Arndt Reuning: Drohnen aus Nachbars Garten, sie sind zu einem Problem geworden. Nicht nur, dass die unbemannten Flugobjekte immer öfter zur Gefahr für den allgemeinen Flugverkehr werden, sondern auch, dass sich immer mehr Menschen in ihrer Privatsphäre beeinträchtigt sehen, weil irgendwelchen Hobby-Drohnen-Piloten trotz aller Verbote die integrierte Kamera einsetzen, um beim Nachbarn zu spionieren und voyeuristische Blicke zu wagen, die sonst gar nicht möglich wären. Genau gegen solche Übergriffe haben jetzt israelische Informatiker Strategie entwickelt, frühzeitig zu erkennen, ob man Gegenstand eines Erkundungsfluges ist oder nicht.
Relativ einfaches Verfahren
Manfred Kloiber, sie haben mit dem maßgeblichen Wissenschaftler in Israel gesprochen, wie soll das funktionieren?
Manfred Kloiber: Das von Ben Nassi und Kollegen an der Ben Gurion Universität in Beersheba ersonnene Verfahren soll mit ganz einfachen Methoden relativ zuverlässig erkennen, ob ein Objekt oder eine Person von einer Drohne tatsächlich gefilmt wird oder nicht. Dabei nutzen die die Forscher die Funkübertragung der Bilder von der Drohne an den Piloten - im Fachjargon wird das FPV genannt, First Person View. Bei den meisten handelsüblichen Drohnen für den Privat- oder kommerziellen Gebrauch geschieht die Übertragung per WLAN, also dem Funksystem, mit dem auch zuhause private Computernetze drahtlos aufgespannt werden können. Mit einem Laptop und eine Analysesoftware wird der Datenstrom untersucht.
Reuning: Und in diesem Datenstrom, in diesem FPV-Kanal, verbergen sich dann die Bilder der Drohnen-Kamera. Die müsste ich dann ja nur noch abfangen und mir anschauen.
Kloiber: Das wäre zu einfach, denn man kann zwar die Daten, die da gesendet werden mitlesen -weil es über die Luft geht, aber üblicherweise wird natürlich dieser FPV-Kanal verschlüsselt, damit eben keiner mitsehen kann.
Der Schlüssel: die übertragene Datenmenge
Reuning: Verschlüsselungen sind aber dazu da, dass man sie knackt. Ist das den israelischen Wissenschaftlern gelungen?
Kloiber: Das wiederrum wäre zu schwer und obendrein in vielen Ländern der Welt verboten. Die meisten robusten Verschlüsselungssysteme sind ja - wenn überhaupt - nur mit großem Aufwand jenseits eines einfachen Laptops zu knacken. Nein, an dieser Stelle setzen die Forscher einen verblüffenden Trick ein: Sie schauen sich gar nicht die Daten des Videostreams an, sondern sie untersuchen die übertragene Datenmenge. Denn die verändert sich -unabhängig von der Tatsache, ob der Stream verschlüsselt ist oder nicht -immer dann, wenn im Bild etwas passiert.
Reuning: Das heißt aber dann auch umgekehrt: An den ausgespähten Objekten, also am Haus oder an der Person, da muss etwas passieren, da muss sich etwas bewegen. Denn sonst erkennt man nicht, ob das Objekt im Stream tatsächlich gezeigt wird, ob es aufgezeichnet wird oder nicht.
Reuning: Das heißt aber dann auch umgekehrt: An den ausgespähten Objekten, also am Haus oder an der Person, da muss etwas passieren, da muss sich etwas bewegen. Denn sonst erkennt man nicht, ob das Objekt im Stream tatsächlich gezeigt wird, ob es aufgezeichnet wird oder nicht.
Kloiber: Genau -die Forscher sagen, es genügt, wenn zum Beispiel ein kontrolliert blinkender LED-Streifen im Bild zu sehen ist, oder eine Fensterscheibe, die mit einer intelligenten Folie beschichtet ist, die wahlweise auf durchsichtig oder undurchsichtig schalten kann. Wenn dieses so induzierte Flackern im Bild zu sehen ist, dann bekommen die Videocodecs in der Drohne zur Datenreduktion Arbeit: Sie müssen die flackernden Bildpunkte in den Videostream einbauen. Die allermeisten Codecs arbeiten nach dem Delta-Framing-Prinzip: Daten fallen an, wenn sich von einem zum anderen laufenden Bild etwas im Bildinhalt verändert. Wenn also das Flackern im Bild zu sehen ist, dann steigt die Datenrate merklich an, was als Beweis gelten könnte. Und wenn man das Flackern nun auch noch zum Beispiel zeitlich steuert und das mit den Mustern der Datenraten vergleicht, kann man eine recht genaue qualitative Aussagen treffen.
Software wird wohl bald folgen
Reuning: Sie haben gesagt, zu dieser Analyse reiche ein Laptop aus. Das ist die Hardware-Seite. Aber die Muster der Datenrate zu erkennen, das muss ja eine Software leisten.
Kloiber: Das ist richtig. Die israelischen Forscher haben nur untersucht, ob man mit dieser Methode tatsächlich zuverlässig erkennen kann, ob ein Objekt gefilmt wird oder nicht. Sie haben ein Proof of Concept gemacht. Aber Ben Nassi sagte mir, eine Software zu schreiben, die die Datenauswertung automatisiere und daraus ein Produkt macht, das sei kein großes Ding. Und bei der Relevanz des Themas für die Objektsicherung im privaten und auch im militärischen Bereich wird das sicher schnell geschehen.