Der Fön läuft nur noch selten heiß in "Marions Ab-schnitt", einem kleinen Frisiersalon im Dortmunder Norden. Inhaberin Marion Bress steht immer häufiger ohne Kunden in ihrem Laden und hat viel Zeit nachzudenken. Die Wirtschaftskrise hat sie voll erwischt - ihre Kunden müssen sparen und sparen sich den Friseurbesuch.
"Es wird weniger gefärbt, es wird weniger Dauerwelle gemacht, es wird teilweise nur noch ein Trockenhaarschnitt gemacht. Ganz ehrlich gesagt, habe ich jetzt schon Angst - wir haben viele, die im Kfz-Handwerk tätig waren. Da werden wohl einige kleine Werkstätten zumachen, die ich kenne. Das wird auch noch ein paar Arbeitslose geben. Ich denke mal, es wird noch schlimmer werden im nächsten Jahr, ab 2010 rechne ich damit, dass noch viel mehr Arbeitslose da sind."
Dabei war Marion Bress schon aus dem Gröbsten heraus. Im vergangenen Jahr hatte sie ihren Salon modernisiert, neue Geräte und Möbel angeschafft, die in die Jahre gekommene Jugendstilfassade streichen lassen - allmählich kam das Geschäft wieder in Gang. Dabei hatte ihr ein Kredit der Nordhand geholfen, der Genossenschaft, die kleinen, existenzbedrohten Unternehmern wie Marion Bress wieder auf die Beine helfen will. Denn nach ihrer Scheidung war die 41-Jährige auf einem Berg von Schulden sitzen geblieben, die sie durch harte Arbeit allein nicht hatte abtragen können: ein klassischer Fall für die Nordhand.
In einer ehemaligen Metzgerei gleich hinter dem Dortmunder Borsigplatz ist die Anlaufstelle der Mikrokreditgenossenschaft Nordhand. Hubert Nagusch koordiniert das Projekt. Er wird von der Wirtschaftsförderung der Stadt Dortmund über EU-Mittel finanziert und soll gerade kleinen Betrieben und Existenzgründern helfen. Doch das ist im Moment schwieriger denn je.
"Wir haben eine erkleckliche Zahl an Kurzarbeitern in Dortmund, wir haben 11.000. Und das bedeutet natürlich, dass weniger Geld verdient wird, dass die Leute zurückhaltender sind und dass man es sich überlegt, wie oft man zum Friseur geht, oder, ob man sich im Lebensmitteleinzelhandel so eine kleine Fixniedlichkeit leistet. Also, da sind schon Umsatzrückgänge spürbar."
Die Nordhand vergibt Mikrokredite - kleinere Summen bis zu 10.000 Euro - an Menschen, die bei den normalen Banken keine Chance bekommen, wie zum Beispiel Abdullah Akcay und Nigar Dibekci. Im März hatten sie beschlossen, sich mit einer Baufirma selbstständig zu machen. Abdullah Akcay hat den Beruf von der Pieke auf gelernt und gute Kontakte zu potenziellen Kunden. Doch das vertrauensvolle Gespräch mit ihrer Bank, bei der sie seit Jahren gute Kunden sind, verlief anders als erwartet, erzählt Nigar Dibekci.
"Wir hatten ja zu der Zeit auch Aktien von der Bank gekauft, und die hatten das nicht als Rücklage anerkannt, und somit haben die uns abgelehnt. Sie wollten das nicht, dass wir Aktien als Rücklage sichern, sondern die wollten das halt in bar, auf Sparbuch oder was auch immer haben. Durch die Krise wären viele auch pleitegegangen, hat man uns gesagt, und in der Branche wäre es schon ziemlich wackelig."
Seitdem ist Abdullah Akcay nicht gut auf Banken zu sprechen.
