Carl-Jürgen Brandt:
"Die Regierung ist einfach nicht mehr berechenbar. Und das ist eigentlich das Schlimme an der ganzen Angelegenheit."
Carl-Jürgen Brandt hat die Armlehnen fest umgriffen. Der 65-Jährige sitzt dort, wo schon sein Vater saß: In einem schweren Lehnstuhl aus dunkler Eiche. Nur, dass der samt Arbeitstisch im firmeneigenen Museum steht - und längst nicht mehr in einem Büro. In die Kopfstütze des Stuhls sind die Initialen C. B. eingeschnitzt. C. B. - Carl Brandt, sein Vater - der Gründer eines der wohl bekanntesten Familienunternehmen Deutschlands.
"Steuern rauf einerseits, andererseits Steuerentlastung: Das ist wieder mal ein Zeichen dafür, wie chaotisch die deutsche Politik in den letzten Monaten betrieben wird. Und deswegen denke ich, muss der Finger erhoben werden."
Carl-Jürgen Brandt ist ein streitbarer Geist. Er nimmt kein Blatt vor den Mund und sich das Recht heraus, mit Merkel und Schwarz-Gelb scharf ins Gericht zu gehen. Als Mittelständler fühlt er sich von der Regierung nicht wertgeschätzt. Griechenland-Hilfe, Steuersenkung - an nichts lässt er ein gutes Haar.
Brandt:"Was steht darauf?"
Bisping: "Das ist das Zwieback-Kind. Was ist denn die Nr. 1?"
Brand: "Ach so, das ist die Nummerierung hier.... Ach, das Zwiebackkind."
Bisping:"Ja, genau, aus den 50er Jahren. Und das ist der Werksverkauf, 1956 noch Mal."
Brand: "Werksverkauf, ach ja, gut." (Beide lachen)
Carl-Jürgen Brandt hat sich über den Schreibtisch gebeugt und betrachtet Familienfotos. Seine Mitarbeiterin Rina Bisping soufliert. Auf den Bilder: die alte Fabrik, Vater Carl mit Bundesverdienstkreuz, das er für die Erfindung des Zwiebacks als Volksnahrungsmittel erhielt. Täglich kommen Schulklassen und Rentner in das kleine Fachwerkhaus im Hagener Stadtteil Haspe. Seit dieser Woche geben sich auch Medienvertreter die Klinge in die Hand. Gerade war erst das Fernsehen da. Soviel Trubel sei man in Hagen nicht gewohnt, entschuldigt er sich. Mit dieser Aufmerksamkeit an seiner Merkel-Kritik habe er wirklich nicht gerechnet.
"Wir werden nicht ausreichend regiert. Von einem Wahltermin zum anderen gibt es neue Ideen. Das ist alles kurz gesprungen. Und damit muss jetzt Schluss sein. Ich kann der Regierung nur zurufen: Das, was ihr sagt, müsst ihr auch umsetzen, ohne wenn und aber. Und nicht hier ein Ministerpräsident ist dafür und der andere dagegen. So kann man kein Land führen."
Atompolitik, Eurokrise und nun auch noch die Ankündigung, ab 2013 die Steuern zu senken: Kopflos nennt der Zwiebackfabrikant Angela Merkels Regierungsstil. Zumindest, seit sie mit den Liberalen koaliere. Bei Schwarz-Rot habe immerhin noch die Vernunft regiert, ereifert er sich. Doch jetzt mit der FDP werde nur noch gestritten - und es gehe keinen Schritt mehr voran. Ein Unternehmen könne man so chaotisch nicht führen.
"Bei ganz großen Unternehmen würde der Aktienkurs dramatisch in den Keller gehen. Im Mittelstand - aber da gibt es ja jetzt ganz große Unterschiede zwischen kleinem, mittleren oder größeren Mittelstand. Aber auf jeden Fall kann das hingehen bis zur Pleite."
Unzufrieden ist der Mittelständler schon lange. Seit 27 Jahren führt er das Familienunternehmen, seit vergangenem Jahr sind auch seine zwei Söhne dabei. Eigentlich, verrät er, sei die CDU immer seine Partei gewesen. Bei der letzten Bundestagswahl aber hat er seine Zweitstimme zum ersten Mal den Grünen gegeben. Heimlich, in der Wahlkabine. Weil sein Ärger über Schwarz-Gelb jedoch zunimmt, will er jetzt Klartext reden.
