Die Frage ist eher, wer kümmert sich darum, ob aus dieser akuten Schlafstörung eine chronische Schlafstörung wird, und an dieser Stelle stimmt es nicht, da ist man heute beim Hausarzt nicht sehr gut aufgehoben und sollte sich an einen Spezialisten überweisen lassen."
Allgemeinärzte denken aber nicht oft genug an die Spezialisten – das sind Schlafmediziner. Ansprechpartner und Selbsthilfegruppen finden sich ebenso wie Buchtipps auf der Internetseite der Gesellschaft für Schlafmedizin:
www.dgsm.de
Was aber ist mit den gefürchteten unerwünschten Effekten der Schlafpillen?
Fietze: "Die heutigen sozusagen starken Schlafmittel, die Z-Präparate zum Beispiel, die haben im Grunde genommen überhaupt keine Nebenwirkungen. Die einzige Nebenwirkung könnte sein, wenn ältere Personen, die, wenn sie nachts aufstehen, eh wacklig auf den Beinen sind, noch ein Schlafmittel nehmen, dann könnte der Gang zur Toilette schon mal etwas gefährlich werden."
"Z-Präparate" wurden bereits Anfang der 90er-Jahre eingeführt und sind heute weit verbreitet. Die Bezeichnung kommt von den Anfangsbuchstaben Zaleplon, Zolpidem und Zoplicon. Das sind wohlgemerkt die Substanz- und nicht die Markennamen der Mittel. Sie wirken zwar ähnlich wie die Benzodiazepin-Präparate aus der Gruppe der Beruhigungsmittel – aber ohne deren Suchtpotenzial.
Und da sie auch nur kurzzeitig im Körper bleiben, gibt es auch kaum den gefürchtete "Hangover"-Effekt, die lang anhaltende Müdigkeit am Tag. Aus diesem Grund raten Experten übrigens auch von müde machenden Antihistaminka zur Schlafförderung ab, von Mitteln also, die eigentlich zur Allergie-Behandlung gedacht sind. Die gibt es zwar rezeptfrei, können aber ebenfalls den Überhangeffekt auslösen.
Ohnehin muss es nicht in jedem Fall ein stark wirksames Mittel sein. Pflanzliche Präparate wie Hopfen, Melisse und vor allem Baldrian tun es manchmal auch.
"Man kann hier eben auf eine leichte Verbesserung im Sinne insbesondere einer Einschlafhilfe hoffen. Schwere Schlafstörungen wird man vermutlich mit Baldrian nicht therapiert bekommen."
Sagt der Naturheilkundler Dr. Rainer Stange von der Charité in Berlin. Allerdings:
"Die meisten Bürger sind ja chemisch definierte Einschlafhilfen irgendwoher gewöhnt und wissen, dass das sehr gut funktioniert, und damit kann man vor allen Dingen beim erstmaligen Gebrauch den Baldrian nicht unbedingt vergleichen."
Das liegt vor allem daran, dass Baldrian und andere pflanzliche Schlafmittel mindestens vier Wochen genommen werden müssen, bis ihre Wirksamkeit spürbar wird. Und noch einen Tipp gibt Dr. Stange den Freunden der Naturheilkunde:
"Wichtig ist aber auch, dass man ein qualitätsgesichertes, ausreichend dosiertes Präparat verschreibt, beziehungsweise bespricht. Die sind ja leider nicht mehr erstattungspflichtig, denn es existieren eine ganze Reihe von Präparaten am Markt, von denen eine Reihe unterdosiert ist."
Naturnahe ist auch der Gehirn-Botenstoff Melatonin, den es mittlerweile in synthetischer Form als Schlafmittel gibt. Bewiesen ist seine Wirkung jedoch nur bei Jetlag und zum Teil für Schichtdienstler, und das auch nicht bei jedem Menschen.
Vor alle Pillen hat der Schlafgott allerdings nicht-medikamentöse Methoden gesetzt. Dazu gehören die "kognitive Verhaltenstherapie", bei der man lernen kann, Störfaktoren auszublenden, sowie autogenes Training und Muskelentspannung nach Jacobsen. Schließlich wurde das Wort "Schlaf" noch im 18. Jahrhundert mit zwei "f" geschrieben, denn darum geht es ja: vom Tagesgeschehen zu erschlaffen. Eine weitere Methode nennt Professor Fietze, der Leiter des schlafmedizinischen Zentrums an der Charité:
"Die sogenannte Schlafrestriktion, dass man seinen Schlaf etwas kürzt in der Hoffnung, dass er dann wieder besser wird. Wenn es sich aber um eine Schlafstörung handelt, wo der Betroffene tatsächlich leidet, wo er seinen Job am Tage nicht mehr wirklich ausführen kann, dann macht es in der Regel keinen Sinn, ein wochenlanges Programm aufzulegen zur kognitiven Verhaltenstherapie, sondern genau in diesem Moment machen Medikamente Sinn, die zumindest innerhalb von 24 Stunden oder einigen Tagen Besserung zeigen werden."
Schlafmediziner werden erst nach ausführlicher Diagnostik das individuell richtige Präparat auswählen.
Fietze: "Dann wird dieses Medikament mindestens drei bis sechs Monate angewandt, um den gesunden Schlaf-wach-Rhythmus wieder herzustellen, und aus unserer Erfahrung frühestens nach drei bis sechs Monaten kann man versuchen, das Medikament langsam wieder auszuschleichen."
Langsam die Dosis verringern weil – ob eine Tasse Milch oder "Z-Präparate" – jedes Einschlafritual zu einer gewissen Gewöhnung führt.
Aber mehrere Monate mit Medikamenten? Das scheint doch dem Rat der meisten Ärzte zu widersprechen, wonach man Schlaftabletten nur für wenige Tage, allenfalls eine Woche schlucken und dann eine Pause einlegen soll, um Dosissteigerung, Gewöhnung und schließlich Abhängigkeit zu vermeiden. Diese Regel bezieht sich aber auf die früher auch als Schlafhilfe oft verschriebenen Benzodiazepine – etwa Valium –, die heutzutage ohnehin nicht mehr Mittel der ersten Wahl sind. Zudem hat sich gezeigt, dass bei ernsthaft schlafgestörten Menschen eine Tabletteneinnahme über wenige Tage nicht ausreicht, um ihr quälendes Problem loszuwerden, sagt Professor Ingo Fietze:
"Es gibt einige wenige Patienten, die mit einer Bedarfsmedikation auskommen. Die Bedarfsmedikation macht dann keinen Sinn, wenn Sie zwei Tage in der Woche gut schlafen, und sich fünf Tage in der Woche quälen und am Tage nicht mehr leistungsfähig sind."
Tabletten hin oder her – alle Schlafexperten sind sich in einem Rat einig: Wenn Sie sich im Bett wälzen, wenn Sie das Licht ausgemacht haben und nach einer halben Stunde immer noch nicht eingeschlafen sind, wenn Sie stattdessen grübeln, warum Sie mal wieder nicht "pennen" können – dann sollten Sie das Licht anmachen, vielleicht noch ein paar Seiten lesen und es dann erneut versuchen. Denn eine alte Weisheit lautet: "Der Schlaf ist wie eine Taube: Greift man nach ihr, fliegt sie davon; hält man geduldig die Hand auf, kommt sie heran."