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Wenn die Hoffnung geschwunden ist

Luxemburg debattiert über Sterbehilfe. Strittig ist im laufenden Gesetzesverfahren, wie weit man sich an die Verfahren der aktiven Sterbehilfe in Belgien und den Niederlanden anlehnt. Tonia Koch berichtet.

    Schwester Claudia führt eine Familie durchs Paul-Marien-Hospiz in Saarbrücken. Im Eingangsbereich brennt an diesem Tag eine dicke Kerze.

    "Die Kerze wird immer angezündet, wenn ein Bewohner von uns gegangen ist."

    Und die Kerze lässt selten einen Bewohner oder einen Besucher ungerührt.

    "Ja, ja, das erschrickt schon, vor allem wenn man in dem Bewusstsein lebt, dass man vielleicht der nächste ist, aber wir wollen den Tod doch nicht verstecken."

    Eine ähnliche Einrichtung wie das Paul-Marien-Hospiz gibt es in Luxemburg noch nicht. Aber das soll sich bald ändern. Vor den Toren der Stadt Luxemburg entstehen 15 Betreuungsplätze für todkranke Menschen. Das Hospiz wird im Auftrag der Regierung von Omega 90, einem Dachverband Freier Träger, errichtet. Es soll die mobilen Einheiten und die Krankenhäuser entlasten, die nicht an allen Orten auf Sterbende und den Umgang mit den Angehörigen vorbereitet sind. Luxemburg hat daher zunächst versucht, die passive Sterbebegleitung in einem Palliativ-Gesetz zu regeln. Paul Lehners, Präsident von Omega 90.

    "Unsere Logik ist die Logik der Betreuung des Patienten bis zu seinem Tod, der Eliminierung der Schmerzen und da sind wir auch bereit, in Kauf zu nehmen, dass durch eine intensive Schmerztherapie das Leben des Patienten um ein paar Tage verkürzt wird. Aber die Absicht ist die Schmerzlinderung, die Absicht ist nicht, den Patienten zu töten."

    Das Palliativ-Gesetz wurde am 18. Februar einstimmig im Parlament verabschiedet. Gleichzeitig wurde über eine zweite Vorlage abgestimmt, die sich zum Ziel gesetzt hat, nach Belgien und Holland auch in Luxemburg die aktive Sterbehilfe gesetzlich zu verankern. Autoren des Gesetzes sind der grüne Abgeordnete Jean Huss und die sozialistische Abgeordnete Lydie Err Auch dieses Gesetz hat, wenn auch nur mit hauchdünner Mehrheit, die Zustimmung des Parlamentes gefunden. Allerdings kann keines der beiden Gesetzte augenblicklich in Kraft treten, weil der Staatsrat eine zweite Lesung angeordnet hat. Und bis zur zweiten Lesung in etwa drei Monaten sollen die Gesetzestexte einander angepasst werden. Wie und an welchen Punkten konkret, ist im Moment offen. Für Lydie Err steht allerdings fest, dass es an ihrem Entwurf keinesfalls inhaltliche Einschränkungen geben darf:

    "Über Formalitäten kann man reden, aber es kann nicht sein, dass über irgendeinen prozeduralen Weg versucht werden soll, die Essenz des Gesetzes zu entschärfen."

    Das Palliativ-Gesetz sei unzureichend, weil bis zu fünf Prozent der Betroffenen durch schmerztherapeutische Maßnahmen nicht geholfen werden könne, argumentiert Err. Drei Aspekte sprächen daher für die aktive Form der Sterbehilfe.

    "Erstens hilft Palliativ-Medizin nicht in allen Fällen. Zweitens hilft Palliativ-Medizin anders, das heißt nicht so schnell, und es ist ein großer Unterschied zum Palliativ-Gesetz, dass durch die Hilfe zum Selbstmord auch Fälle einbezogen sind, in denen Menschen nicht unbedingt am Ende ihres Lebens sind."

    Das luxemburgische Euthanasie-Gesetz sieht vor, dass ein Patient amtlich verfügt, dass ihm dabei geholfen wird, seinem Leben ein Ende zu bereiten, wenn die Medizin ihn nicht mehr heilen kann oder ihm das Leben erträglich machen kann. Die Ärzte sollen sich vergewissern, ob eine derartige Patientenverfügung amtlich beglaubigt vorliegt und sollen dann im Sinne des Patienten handeln. Erst im Nachhinein soll das ärztliche Handeln überprüft werden. Diese Regelung aber lehnen die Ärzte mehrheitlich ab, weil sie ihnen zu unsicher erscheint. Claude Schummer, Generalsekretär der Vereinigung der luxemburgischen Ärzte und Zahnärzte:

    ""Wir könnten eventuell mit der aktiven Euthanasie leben, wenn eine Ethik-Kommission im Vorfeld bestimmt, das ist in Ordnung oder das ist nicht in Ordnung. Das heißt, die Ethik-Kommission bekommt im Vorfeld das Dossier, da sitzen Ärzte und Juristen drin und die entscheiden, ob das ein Fall ist, wo Euthanasie angebracht ist oder nicht. Und der Arzt hat dann eine Rechtssicherheit, wenn er die Euthanasie durchführt."

    Im Moment sei diese von den Ärzten verlangte Rechtssicherheit nicht ausreichend gegeben, so Schummer. Überdies hätten sich in einer internen Umfrage lediglich 32 Prozent der infrage kommenden Ärzte dazu bereit erklärt, aktive Sterbehilfe leisten zu wollen und zwingen könne man niemanden.