"Als ich vor einigen Monaten von einem Mitarbeiter zugerufen bekommen habe, der wusste, dass ich nach Berlin fuhr, und der dann rief: "Herr Brandt, passen Sie auf meine Flöhe auf oder meine Piepen". Da habe ich mir gedacht: "Mein Gott, der hat ja nicht ganz unrecht". Das ist die Stimme unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, und was der mir zuruft, dass rufen sicher auch viele andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch ihren Chefs zu."
Erst der Euro-Rettungsschirm für Griechenland, an dem Deutschland mit über fünf Milliarden Euro den größten Anteil in der EU übernimmt. Und jetzt auch noch die Steuersenkung. Brandt ist überzeugt: Die Regierung hantiere mit Geld, das es gar nicht mehr gibt. Schwer zu verstehen für einen Unternehmer, der gelernt hat zu sparen, bevor er wieder investiert. 60 Prozent maximale Staatsverschuldung gemessen am Bruttoinlandsprodukt, so steht es in den Verträgen. Daran, fordert er, sollte sich die Bundesregierung halten. Denn trotz guter Konjunktur: Auf den Deutschen lastet ein Schuldenberg von zwei Billionen Euro:
"Und das wären für mich dann eben auch leere Taschen. Aber gleichwohl will man hier wieder Wahlgeschenke machen. Und auch einige unnötige. Denn die Bevölkerung will das derzeit gar nicht, und die weiß auch schon, warum man das tut. Einfach um der FDP irgendwie wieder unter die Arme zu helfen. Die Bevölkerung kann das nicht verstehen, wird auch nicht mehr mitgenommen. Und das Vertrauen in die Regierung ist nahezu gegen Null gegangen."
Das gilt auch für den Mittelstand, sagt Carl-Jürgen Brandt. Er gibt praktisch jetzt schon 50 Prozent seines Einkommens dem Staat. Soziale Verantwortung nennt er das. Die er bei der Politik ob im Bund oder in Europa vermisst. Der Zwieback-Fabrikant ist einer von über hundert Familienunternehmern, die Ende Juni allen Bundestagsabgeordneten einen Brandbrief geschrieben haben. In ihrer sogenannten "Berliner Erklärung" fordern sie sogar den Ausschluss Griechenlands aus der Euro-Zone.
"Wenn unsere Regierung nicht klar sagt "bis hierhin und nicht weiter", dann sind die nächsten Länder gefährdet. Ich erwarte von unserer Regierung, dass sie diesen Notfall jetzt professionell löst, und das heißt in unseren Augen und meiner persönlichen Sicht auch, dass wir Griechenland einen gesichtswahrenden Weg außerhalb des Euros suchen müssen, damit sie sich in vier, fünf sechs Jahren, das ist ein langer Prozess, wieder für das Euroland bewerben können."
Schließlich soll die gemeinsame Währung eine Klammer für den Kontinent sein - und nicht zum Sprengsatz mutieren. Brandt sieht Angela Merkel in der Pflicht:
"Das heißt, sie muss auch wirklich mit einem klaren Konzept, wie sie durch die Eurokrise gehen will, muss sie vor das Volk treten und notfalls - und das wäre ja auch sicher der Fall - unangenehme Wahrheiten sagen, klare Kante zeigen. Und dann nimmt sie das Volk auch mit."
Klare Kante zeigen. Brandt weiß, wovon er spricht. So hat er es auch gemacht. 2002 hat er das Werk in Hagen geschlossen und seine gesamte Zwiebackproduktion nach Thüringen verlegt. Hunderte seiner Leute mussten gehen. Der Arbeitskampf war hart. Doch der einzige Weg, die Firma wieder in die Gewinnzone zu führen. Heute beschäftigt die Brand-Gruppe an fünf verschiedenen Standorten wieder rund tausend Mitarbeiter.
Ausschnitt aus einem Brandt-Werbespot:
Mal gucken, nein der nicht, ich guck mal hier, nein, der auch nicht.
Brandt-Markenzwiebach. Hm, zum Anbeißen (Keksgeräusch)
Im kommenden Jahr feiert das Unternehmen hundertjähriges Jubiläum. Ob er auch Angela Merkel eine Kiste Zwieback überreicht? Brandt wippt auf den Zehenspitzen, überlegt:
"Hoffentlich hält sie auch durch. Hoffentlich deswegen, weil eine stabile Regierung ist ja auch ganz wichtig. Ich hab ihr schon paar Mal ein paar Zwiebäcke in die Hand gedrückt."