"Bei den Banken als solches aufgehoben fühlen sie sich so, wie bei der Versicherung. Wenn sie unter Wasser sind, dann versichern sie gegen Feuer, wenn sie zwei Millionen auf der hohen Kante haben, kriegen sie 500.000 von denen. Wenn ich zwei Millionen habe, warum soll ich dann von denen 500.000 nehmen für zehn, 14 Prozent?"
Ein typischer Fall in Zeiten der Wirtschaftskrise, so Frank Lunke vom Vorstand der Mikrokreditgenossenschaft. Selbst langjährige Kunden bekämen zunehmend Probleme mit ihrer Hausbank und kämen dann zur Nordhand.
"Sehr wohl haben wir einen Kreditnehmer, der als gestandener Unternehmer mehr als 20 Jahre aktiv ist, der Liquiditätsprobleme hatte, um groß angelegte Werbemaßnahmen vorzufinanzieren, der ist bei uns glücklich geworden, den konnten wir also gut bedienen."
Denn in der Genossenschaft hilft man sich gegenseitig, und als Mitglied kommt man leichter in den Genuss eines Mikrokredits, erklärt Nordhand-Vorstand Frank Lunke.
"Der Kreditnehmer sollte 25 Prozent des gewünschten Kreditbetrages angespart haben oder aber in einer Summe hinterlegen können. Verlaufen dann alle Prüfungen positiv, sprechen wir eine Kreditempfehlung aus. Unser Prüfsystem ist sicher nicht so streng angelegt, wie das der klassischen Banken. Sehr wohl müssen irgendwo die Zahlen des Unternehmens stimmen, keine Frage und natürlich auch die zu finanzierende Maßnahme. Wenn das aber übereingeht, dann begleiten wir den Kreditnehmer auch - kein Thema."
Auch Marion Bress ist so an ihren Mikrokredit gekommen - 10.000 Euro hat sie sich geliehen. Zunächst lief alles wie am Schnürchen. Die Rückzahlung der ersten Raten klappte ohne Probleme. Doch seit die Kunden ausbleiben, ist sie erneut auf die Hilfe der Nordhand angewiesen. Die räumte ihr eine längere Laufzeit ein. Statt wie geplant in zwei Jahren könnte ihr Frisiersalon jetzt in vier Jahren schuldenfrei sein. Immerhin, ein Aufschub; und zurzeit kein Einzelfall, erklärt Frank Lunke.
"Insofern, als dass drei laufende Kredite einer Vertragsänderung bedurften, die dahin lief, dass Laufzeiten verlängert wurden. Schlechtere Liquiditätssituation des Unternehmens, und wir konnten mit der Vertragsverlängerung dahingehend helfen, dass die monatliche Belastung entsprechend geringer wurde."
Und doch sieht die Bilanz der Nordhand gar nicht so schlecht aus: Es sind nur drei Betriebe, die einen Aufschub brauchen. Um andere Unternehmen muss sich Klaus Lunke weniger Sorgen machen. Sie haben ihre Nische gefunden und jetzt jede Menge Aufträge und Kunden. Dazu gehören Abdullah Akcay und Nigar Dibekci. Den nötigen Kredit haben sie doch noch bekommen - nach eingehender Prüfung - von der Nordhand. Und das Vertrauen war wohl gerechtfertigt, denn ihre Firma "Premium Bauservice" mit vier Mitarbeitern macht Umsatz und ist trotz der Krise auf Expansionskurs. Den Kredit werden sie schon bald an die Nordhand zurückzahlen können, strahlt Nigar Dibekci:
"Das wird nicht lange dauern, dass wir das sofort wieder, dass wir den gesamten Betrag ablösen können. Das waren 10.000 Euro, einen Monat haben wir schon abgelöst, also die erste Rate und den Rest, denke ich mal, dass wir das alles auf einmal einlösen können."
Insgesamt hat die Nordhand-Genossenschaft seit ihrer Gründung im März 2008 zwölf Mikrokredite vergeben - und ist damit noch nicht an ihren Grenzen angelangt. Denn es gibt noch mehr Menschen, die, wie Marion Bress oder Nigar Dibekci, bei den normalen Banken keine Chancen bekommen. Und es werden immer mehr, denen die Banken die Tür vor der Nase zuschlagen.