"Die Regierung ist einfach nicht mehr berechenbar. Und das ist eigentlich das Schlimme an der ganzen Angelegenheit."
Carl-Jürgen Brandt hat die Armlehnen fest umgriffen. Der 65-Jährige sitzt dort, wo schon sein Vater saß: In einem schweren Lehnstuhl aus dunkler Eiche. Nur, dass der samt Arbeitstisch im firmeneigenen Museum steht - und längst nicht mehr in einem Büro. In die Kopfstütze des Stuhls sind die Initialen C. B. eingeschnitzt. C. B. - Carl Brandt, sein Vater - der Gründer eines der wohl bekanntesten Familienunternehmen Deutschlands.
"Steuern rauf einerseits, andererseits Steuerentlastung: Das ist wieder mal ein Zeichen dafür, wie chaotisch die deutsche Politik in den letzten Monaten betrieben wird. Und deswegen denke ich, muss der Finger erhoben werden."
Carl-Jürgen Brandt ist ein streitbarer Geist. Er nimmt kein Blatt vor den Mund und sich das Recht heraus, mit Merkel und Schwarz-Gelb scharf ins Gericht zu gehen. Als Mittelständler fühlt er sich von der Regierung nicht wertgeschätzt. Griechenland-Hilfe, Steuersenkung - an nichts lässt er ein gutes Haar.
Brandt:"Was steht darauf?"
Bisping: "Das ist das Zwieback-Kind. Was ist denn die Nr. 1?"
Brand: "Ach so, das ist die Nummerierung hier.... Ach, das Zwiebackkind."
Bisping:"Ja, genau, aus den 50er Jahren. Und das ist der Werksverkauf, 1956 noch Mal."
Brand: "Werksverkauf, ach ja, gut." (Beide lachen)
Carl-Jürgen Brandt hat sich über den Schreibtisch gebeugt und betrachtet Familienfotos. Seine Mitarbeiterin Rina Bisping soufliert. Auf den Bilder: die alte Fabrik, Vater Carl mit Bundesverdienstkreuz, das er für die Erfindung des Zwiebacks als Volksnahrungsmittel erhielt. Täglich kommen Schulklassen und Rentner in das kleine Fachwerkhaus im Hagener Stadtteil Haspe. Seit dieser Woche geben sich auch Medienvertreter die Klinge in die Hand. Gerade war erst das Fernsehen da. Soviel Trubel sei man in Hagen nicht gewohnt, entschuldigt er sich. Mit dieser Aufmerksamkeit an seiner Merkel-Kritik habe er wirklich nicht gerechnet.
"Wir werden nicht ausreichend regiert. Von einem Wahltermin zum anderen gibt es neue Ideen. Das ist alles kurz gesprungen. Und damit muss jetzt Schluss sein. Ich kann der Regierung nur zurufen: Das, was ihr sagt, müsst ihr auch umsetzen, ohne wenn und aber. Und nicht hier ein Ministerpräsident ist dafür und der andere dagegen. So kann man kein Land führen."
Atompolitik, Eurokrise und nun auch noch die Ankündigung, ab 2013 die Steuern zu senken: Kopflos nennt der Zwiebackfabrikant Angela Merkels Regierungsstil. Zumindest, seit sie mit den Liberalen koaliere. Bei Schwarz-Rot habe immerhin noch die Vernunft regiert, ereifert er sich. Doch jetzt mit der FDP werde nur noch gestritten - und es gehe keinen Schritt mehr voran. Ein Unternehmen könne man so chaotisch nicht führen.
"Bei ganz großen Unternehmen würde der Aktienkurs dramatisch in den Keller gehen. Im Mittelstand - aber da gibt es ja jetzt ganz große Unterschiede zwischen kleinem, mittleren oder größeren Mittelstand. Aber auf jeden Fall kann das hingehen bis zur Pleite."
Unzufrieden ist der Mittelständler schon lange. Seit 27 Jahren führt er das Familienunternehmen, seit vergangenem Jahr sind auch seine zwei Söhne dabei. Eigentlich, verrät er, sei die CDU immer seine Partei gewesen. Bei der letzten Bundestagswahl aber hat er seine Zweitstimme zum ersten Mal den Grünen gegeben. Heimlich, in der Wahlkabine. Weil sein Ärger über Schwarz-Gelb jedoch zunimmt, will er jetzt Klartext reden.
"Als ich vor einigen Monaten von einem Mitarbeiter zugerufen bekommen habe, der wusste, dass ich nach Berlin fuhr, und der dann rief: "Herr Brandt, passen Sie auf meine Flöhe auf oder meine Piepen". Da habe ich mir gedacht: "Mein Gott, der hat ja nicht ganz unrecht". Das ist die Stimme unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, und was der mir zuruft, dass rufen sicher auch viele andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch ihren Chefs zu."
Erst der Euro-Rettungsschirm für Griechenland, an dem Deutschland mit über fünf Milliarden Euro den größten Anteil in der EU übernimmt. Und jetzt auch noch die Steuersenkung. Brandt ist überzeugt: Die Regierung hantiere mit Geld, das es gar nicht mehr gibt. Schwer zu verstehen für einen Unternehmer, der gelernt hat zu sparen, bevor er wieder investiert. 60 Prozent maximale Staatsverschuldung gemessen am Bruttoinlandsprodukt, so steht es in den Verträgen. Daran, fordert er, sollte sich die Bundesregierung halten. Denn trotz guter Konjunktur: Auf den Deutschen lastet ein Schuldenberg von zwei Billionen Euro:
"Und das wären für mich dann eben auch leere Taschen. Aber gleichwohl will man hier wieder Wahlgeschenke machen. Und auch einige unnötige. Denn die Bevölkerung will das derzeit gar nicht, und die weiß auch schon, warum man das tut. Einfach um der FDP irgendwie wieder unter die Arme zu helfen. Die Bevölkerung kann das nicht verstehen, wird auch nicht mehr mitgenommen. Und das Vertrauen in die Regierung ist nahezu gegen Null gegangen."
Das gilt auch für den Mittelstand, sagt Carl-Jürgen Brandt. Er gibt praktisch jetzt schon 50 Prozent seines Einkommens dem Staat. Soziale Verantwortung nennt er das. Die er bei der Politik ob im Bund oder in Europa vermisst. Der Zwieback-Fabrikant ist einer von über hundert Familienunternehmern, die Ende Juni allen Bundestagsabgeordneten einen Brandbrief geschrieben haben. In ihrer sogenannten "Berliner Erklärung" fordern sie sogar den Ausschluss Griechenlands aus der Euro-Zone.
"Wenn unsere Regierung nicht klar sagt "bis hierhin und nicht weiter", dann sind die nächsten Länder gefährdet. Ich erwarte von unserer Regierung, dass sie diesen Notfall jetzt professionell löst, und das heißt in unseren Augen und meiner persönlichen Sicht auch, dass wir Griechenland einen gesichtswahrenden Weg außerhalb des Euros suchen müssen, damit sie sich in vier, fünf sechs Jahren, das ist ein langer Prozess, wieder für das Euroland bewerben können."
Schließlich soll die gemeinsame Währung eine Klammer für den Kontinent sein - und nicht zum Sprengsatz mutieren. Brandt sieht Angela Merkel in der Pflicht:
"Das heißt, sie muss auch wirklich mit einem klaren Konzept, wie sie durch die Eurokrise gehen will, muss sie vor das Volk treten und notfalls - und das wäre ja auch sicher der Fall - unangenehme Wahrheiten sagen, klare Kante zeigen. Und dann nimmt sie das Volk auch mit."
Klare Kante zeigen. Brandt weiß, wovon er spricht. So hat er es auch gemacht. 2002 hat er das Werk in Hagen geschlossen und seine gesamte Zwiebackproduktion nach Thüringen verlegt. Hunderte seiner Leute mussten gehen. Der Arbeitskampf war hart. Doch der einzige Weg, die Firma wieder in die Gewinnzone zu führen. Heute beschäftigt die Brand-Gruppe an fünf verschiedenen Standorten wieder rund tausend Mitarbeiter.
Ausschnitt aus einem Brandt-Werbespot:
Mal gucken, nein der nicht, ich guck mal hier, nein, der auch nicht.
Brandt-Markenzwiebach. Hm, zum Anbeißen (Keksgeräusch)
Im kommenden Jahr feiert das Unternehmen hundertjähriges Jubiläum. Ob er auch Angela Merkel eine Kiste Zwieback überreicht? Brandt wippt auf den Zehenspitzen, überlegt:
"Hoffentlich hält sie auch durch. Hoffentlich deswegen, weil eine stabile Regierung ist ja auch ganz wichtig. Ich hab ihr schon paar Mal ein paar Zwiebäcke in die Hand gedrückt."