"Es wird weniger gefärbt, es wird weniger Dauerwelle gemacht, es wird teilweise nur noch ein Trockenhaarschnitt gemacht. Ganz ehrlich gesagt, habe ich jetzt schon Angst - wir haben viele, die im Kfz-Handwerk tätig waren. Da werden wohl einige kleine Werkstätten zumachen, die ich kenne. Das wird auch noch ein paar Arbeitslose geben. Ich denke mal, es wird noch schlimmer werden im nächsten Jahr, ab 2010 rechne ich damit, dass noch viel mehr Arbeitslose da sind."
Dabei war Marion Bress schon aus dem Gröbsten heraus. Im vergangenen Jahr hatte sie ihren Salon modernisiert, neue Geräte und Möbel angeschafft, die in die Jahre gekommene Jugendstilfassade streichen lassen - allmählich kam das Geschäft wieder in Gang. Dabei hatte ihr ein Kredit der Nordhand geholfen, der Genossenschaft, die kleinen, existenzbedrohten Unternehmern wie Marion Bress wieder auf die Beine helfen will. Denn nach ihrer Scheidung war die 41-Jährige auf einem Berg von Schulden sitzen geblieben, die sie durch harte Arbeit allein nicht hatte abtragen können: ein klassischer Fall für die Nordhand.
In einer ehemaligen Metzgerei gleich hinter dem Dortmunder Borsigplatz ist die Anlaufstelle der Mikrokreditgenossenschaft Nordhand. Hubert Nagusch koordiniert das Projekt. Er wird von der Wirtschaftsförderung der Stadt Dortmund über EU-Mittel finanziert und soll gerade kleinen Betrieben und Existenzgründern helfen. Doch das ist im Moment schwieriger denn je.
"Wir haben eine erkleckliche Zahl an Kurzarbeitern in Dortmund, wir haben 11.000. Und das bedeutet natürlich, dass weniger Geld verdient wird, dass die Leute zurückhaltender sind und dass man es sich überlegt, wie oft man zum Friseur geht, oder, ob man sich im Lebensmitteleinzelhandel so eine kleine Fixniedlichkeit leistet. Also, da sind schon Umsatzrückgänge spürbar."
Die Nordhand vergibt Mikrokredite - kleinere Summen bis zu 10.000 Euro - an Menschen, die bei den normalen Banken keine Chance bekommen, wie zum Beispiel Abdullah Akcay und Nigar Dibekci. Im März hatten sie beschlossen, sich mit einer Baufirma selbstständig zu machen. Abdullah Akcay hat den Beruf von der Pieke auf gelernt und gute Kontakte zu potenziellen Kunden. Doch das vertrauensvolle Gespräch mit ihrer Bank, bei der sie seit Jahren gute Kunden sind, verlief anders als erwartet, erzählt Nigar Dibekci.
"Wir hatten ja zu der Zeit auch Aktien von der Bank gekauft, und die hatten das nicht als Rücklage anerkannt, und somit haben die uns abgelehnt. Sie wollten das nicht, dass wir Aktien als Rücklage sichern, sondern die wollten das halt in bar, auf Sparbuch oder was auch immer haben. Durch die Krise wären viele auch pleitegegangen, hat man uns gesagt, und in der Branche wäre es schon ziemlich wackelig."
Seitdem ist Abdullah Akcay nicht gut auf Banken zu sprechen.
"Bei den Banken als solches aufgehoben fühlen sie sich so, wie bei der Versicherung. Wenn sie unter Wasser sind, dann versichern sie gegen Feuer, wenn sie zwei Millionen auf der hohen Kante haben, kriegen sie 500.000 von denen. Wenn ich zwei Millionen habe, warum soll ich dann von denen 500.000 nehmen für zehn, 14 Prozent?"
Ein typischer Fall in Zeiten der Wirtschaftskrise, so Frank Lunke vom Vorstand der Mikrokreditgenossenschaft. Selbst langjährige Kunden bekämen zunehmend Probleme mit ihrer Hausbank und kämen dann zur Nordhand.
"Sehr wohl haben wir einen Kreditnehmer, der als gestandener Unternehmer mehr als 20 Jahre aktiv ist, der Liquiditätsprobleme hatte, um groß angelegte Werbemaßnahmen vorzufinanzieren, der ist bei uns glücklich geworden, den konnten wir also gut bedienen."
Denn in der Genossenschaft hilft man sich gegenseitig, und als Mitglied kommt man leichter in den Genuss eines Mikrokredits, erklärt Nordhand-Vorstand Frank Lunke.
"Der Kreditnehmer sollte 25 Prozent des gewünschten Kreditbetrages angespart haben oder aber in einer Summe hinterlegen können. Verlaufen dann alle Prüfungen positiv, sprechen wir eine Kreditempfehlung aus. Unser Prüfsystem ist sicher nicht so streng angelegt, wie das der klassischen Banken. Sehr wohl müssen irgendwo die Zahlen des Unternehmens stimmen, keine Frage und natürlich auch die zu finanzierende Maßnahme. Wenn das aber übereingeht, dann begleiten wir den Kreditnehmer auch - kein Thema."
Auch Marion Bress ist so an ihren Mikrokredit gekommen - 10.000 Euro hat sie sich geliehen. Zunächst lief alles wie am Schnürchen. Die Rückzahlung der ersten Raten klappte ohne Probleme. Doch seit die Kunden ausbleiben, ist sie erneut auf die Hilfe der Nordhand angewiesen. Die räumte ihr eine längere Laufzeit ein. Statt wie geplant in zwei Jahren könnte ihr Frisiersalon jetzt in vier Jahren schuldenfrei sein. Immerhin, ein Aufschub; und zurzeit kein Einzelfall, erklärt Frank Lunke.
"Insofern, als dass drei laufende Kredite einer Vertragsänderung bedurften, die dahin lief, dass Laufzeiten verlängert wurden. Schlechtere Liquiditätssituation des Unternehmens, und wir konnten mit der Vertragsverlängerung dahingehend helfen, dass die monatliche Belastung entsprechend geringer wurde."
Und doch sieht die Bilanz der Nordhand gar nicht so schlecht aus: Es sind nur drei Betriebe, die einen Aufschub brauchen. Um andere Unternehmen muss sich Klaus Lunke weniger Sorgen machen. Sie haben ihre Nische gefunden und jetzt jede Menge Aufträge und Kunden. Dazu gehören Abdullah Akcay und Nigar Dibekci. Den nötigen Kredit haben sie doch noch bekommen - nach eingehender Prüfung - von der Nordhand. Und das Vertrauen war wohl gerechtfertigt, denn ihre Firma "Premium Bauservice" mit vier Mitarbeitern macht Umsatz und ist trotz der Krise auf Expansionskurs. Den Kredit werden sie schon bald an die Nordhand zurückzahlen können, strahlt Nigar Dibekci:
"Das wird nicht lange dauern, dass wir das sofort wieder, dass wir den gesamten Betrag ablösen können. Das waren 10.000 Euro, einen Monat haben wir schon abgelöst, also die erste Rate und den Rest, denke ich mal, dass wir das alles auf einmal einlösen können."
Insgesamt hat die Nordhand-Genossenschaft seit ihrer Gründung im März 2008 zwölf Mikrokredite vergeben - und ist damit noch nicht an ihren Grenzen angelangt. Denn es gibt noch mehr Menschen, die, wie Marion Bress oder Nigar Dibekci, bei den normalen Banken keine Chancen bekommen. Und es werden immer mehr, denen die Banken die Tür vor der Nase zuschlagen.